Diese Leidensgeschichte ist bekanntlich rund zweitausend Jahre alt: Jesus, auf dem Höhepunkt seiner zeitgenössischen Beliebtheit, wird vom engsten Jünger verraten und von den Römern auf Volkes Wunsch ans Kreuz genagelt. Die Passion war so erfolgreich, dass sich nicht nur eine Religion daraus entwickelte, sondern vor rund vierzig Jahren auch ein erfolgreiches Musical entstand: „Jesus Christ Superstar“. Doch bei der Aufführung in der Bonner Oper am 2. November, inszeniert von Gil Mehmert, quälten sich vor allem die Zuschauer.
Das lag nicht an der Musik: Die Band um Pianist Jürgen Grimm intonierte die 40 Jahre alten Rockstücke fetzig. Die lehnen sich musikalisch an Stücke von Iron Maiden und Black Sabbath an, nutzen aber auch die Errungenschaften der 60er Jahre, wildern im Blues, Jazz und in dissonanten Harmonien. Die Band spielte ohne Aussetzer. Das Bühnenbild war passend, die technische Seite fast fehlerlos. Dass es kurz nach der Pause einige Sekunden aus dem Lautsprecher rotzte, mitten im Solo-Gesang des Jesus, weil ein Kabel bei voller Spannung umgesteckt wurde – geschenkt.
Dass die Aufführung bei den Zuschauern einen faden Beigeschmack hinterließ, der Applaus durchweg eher mäßig war, lag an den Sängern. Maria Magdalena alias Patricia Meeden versuchte noch zu retten, was zu retten war. Sie zog nicht nur Jesus in den Bann, auch die Zuschauer verfielen ihrem kräftigen, betörenden Gesang. Sie war der Lichtblick der Inszenierung und wurde deshalb nach dem Vorhang mit kräftigem Beifall verabschiedet.
Schlimm waren die Leistungen der männlichen Solisten. Fast durchweg war der Gesang durch undeutliche Aussprachen verwaschen, insgesamt schien es, als ob die Stücke zu schnell waren für das Vermögen der Künstler. Nahezu komplett unverständlich blieben die beiden jüdischen Ankläger: Sie schafften es schlichtweg nicht, die tiefen Töne laut genug hervorzustoßen, um auch den letzten Zuhörer im Saal zu erreichen. Manchmal wusste man nicht, ob man lachen oder weinen sollte. Immerhin war die Geschichte ja bekannt, sodass man inhaltlich wenig verpasste.
Es gab aber Ausnahmen: Der Herodes, gesungen von Dirk Weiler, erinnerte an einen steppenden Joker aus Christopher Nolans „Dark Night“ und riss das Publikum mit seinem Anti-Messias Hetzgesang mit sich. Ponitus Pilatus alias Mark Weigel machte seine Sache zumindest am Ende fast makellos.
Der Judas, David Jakobs, war zwar stets bemüht. Dennoch schaffte er es nicht, sich deutlich und betont gegen die Musik durchzusetzen. Besonders bei schnellen Passagen war er zu leise, presste schiefe Zwischentöne hervor – da ist noch Nachbesserungsbedarf vorhanden. Nur beim letzten Lied, da riss er stimmlich noch einmal das Lenkrad herum.
Und dann ist da noch Nikolaj Alexander Brucker als Jesus, der für einige Auftritte anstelle von Stimm-Ass Mark Seibert zu sehen ist. Vielleicht war er bei der gestrigen Aufführung nervös, vielleicht stimmlich nicht fit. Doch oft genug reichte es einfach nicht, versank seine Stimme in der Musik. Kein Wunder, dass er dafür am Ende des Stücks ans Kreuz genagelt wurde.