Quo Vadis Buschdorf

Das Buschdorf-Forum diskutiert über die Zukunft des Stadtteils

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Wenn es um das eigene Lebensumfeld geht, ist das Interesse an Informationsveranstaltungen stets groß. Im Bonner Stadtteil Buschdorf trafen sich am Halbfinal-Nachmittag trotz guten Wetters, frühen Beginns und des Fussballspiels im zeitlichen Nacken knapp fünfzig Interessierte, um sich über den Stand der Stadtteilentwicklung Buschdorf zu informieren.

Geschichte

Nach einem Bürgerantrag der „Zukunftswerkstatt Buschdorf“ 2013, der sich mit Fragen rund um die Entwicklung des Stadtteils beschäftigte, wurde im März und April 2015 eine Perspektivwerkstatt durchgeführt. Aus dieser bildeten sich fünf zentrale, thematische Arbeitsgruppen (s.u.). Diese Gruppen sind heute für Beteiligung aller grundsätzlich offen, bieten eine Plattform für den Austausch zwischen den Bewohnern und erarbeiten schrittweise neue Ideen und Konzepte.

Neben den Sprechern der einzelnen Arbeitsgruppen wurde der Donnerstagnachmittag führend gestaltet durch Vertreter der Stadtplanung der Stadt Bonn angeführt von deren Leiter Michael Isselmann.

Unterbringung von Flüchtlingen

Schwerpunkt der ersten Hälfte der Veranstaltung war die Erläuterung der Planungen für den Standort Buschdorf durch Flüchtlingskoordinator Peter Tilgen. Durch eine Reihe von z.T. widersprüchlichen Meldungen und unzähligen Gerüchten hatte sich in Buschdorf ein durchaus unklares Bild über die Planungen entwickelt.

Tilgen betonte, dass Buschdorf immer als ein Teil der gesamten Planung betrachtet werde und man stets bemüht sei, die betroffenen Menschen gleichmäßig über die Stadtteile zu verteilen. So sei auch die Zahl von 180 Flüchtlingen, für die in Buschdorf eine temporäre Unterkunft errichtet werde, als Maximlalauslastung zu verstehen. Da derzeit der Zustrom neuer Flüchtlinge generell abnehme und zudem andere Gemeinden ihre Aufnahmequote noch nicht erfüllt hätten, sehe er diesen Bedarf zur Zeit nicht. Schaue man allerdings auf die Entwicklungen am Mittelmeer, könne ein erneuter Anstieg der Zahlen von Zuweisungen nicht ausgeschlossen werden. Der temporäre Standort wird zunächst am Kreisverkehr Schlesienstraße/Otto-Hahn-Straße errichtet. Da dieser entgegen des Bebauungsplanes dort errichtet werde, dürfe man den Standort nur maximal drei Jahre dort betreiben, erläuterte Tilgen.

Vor diesem Hintergrund muss auch gesehen werden, dass der Rat der Stadt Bonn in seiner Sitzung am 30. Juni zwei weitere Flächen in Buschdorf in den Vorrat beschlossen hat. Diese würden allerdings nur dann für zusätzliche temporäre Unterkünfte genutzt, wenn über die bestehenden Unterbringungsmöglichkeiten in Bonn hinaus in der Zukunft Bedarf entstünde, so Tilgen. Sollten die betreffenden Flächen aber zuvor bebaut werden – für beide Flächen gibt es bereits Ideen (s.u.) –, so erledige sich damit selbstverständlich die entsprechende Vorrathaltung durch die Stadt.

Buschdorf und Tannenbusch

Aus dem Publikum wurde die Bitte geäußert, Buschdorf in der Planung immer auch vor dem Hintergrund der Nähe zum Problemstandort Tannenbusch zu sehen. Sowohl Tilgen als auch Isselmann versicherten, dass derartige Aspekte in der Bonner Gesamtplanung immer berücksichtigt würden, solange die Stadt an anderen Standorten verfügbare Räumlichkeiten habe.

Michael Isselmann ergänzte im Anschluss an Peter Tilgens aufschlußreichen Bericht weitere Gedanken. Insbesondere sei auch mit Blick auf die beiden in Buschdorf ausgewiesenen Neubaugebiete „Rosenfeld“ und „Apfelgarten“ ein Ergänzungsbau für die Buschdorfer Grundschule mit Kindergarten an der Schlesienstrasse geplant. Dieser Bau sei bereits in ersten Schritten auf den Weg gebracht.

Etwas irritiert nahmen die Teilnehmer dann die Erklärungen der politischen Vertreter in der Runde zur Kenntnis. Sowohl Golalei Mamozei (SPD) als auch Georg Schäfer (CDU) betonten, die Buschdorfer sollten die Flüchtlinge willkommen heissen und es sei nicht Zeit für Angst. „Angst“ allerdings hatte in der gesamten Diskussion keinerlei Rolle gespielt. Vielmehr hatte sich die gesamte Runde sehr offen und willkommend erwiesen und mit positivem Willen an der Diskussion teilgenommen. Scheinbar ist es aber Politikern nicht möglich darauf zu verzichten, den Begriff Angst in die Diskussion zu werfen. An diesem Nachmittag wirkten diese Aufrufe jedoch wie Fremdkörper.

Diskussionsstand der Arbeitsgruppen

Jede der Arbeitsgruppen bekam Raum, aus ihrer Arbeit zu berichten.

Das größte „Projekt“ in den Arbeitsgruppen ist sicherlich das Konzept für ein Mehrgenerationenhaus / Soziales Zentrum, das die Arbeitsgruppe „Wohnen und Wohnumfeld“, vertreten durch Sprecher Gottfried Klaasen, ausführlich vorstellte. Michael Isselmann lobte die Qualität der bisherigen Arbeit, mit der die weiteren Bearbeitungsschritte bereits sehr gut vorbereitet seien.

Das Wohnzimmer Buschdorf wurde von Frau Margret Klein vorgestellt. Hier träfen sich regelmäßig interessierte Bürger, um „wie im Wohnzimmer offen miteinander zu sprechen“.

Eine Überraschung hatte Frau Klein allerdings noch in der Tasche, als sie erläuterte, dass in den seit Jahren leer stehenden Räumen der Sparkasse in Buschdorf kurzfristig ein Café eingerichtet werden solle. Die zukünftige Betreiberin – Frau Lambertz – war ebenfalls anwesend und ließ es sich nicht nehmen, den bald ungeduldigen Zuhörern in epischer Breite ihre 48-jährige Schaffenszeit als Selbständige zu erörtern. Die Buschdorferin ließ vernehmen, sie wolle dort nicht „Saus und Braus“, sondern das Café solide aufbauen. „Es soll nett sein. Und dann soll mir noch einer sagen ‚Ich komme nicht'“, erklärte sie.

Haltepunkt Buschdorf und die Linie 63

Typischerweise hoch-emotional ist das Thema öffentlicher Personennahverkehr in Buschdorf, insbesondere dann, wenn es um die Verlängerung der Linie 63 über Tannenbusch-Mitte hinaus und um die Sanierung des Haltepunktes Buschdorf geht. Seit Jahren warten die Buschdorfer hier auf eine Lösung. Mehrere Veranstaltungen der SWB vor Ort schürten zuletzt Hoffnung. Insgesamt wird der Anschluss an das ÖPNV-Netz in Buschdorf – insbesondere zu Randzeiten – als sehr unbefriedigend empfunden.

Markus Irnig erläuterte detailliert den irrsinnig komplizierten Weg von der Idee und Planung bis zur Umsetzung. Im Fall des Buschdorfer Haltepunktes liege weiterhin ein Bauantrag bei der Bezirksregierung. Zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, es könne eine Verzögerung geben, da am Haltepunkt seltene Tierchen leben. Diesen Sorgen erteilte Irnig aber eine Absage. Seiner Einschätzung nach könne dies nicht zu einer Blockade des Antrags führen. Allerdings könnten die Arbeiten später mit Auflagen belegt werden.

Es sei möglich, dass das Baurecht im August oder September (ein Jahr hat er hier allerdings nicht genannt ???? ) erteilt werde, dann könne man den bei der Bezirksregierung ebenfalls anhängigen Finanzierungsantrag weiter verfolgen. Derartige Anträge seien nur dann erfolgversprechend, wenn man das entsprechende Baurecht nachweisen und der Geldgeber sicher sein könne, dass das Geld auch verbaut werde.

Robert-Kirchhoff-Straße vs. Buschdorf

Während die nun zuerst durchgeführte Baumaßnahme an der Robert-Kirchhoff-Straße aus sog. §11-Mitteln bestritten würden – hier liege das Baurecht bereits vor – müssten für Buschdorf andere Förderquellen erschlossen werden, da der Umfang der §11-Mittel für die knapp 5 Mio. €, die für die Baumaßnahme Buschdorf geschätzt würden, nicht ausreichten, erklärte Irnig. Es sei keineswegs so, dass man die in der Prioritätenliste an erster Stelle stehende Maßnahme „Buschdorf“ nach unten durchreiche. Vielmehr müsse man bei der Planung das Gesamtpaket betrachten und die Maßnahmen zuerst angehen, für die Planung und Finanzen abschließend geklärt seien.

Obwohl die Ausführungen von Markus Irnig und Michael Isselmann zu diesem Punkt sehr deutlich und geduldig vorgetragen wurden, entwich der Diskussion bei diesem Thema die Sachlichkeit. „Sie bewerten Kröten höher als behinderte Menschen.“, war nur einer der peinlich sinnfreien Einwürfe. Auch die Frage „Was wollen Sie machen, wenn morgen ein ortsfremder Rollstuhlfahrer dort aussteigt und nicht wegkommt?“ entbehrte jeder Grundlage – ich zumindest nutze den Haltepunkt täglich, aber einen verlorenen Rollstuhlfahrer habe ich dort noch nie gesehen.

Der Punkt Stadtbahnanschluß wird die Achillesferse des Buschdorfer Selbstverständnisses bleiben, bis eines Tages die Linie 63 fahrplanmäßig am neugestalteten Haltepunkt vorfährt.

Fazit

Es passiert viel in Buschdorf. Es gibt eine Menge Ideen und viele Engagierte, dem Stadtteil in seinem Dornröschen-Schlaf (böswillig könnte man das auch „Koma“ nennen) Leben einzuhauchen. Die gute Teilnahme und viele Diskussionen zeugen von der Leidenschaft, mit der einige Menschen die Organisation in die Hand genommen haben.

Mit Michael Isselmann und seiner Mannschaft hat Buschdorf tolle Unterstützung bei der Stadt Bonn. Ich wäre allerdings dankbar, wenn alle Engagierten auch erkennen würden, dass nicht die Mitarbeiter der Stadt für alle Probleme und schon gar nicht unser kompliziertes Genehmigungs-Tohuwabohu – das wir uns alle fünf Jahre wieder wählen – verantwortlich sind. Dass Isselmann und seine Mitarbeiter ebenfalls mit Leidenschaft dabei sind, war nicht nur gestern deutlich zu spüren.

Noch ein Fazit

Und Deutschland hat 2:0 verloren – wir hätten also ruhig noch zwei Stunden diskutieren oder dem Leben der Frau Lambertz lauschen können. Sach ich mal….

 

 

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