London Grammar spielten am Dienstagabend auf dem Bonner KunstRasen ihr einziges Deutschland-Konzert in diesem Sommer. Trotz Hitze mit weit über dreißig Grad kamen rund 5000 Fans. Das eindringliche „Hey now“ aus dem Debütalbum der Briten von 2013 eröffnete den Abend mit spannungsvollen Harmonien und Lyrics voller Sehnsucht und Hoffnung. Stimmungsvoll löste „California Soil“, der Titelsong aus dem dritten Album von 2021, den Opener energiegeladen ab. Während dieses Songs wurden Pflanzenstudien in kräftigen Farben auf den Bühnenhintergrund projiziert. Inhaltlich dreht sich das Lied um eine Selbstfindung unabhängig von gesellschaftlichen Erwartungen.
Das Trio interagierte auf der Bühne in einem minimalistischen Setting. Die Künstler wirkten anfangs etwas introvertiert. Doch die Bandchemie stimmte. Alsbald richteten alle nacheinander vertrauensvolle Worte an das Publikum und lobten die Rheinaue als malerische Konzertlocation. Eine Drohnenkamera, die während der Live-Performance auf der Bühne flog, lieferte Perspektiven von der Bühne.
Dream Pop-Harmonien voller Leichtigkeit und eingängige Hooklines lösten sich ab. Hannah Reid sang kraftvoll, variierte mit stimmlicher Bandbreite live Tonhöhen von Songs, was stimmlich mitunter auch etwas daneben klang. Keyboarder und Percussionist Dominic „Dot“ Major und Gitarrist Dan Rothman besorgten sphärische Melodien und sparsam instrumentierte Klanglandschaften. Dot und Dan erweckten so neben Hannahs klaren Gesang die reichhaltigen Texturen der vier Band-Alben durch Gitarrenarbeit oder Einsätze auf anderen Instrumenten zum Leben. Das jüngste Studioalbum The Greatest Love erschien 2024 und war auch hierzulande in den Top Ten der Charts.
Die oft introspektiven Songs handeln mitunter von Traurigkeit oder Einsamkeit. Textlich hat sich Songwriterin Hannah viel mit Beziehungen, emotionalen und intimen Themen beschäftigt. Dan und Hannah haben jetzt beide eigene Familien. Das live vorgetragene „Darling are you gonna leave me“ erzählt nachdenklich von der Angst, verlassen zu werden. Bei „Kind Of Man“ setzte Dan an der Gitarre melodische Akzente, während Hannah eingängig sang: „You’re the kind of man to fall in love with me“. Das poppige „Lord it’s a feeling“ sorgte als ein Höhepunkt für Begeisterung im Publikum. Wenn Hannah kraftvoll sang „This is my place, my house, my rules“ stimmten viele Besucher mit ein. Dezente Drum and Bass-Beats, Gitarrenklänge und ein fließendes Trip Hop-Arrangement sorgten bei „House“ aus dem neuen Album für Rhythmik.
Visuell beeindruckte die Show durch wechselnde farbige Clips und Live-Filmmaterial auf Großbildschirmen beidseitig der Bühne. Das Licht- Bühnendesign unterstützte auf ausgeklügelte Weise die wehmütig-ätherischen Klänge und pulsierende Elektronik. Im Bühnenhintergrund wurden zeitweise hinter den Künstlern abstrakte Formen in knalligen Farben oder Videos von einer, die Band umkreisenden Drohne projiziert.
London Grammar gründeten sich 2009 in Nottingham. Hannah und Dan lernten sich während des Studiums an der Universität Nottingham kennen und fingen an, zusammen zu spielen, und etwa ein Jahr später trafen sie Dot. Heute, fünfzehn Jahre später, ist die Indie-Pop-Band immer noch zusammen.
Vor der Zugabe sorgte das experimentelle „Metal & Dust“ für rockige Momente. Bei den Zugaben von „Strong“ und „Lose your head“ wurde begeistert mitgesungen oder -gegrölt. Dynamisch orchestrierte, hypnotische Hymnen wechselten mit sanften, melancholischen Sounds. Die Band lud während ihrer etwa anderhalbstündigen Performance zum Tanzen, Klatschen, Mitwippen, Lachen oder Winkbewegungen ein. Ein Auftritt von Intensität.
Alle Fotos: Ansgar Skoda | Weitere Konzertfotos siehe auch im Blickpunkte-Blog.
Weitere Infos siehe auch: https://www.londongrammar.com/