Interview: Über die Herausforderungen bei der Durchführung von Rock am Ring

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In nicht mehr als 40 Kilometern Entfernung findet am ersten Juniwochenende eines der bekanntesten Open Air Festivals der Welt statt. Seit dem letzten Jahr darf ein kleiner Ort mit 8.000 Einwohner dieses Mega-Festival beheimaten. Grund genug, beim örtlichen Pressesprecher der Verbandsgemeinde Mendig nachzufragen, was das für die Region bedeutet.

Hallo Herr Zinken, noch gut 22 Tage und 95.000 meist junge Menschen werden über Mendig herfallen: Vollstress oder Vorfreude?
Vorfreude! Und ansonsten alles positiver Eu-Stress!

„Beneiden“ Sie andere Orte oder Gemeinden um das Festival?
Sicherlich würde sich jede Kommune über eine solche Chance freuen. Aber warum sollte man auch in diesem Zusammenhang von Neid sprechen?

Sie und die Region haben ja schon letztes Jahr etwas üben können. Holt man sich da nicht auch mal Anregungen und Hilfe aus Wacken?
Wacken ist da sicher ein ganz anderes Ding. Wacken ist aus sich selbst heraus gewachsen und konnte sich so über die Jahre entwickeln. Die Herangehensweise für Mendig stellte sich somit anders.

Was sind die größten Herausforderungen?
Die Liste der Herausforderungen ist groß. Angefangen von umfangreichen Verkehrskonzeptionen, Parkflächenausweisungen, Infrastruktur und Versorgungsthematiken bis hin zum Marketing für unsere Region. Letzteres gehört dann neben der Öffentlichkeitsarbeit ebenso zu meinem Arbeitsfeld. An Vielfalt ist dies alles also kaum zu übertreffen.

Wird es wieder Beschwerden wegen der Lautstärke und Bässe geben?
Hier in Mendig und in den umliegenden Orten gab es keinerlei Beschwerden. Ein ständiges Emissions-Monitoring sorgte dafür, dass die Lautstärkeemission an neuralgischen Punkten permanent überprüft wurden und auch eingehalten wurden. Hier kam es im Bereich des Festivals im Umkreis von 3-4 km zu keinerlei Beanstandungen.

Die einzigen Beschwerden, die uns erreicht haben, kamen von Bewohnern und Einheimischen, die unmittelbar am Festivalgelände etwas Musik-Feeling zu erleben wollten, diese beschwerten sich frustriert darüber, dass „man ja dort überhaupt nichts gehört hätte…“

Wie viel Tage vor dem ersten Soundcheck kündigt sich das Festival merkbar an?
Etwa 10-12 Tage vorher kann man auf den umliegenden Feldern erste Veränderungen erkennen. Stromaggregate werden verteilt und die ersten Kilometer Bauzäune von den anschließend insgesamt fast 40 km werden verteilt. Mobilfunkmasten werden rund um das Gelände errichtet, auf dem Gelände wachsen große Versorgungszelte und natürlich sieht man die beiden großen Bühnen täglich wachsen.

Gegen welche Widerstände der Anwohner, Vorurteile und Gegner hatte man letztes Jahr zu kämpfen?
Die gesamte Bevölkerung aus Mendig und auch aus den umliegenden Orten ist dem Festival gegenüber mehr als positiv eingestellt. Alle sind mächtig stolz ein solches Großereignis hier zu haben. Auch auffällig viele ältere Menschen sind begeistert von der Idee, dass an einem Ort so viele Menschen so friedlich zusammen feiern.

Welche Möglichkeit haben die Geschäftsleute und Befürworter, mit der Marke RAR teil zu haben und auch etwas Geld zu verdienen?
Mit der Marke dürfen wir und die Geschäftsleute gar kein Geld verdienen. Das ist ganz allein das Recht des Markeninhabers. Das ist auch richtig so.
Die Geschäftswelt hier in Mendig ist vorbereitet und freut sich auf die Besucher. Wir bieten in diesem Jahr z. B. einen Shuttle-Bus an, der die Festival-Besucher für 1 EUR zum Beispiel ins Freibad bringt oder zur hiesigen Vulkanbrauerei und die Innenstadt.

Welchen positiven z.B. wirtschaftlichen Effekte hat das Festival auf die Stadt und Region?
Durch Auftragsvergaben an regionale Firmen, Umsätze an Tankstellen durch Umsätze im Einzelhandel, durch Zimmerbuchungen in Hotels oder die Vermietung sämtlicher verfügbaren Ferienwohnungen im Umkreis von 20 km zu Mehreinnahmen gekommen ist und auch in diesem Jahr wieder kommt. Lt. einer von uns in Auftrag gegebenen Studie der Firma Repucom ist mit etwa 2.8 Mio. EUR zu rechnen, die durch dieses Festival direkt in Mendig und der Region verbleiben. Für uns als Kommune hat das natürlich mittelfristig fiskalische Auswirkungen durch die zu erwartenden Mehreinnahmen bei den Kommunalsteuern.

Kann man das in Zahlen ausdrücken? Also sind z.B. jetzt schon Touristenzahlen der Region merkbar höher?
Die Übernachtungszahlen in Mendig und der Region sind im Vergleich zu den Vorjahren merklich gestiegen.
So hatte der Mai 2015 ein plus von knapp 30 Prozent und der Juni sogar plus 67 % bei den Gästeankünfte und Übernachtungen.

Die Region/Gemeinde hat sicherlich auch Ausgaben bei solch einem Festival. Wird das Geld auch wieder reingeholt?
Das Festival hat alleine vom Marketing einen unschätzbaren Wert von uns. Die fiskalischen Auswirkungen durfte ich ja schon oben beleuchten.

Wie organisiert sich die Verwaltung während der Zeit: Gibt es da Urlaubssperren o.ä.?
Während der Festivaltage gibt es in der Tat eine allgemeine Urlaubssperre. Viele Kollegen helfen z. B. beim Fundbüro, dass wir direkt auf dem Gelände eingerichtet haben. Andere unterstützen Kollegen vom Tourismus auf dem Infostand auf dem Gelände, die zusätzlich von Kollegen aus Andernach und Mayen unterstützt werden. Verantwortliche Kollegen müssen ständig im Lagezentrum vor Ort sein. Dann sind andere Kollegen wiederum dafür zuständig über einen Fahrdienst die Kollegen vor Ort zum Dienst auf das Gelände zu bringen.  Wir alle machen das mit sehr viel Freude. Denn schließlich sind auch wir Kollegen froh, dass Rock am Ring hier bei uns in Mendig ist.
Benötigen Sie auch viele ehrenamtliche Helfer?
Wir haben auch ehrenamtliche Helfer. Z. B. werden die Möhnen aus Niedermendig wieder als “Guides“  am Festivalgelände den Besuchern Orientierung bieten und den richtigen Weg in die Stadt weisen.

Sie werden ja sicherlich auch auf dem Gelände anzutreffen sein. Bleibt da Zeit, um sich ein paar Bands anzuschauen?
Sicher, auch ich bin den ganzen Tag im Einsatz. Gegen Abend aber werde ich mit meinen alten RAR Kumpels, die ebenfalls wie ich aus dem Nachbarort Kruft stammen und gemeinsam jahrelange Ring-Erfahrung besitzen, vor einer der Bühnen treffen um uns gemeinsam über das Festival hier vor Ort zu freuen.

Auf wen freuen Sie sich persönlich am meisten?
Natürlich auf RHCP. Wem ist schon vergönnt eine solche Band Luftlinie 3km von seinem Wohnort auftreten zu sehen!

Herr Zinken, herzlichen Dank für das Interview und viel Erfolg!

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