Die Bundeskunsthalle auf Speed

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Die nächste Wednesday Late Art findet Anfang März statt.

Begibt man sich an einem x-beliebigen Wochentag in die Bundeskunsthalle, fällt einem auf, dass sie das Ziel einer ganzen Horde Reisebusse ist, denen meist Rentner oder Schulklassen entsteigen. Nicht so am vergangenen Mittwoch. Die Bundeskunsthalle beschreitet neue Wege und startete die Veranstaltungsreihe Wednesday Late Art. Das Konzept dahinter: für 8 Euro kann man von 18 bis 21 Uhr am zweiten Mittwoch im Monat alle Ausstellungen angucken und bekommt daneben eine Lounge-Atmosphäre, Speedführungen und darf auch selber kreativ werden.

Dazu verwandelt sich das Foyer der Bundeskunsthalle in eine kleine Lounge. Einzug erhält die alte Schrankwand von Opa und Oma, ein Perserteppich, Sitzmöglichkeiten und außerdem steht ein DJ im Foyer, der ziemlich gute Musik macht (das Herz der Autorin machte einen kleinen Hüpfer als plötzlich die Mad-Men-Titelmelodie ertönte). Im Eintrittspreis ist ein Gutschein für Freigetränk enthalten, der direkt in einen Weißwein (stolze 5,50 Euro würde er sonst kosten) eingetauscht wurde. Insgesamt sollte es fünf Führungen geben, das Haus war aber auch noch für „normale“ Besuchergruppen geöffnet, die auch noch durch die Ausstellungen geführt werden wollten. So drängte es sich etwas, denn die Auftaktveranstaltung war sehr gut besucht und auch der Ablaufplan kam etwas ins Wanken, was für Etwas-zu-Spätkommer eine glückliche Fügung des Schicksals darstellte.

Die Führungen durch die Ausstellungen waren ziemlich exklusiv. In 30 Minuten vermittelten die Ausstellungsleiter allen, die wollten, einen Aspekt der jeweiligen Ausstellung. Denn: in 30 Minuten eine ganze Ausstellung zu sehen, das geht nicht. Was aber sehr gut geht: In 30 Minuten in der Avantgarden im Krieg-Ausstellung eine Einführung zu Kubismus und Camouflage im Ersten Weltkrieg zu erhalten. Dass sich der Kubismus als besonders gute Tarnmöglichkeit für militärische Gerätschaften jeglicher Art eignet und wie Künstler im Ersten Weltkrieg dazu eingesetzt wurden, diese zu tarnen, konnte in 30 Minuten sehr anschaulich vermittelt werden. Daneben bekam man auch einen Einblick in die Motivation und die Arbeit eines Ausstellungsleiters. Das ersetzt natürlich keinen Gang durch die Ausstellung, aber dazu hatte man entweder im Anschluss noch Zeit oder aber: man kommt wieder.

Bei der After-Work-Veranstaltung in der Bundeskunsthalle können die Besucher auch selber kreativ werden.
Die Besuch können auch selber kreativ werden.

Daneben erfuhr der Echoraum auch erstmals meine Aufmerksamkeit. Dass es den gibt, wusste ich bislang nämlich nicht. Eigentlich war die „Führung“ für zehn Minuten angesetzt, dauerte dann aber 25 Minuten, die sehr erhellend waren. Zeitgenössische Kunst ist meistens etwas mit der ich erstmal nichts anfangen kann und das gab unsere Ausstellungsbegleitung auch unumwogen zu, gab uns dann aber Ansätze, auf was wir achten könnten. Aktuell ist im Echoraum eine Ausstellung mit Videoinstallation, die der Frage nachgeht: „Was bleibt von einer Ausstellung am Ende?“ Dazu haben sich Kunststudenten aus Hamburg die Mühe gemacht, die fünf „bedeutendsten“ Ausstellungen des letzten Jahrhunderts in Miniatur nachzubauen, jeweils fünf Leuten zu zeigen und sie am nächsten Tag dazu interviewt. Wer welche Ausstellung gesehen hat, wird übrigens nicht verraten. Sehr interessant ist auch die architektonische Gestaltung des Echoraums.

Autorin auf Papier.
Autorin auf Papier.
Autorin auf Plexiglasscheibe.
Autorin auf Plexiglasscheibe.

Sehr viel Spaß machte aber auch die Kreativ-Station im Foyer, wo man dann auch wieder dem DJ lauschen konnte. Hier lagen Plexiglasscheiben, Pinsel, Farbe und weiße Blätter bereit und binnen kurzer Zeit saßen die meisten Besucher vor einem langen Arbeitstisch. Die einen hielten sich eine Plexiglasscheibe vor das Gesicht, während die anderen die Konturen nachzeichneten, die Plexiglasscheibe wurde danach auf das weiße Blatt Papier gedrückt und fertig war das Portrait. Und das sah sogar ziemlich gut aus.

Fazit: Der Zeitpunkt für die Wednesday Late Art liegt ziemlich günstig, um 18 Uhr kann man noch gut nach der Arbeit in die Bundeskunsthalle, ein wenig entspannen, Kunst sehen, selber kreativ werden und wenn um 21 Uhr dann Schluss ist, hat man noch genügend Zeit für alles andere. Mit 8 Euro Eintritt plus Freigetränk ist die Veranstaltung ein echtes Schnäppchen (Tageskarten für die Bundeskunsthalle kosten unermäßigt normalerweise 13 Euro) und wer sich erst mal langsam an Kunst herantasten will, ist hier genau richtig.

Die nächste Wednesday Late Art findet am 12. März in der Bundeskunsthalle statt.

Alle Fotos: Charlotte Jahnz

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