Seit Monaten hangeln sich die Nachrichten von Abhörskandal zu Abhörskandal. Jetzt hat es also auch den Rhein erwischt. Seit Ende Oktober wird der „alte Vater“ in seinem Bett belauscht – im Gegensatz zu manch anderem Opfer allerdings im Namen der Klangkunst.
Rauscht er? Plätschert er? Gluckert er? Ja, wie mag er unter Wasser wohl klingen, der Rhein? Zumindest an zwei Stellen bei Bonn erhält man seit kurzem Antworten auf diese Fragen. Und zwar, indem man einfach in den Rhein hineinhören kann. Zu verdanken ist das Christina Kubisch.
Seit 2010 wird im Rahmen des Projekts „bonn hoeren“ von der Beethovenstiftung ein Klangkünstler zum Stadtklangkünstler Bonn des jeweiligen Jahres berufen. Dessen oder deren Betätigungsfeld wird auf der zugehörigen Seite wie folgt umrissen: „Die künstlerischen Forschungen und Präsentationen der Stadtklangkünstler stehen in engem Bezug zur Stadt Bonn, ihren Bürgern und Besuchern und deren alltäglichen innerstädtischen Lebens- und Arbeitsbereichen.“ Für 2013 wurde diese Aufgabe also Christina Kubisch übertragen. Und „Rheinklänge“ – so der Titel des großen Lauschangriffs auf den Rhein – bildet den Abschluss ihrer diesjährigen Tätigkeit als Stadtklangkünstlerin Bonn.
Hinter „Rheinklänge“ verbirgt sich eine zweiteilige Klanginstallation. Denn an gleich zwei Stellen transportieren Unterwassermikrofone den Klang des Rheins live ans Ufer. Linksrheinisch geschieht dies an der Landestation Bundeshaus, an Rheinkilometer 653, ziemlich genau zu Füßen des „Langen Eugen“. Ruhig und ungestört mäandert der Rhein hier vor sich hin. Entsprechend elegisch auch die Klänge, die er dabei in seinem Inneren produziert. Nur hin und wieder wird die fast meditative Klanglandschaft von einem vorbeistampfenden Schiff unterbrochen.
Ganz anders klingt es auf der anderen Rheinseite. Auf der Grenze zwischen Beuel und Ramersdorf ist die zweite Installation am Ufer angebracht worden – unmittelbar unterhalb der Konrad-Adenauer-Brücke, alias Südbrücke. Die Entfernung zwischen den beiden Installationen beträgt nur wenige hundert Meter. Ihr klanglicher Unterschied ist allerdings um einiges größer. Durch die Brücke aufgewühlt, klingt der Rhein hier unruhiger. Zudem werden seinen rechtsrheinischen Klängen künstlich erzeugte Klangflächen hinzugefügt. Und während die „Rheinklänge“ bei ihrer Entfaltung unterhalb des „Langen Eugen“ relative Stille genießen, müssen sie unter dieser Brücke gegen den darüber fließenden Verkehr anklingen. Kreischt eine Straßenbahn über die drei Lautsprecher hinweg, müssen diese auch schon einmal die Segel streichen.
Aktiviert sind die Lautsprecher der Installation täglich zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Während der Herbst- und Wintermonate ein recht kurzes Zeitfenster, findet sich im kommenden Jahr mit dann länger werdenden Tagen für alle Interessierten bestimmt eine Gelegenheit, den rauschenden, plätschernden, gluckernden Rhein zu belauschen. Die „Rheinklänge“ bleiben bis einschließlich Silvester 2014 bestehen.