Sommer, Sonne und Meer: Bonnections bringt mediterranes Leben und Reisegeschichten ins Stadtlabor

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@Francesco Malavolta

Der Sommer war da! Zumindest für zwei Tage.  Bonnections beteiligt sich am heutigen Sommerfest des Stadtlabors in Beuel mit einer kulinarischen und literarischen Reise ins südliche Europa und dem Mittleren Osten. Das BonnLab möchte von 14 bis 22 Uhr den „Summer in the City“ feiern und mit Nachbarn und Freunden das mediterrane Lebensgefühl genießen. Über den Tag verteilt gibt es bunte Aktivitäten für Jung und Alt,  Essen, Musik und Tanz.

Bonnections wird  das Labor ab 16 Uhr in eine mediterrane Taverne verwandeln. Geplant sind zudem eine Dabke Dance Einführung, eine mehrsprachige Lesung und ein Screening von Kurzfilmen  rund ums Thema Reisen.  Bonnections ist eine von Geflüchteten und Einheimischen im März gestartete Initiative, die Neu- und Altbonner verbinden und miteinander ins Gespräch bringen möchte.

Später am Abend wird es Wohnzimmerkonzerte von Bonner Musikern geben und zum Abschluss Tanz mit World Fusion Musik. Jeder ist herzlich eingeladen und kann sein eigene Musik und Instrument oder Reisegeschichte zum Vorlesen mitbringen. (Siehe Programm unten.)

Es gibt keinen besseren Weg, Land und Leute kennen zu lernen, als über die lokale Küche. Über das gemeinsame Essen möchten wir den interkulturellen Dialog anregen. Es wäre schön, wenn möglichst viele etwas zu dem Potluck-Büffet mitbringen würden. Ein Gericht, das Reiseerinnerungen weckt oder ein Familienrezept aus der Heimat, das mit einem besonderen Menschen  oder Ort verbunden ist.

Ein Potluck ist ein gemeinschaftliches Essen, bei dem jeder Gast ein Gericht mitbringt. Die ursprüngliche englische Bedeutung war das „Essen, was man einem unerwarteten Gast serviert, das Glück des Topfes.“

Ab 17 Uhr werden wir eine Auswahl von Kurzfilmen zeigen, die Sterka Roj Ava und andere Künstler produziert haben. Sterka Roj Ava, was “Stern des kurdischen Syriens” bedeutet, ist eine Gruppe von etwa 20 jungen aspirierenden Filmemachern aus Syrien, dem Irak und Libanon, die in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften in Bonn leben. Die Gruppe würde gerne einen abendfüllenden Film realisieren, der die Reise von syrischen Flüchtlingen aus dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land nach Deutschland erzählt. Dabei wollen sie Videomaterial verwenden, das sie unterwegs mit ihren Smart Phones aufgenommen haben.

Abounaddara Films ist ein Kollektiv von syrischen Filmemachern, das seit fünf Jahren jeden Freitag einen Kurzfilm anonym auf Vimeo veröffentlicht, um die „Alltagsnormalität“ von  Menschen im Krieg zu dokumentieren. Charif Kiwan ist der Sprecher der Gruppe und hat das Medienprojekt beim DW Global Media Forum Mitte Juni in Bonn vorgestellt. Das gab mir die Gelegenheit, mit ihm über die Motivation dahinter zu sprechen.

Das Kollektiv besteht aus Künstlern, Studierenden und Autodidakten, die hauptsächlich in Damaskus und Umgebung leben. Das Projekt hat internationale Filmpreise gewonnen und ist 2017 zur Dokumenta nach Kassel eingeladen worden. Die Gruppe nennt sich Abounaddaa, übersetzt „der Mann mit der Brille“, inspiriert von dem experimentellen Dokumentarfilm „Der Mann mit der Kamera“ von Dsiga Wertow aus dem Jahr 1929, der Bewohner in einer russischen Großstadt portraitiert.

„In Syrien werden Menschen oft durch ihre Berufe identifiziert. Was wir machen, ist ‚emergency cinema‘. Unser Ziel ist, die mediale Hoheit über unser Land zurückzugewinnen und eine Gegenöffentlichkeit zur ideologisch verzerrten Kriegspropaganda zu schaffen“, erläuterte er.

Abounaddara bemühe sich, verbindende Elemente zwischen Syrern aufzuspüren trotz ihrer unterschiedlichen Zugehörigkeiten und widersprüchliche Ideologien. Die Gruppe veröffentlicht die Filme bewusst nicht auf YouTube, weil Aktivisten die online-Plattform massiv zur einseitigen Konfliktdarstellung nutzen.

Die Bilder, die täglich in internationalen Medien gezeigt werden, sind für ihn „eine Katastrophe und entwürdigende Gewaltpornografie“. Abounaddara appelliert an die Medien, das Grauen nicht zu banalisieren, die Menschenrechte der Opfer und das Recht auf das eigene Bild zu achten.  „Wir müssen vorsichtig sein, welche Bilder wir benutzen. Der einzige Weg, wehrlose Menschen zu schützen, besteht darin, sie nicht sterbend, sondern lebend zu zeigen“, fuhr er fort.

Ein zu Beginn des Ramadans veröffentlichtes Video zeigt beispielsweise eine Frau, die ein Bohnengericht zubereitet. Da es kaum noch Fleisch gibt, sind Bohnen für die Bevölkerung zur Hauptnahrungsquelle geworden. „Obwohl der Film ein vergleichsweise kleines Problem behandelt, können die Zuschauer Kriegsgeräusche im Hintergrund hören,“ so Kiwan.

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In einem vor fünf Monaten veröffentlichten Film mit dem Titel „Journey in Winter“ (Reise im Winter) erzählt ein Vater,  wie seine Familie all ihre Habseligkeiten und Früchte jahrelanger Arbeit unter Wert verkaufen musste, um das Geld für ihre Flucht aufzubringen. Im Winter sei der Preis günstiger, weil die Überfahrt gefährlicher ist. Das Video ist knapp drei Minuten lang. Während der Mann spricht, sieht man wartende Menschen und spielende Kinder an einem Strand.

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Bonnections wurde von einer Gruppe von Geflüchteten und Einheimischen mit diversen Backgrounds gegründet, die sich über die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in der Altstadt kennengelernt haben. Als wir den mehrsprachigen Blog und interkulturellen 3.0 Buchclub gestartet haben, wussten wir nicht, wohin die Reise gehen würde. Die Idee war, Neu- und Altbonner und die digitale und analoge Welt zu verbinden, Bonns kulturelle Vielfalt als Bereicherung und Möglichkeit zu sehen, unsere Horizonte zu erweitern und gemeinsam unbekannte Autoren zu entdecken.

Wie oft bei kreativen Unternehmungen, hat das Projekt ein eigenes Leben entwickelt und ist vielschichtiger geworden als ursprünglich geplant.  Die Gruppe  trifft sich nun regelmäßig im neuen Stadtlabor im Beuel zum Austausch und Entwicklung von Projektideen.

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Johanna Schäfer, eine junge Städteplanerin, hat das  BonnLab gegründet, weil sie überzeugt ist, dass eine nachhaltige Stadtentwicklung nur von unten und mit aktiver Bürgerbeteiligung funktionieren kann.  Ziel des Stadtlabors ist, die Lebensqualität und das Zusammenleben in Bonn zu verbessern durch die Förderung von partizipatorischer Innovation, Dialog und Kooperation. Das Labor bietet Initiativen und Nachbarschaftsgruppen, wie Bonnections oder Code for Bonn, einen Raum zum Experimentieren, gemeinsamen Arbeiten und Vernetzen.

Einem interaktiven und partizipatorischen Ansatz folgend experimentieren wir mit unterschiedlichen multimedialen Erzählformaten. Unsere mehrsprachigen Buchclubtreffen im Haus der Bildung sind in der Regel themenbezogen. Es werden keine einzelnen Bücher, sondern unterschiedliche Autoren und literarische  Genres vorgestellt. Mittels crowd-sourcing haben wir verblüffende Geschichten und literarische Talente entdeckt.

Das Thema für die nächste Lesung am 3. August ist zum Beispiel Reiseliteratur. Unser Ausgangspunkt war Homers Epos über die Irrfahrten von Odysseus, der als älteste literarische Reiseerzählung gilt. Durch Bonnections Mitglieder erfuhren wir von dem berühmten marokkanischen Entdecker Ibn  Battuta (Marco Polo des Orients) aus dem 14. Jahrhundert und dem britischen Schriftsteller Lauri Lee, der als junger Mann zu Fuß durch Spanien reiste kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs.

Das übergeordnete Thema des Sommerfests im Stadtlabor ist Dankbarkeit. Es gibt vielerlei Gründe dankbar zu sein. Hunderte unserer neuen Nachbarn sind letztes Jahr aus Syrien und anderen Konfliktzonen nach Deutschland geflohen und dankbar für den warmen Empfang und die Starthilfe, die sie erhalten haben. Doch viele mussten Familienmitglieder und Freunde zurücklassen. Sie sind in ständiger Sorge um sie, tauschen WhatsApp Nachrichten mit ihnen aus und telefonieren, wenn immer möglich.

Flüchtlingstrek auf der westlichen Balkanroute @Francesco Malavolta
Flüchtlingstreck auf der westlichen Balkanroute @Francesco Malavolta

Nach der EU Grenzschutzagentur Frontex sind 2015 rund  880.000 Flüchtlinge und Migranten in Griechenland angekommen.  Fast 530.000 davon haben Europa auf der Insel Lesbos  erreicht nach  einer riskanten Überfahrt aus der Türkei in überfüllten Schlauch- oder Fischerbooten . Es wird geschätzt, dass rund 765.000 Menschen über die westliche Balkanroute, teils in langen Fußmärschen, weiter nach Norden gezogen sind.

Maria Grazia hat sich der Bonnections Gruppe angeschlossen, nachdem sie  im April unser erstes Buchclub-Treffen besucht hatte. Sie stammt aus Sizilien. Wie sich herausstellte, hat sie  ein ähnliches Medienprojekt mit Freunden in Italien gegründet mit dem Ziel, Geflüchteten und Migranten, die an der sizilianischen Küste gestrandet sind, eine Stimme zu geben.  Es heisst Collettivo Antigone. Europas sogenannte Flüchtlingskrise ist für sie eine humanitäre Tragödie epischen Ausmaßes.

Maria war kürzlich zu Besuch in ihrer Heimat und kann uns aus erster Hand berichten, was sie dort gesehen hat. Die Inter­na­tionale Organ­i­sa­tion für Migra­tion (IOM) schätzt, dass jeden Tag 20 Menschen im Mittelmeer ertrinken. Dieses Jahr sind bislang 2.977 Tote registriert worden. Vergangenes Jahr  waren es im Vergleich dazu 1.906 Tote bis zum 30. Juli.

‪#‎DankBar Sommer- und Nachbarschaftsfest am 23. Juli im BonnLab

(Zingsheimstr. 2, 53225 Bonn)

14  Uhr  #‎WünschBar: Café Fuchsbau meets ‪#‎BNwirdteilbar 

15 Uhr #‎DenkBar mit Prof. Christoph Zacharias zum Thema social responsibility

16 Uhr #‎MachBar: Bonnections  shares Mediterranean food and travel tales

17 Uhr ‪#‎SichtBar: Visuelles story telling, featuring Sterka Roj Ava and other artists

Wohnzimmerkonzerte mit Bonner Musiker

18h: Tilman Ringer

19h: Ijaz Ali

20h: Luis Schwamm

 

 

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