Scheiß auf Na­zis“ lau­te­te die Pa­ro­le am Sams­tag auf dem 9. Green Juice Fes­ti­val in Bonn-Pützchen. Über 7.000 Fans von coo­ler Mu­sik fei­er­ten fried­lich zu­sam­men und ge­nos­sen die Son­nen­strah­len. Nach­dem am Frei­tag das Warm-up mit lo­ka­len New­co­mern or­dent­lich Stim­mung mach­te, folg­te der fa­bu­lö­se Sams­tag mit den Line-ups Le Fly und den Donots.

Von über­all her ström­ten die Men­schen um ge­mein­sam fet­zi­ge Mu­sik zu ge­nie­ßen, zu tan­zen und zu fut­tern. Den Tag er­öff­ne­te das Duo Ju­ri mit Neo-Pop-Klängen. An­schlie­ßend folg­ten Songs von „Land­gang“, „Flash For­ward“ und „Ci­ty Light Thief“.

Die­ser Song ist für al­le Men­schen, die auf die Stra­ße ge­hen und ge­gen Na­zis de­mons­trie­ren“, kün­de­te die Band „Kmpf­sprt“ ih­ren nächs­ten Song  an, wor­auf die Fans an­fin­gen zu „mos­hen“ (Aus­druck da­für, wild durch­ein­an­der zu hüp­fen und sich ge­gen­sei­tig da­bei an­zu­sto­ßen). Ge­mein­sam zeig­ten die Mu­sik­be­geis­ter­ten sym­bo­lisch den Stin­ke­fin­ger. Ei­ne Ge­schich­te über das har­te Ge­schäft in der Mu­sik­in­dus­trie wur­de im Song „Ich hör die Sin­gle nicht“ erzählt.

Be­vor das Punk-RockTrio „Schmutz­ki“ rock­te, wur­de die Büh­ne um­ge­baut. Um aber nicht ganz oh­ne Mu­sik fei­ern zu müs­sen, leg­ten die DJs „Ato­mic­Buu“ und „Pawn­da“ auf. Auch „Schmutz­ki“ zeig­ten den Rechts­extre­men den Stin­ke­fin­ger beim Song „Bäm“. Gi­tar­rist Da­ny Ho­ro­wotz ap­pel­lier­te an die Men­ge: „Ich muss jetzt et­wa 100 mal Bäm sin­gen, ihr müsst mir auf je­den Fall da­bei helfen.“

Stär­ken konn­ten sich die Be­su­cher an ver­schie­de­nen Stän­den. Ei­ne rie­si­ge Schlan­ge bil­de­te sich vor dem Wa­gen des Ge­trän­ke­her­stel­lers „Fritz-Kola“. Denn dort gab es ein auf­blas­ba­res Tier­chen zu ge­win­nen: ein Ein­horn. Ob­wohl man es eher als „Ein­fla­sche“ be­zeich­nen könn­te, denn an­stel­le ei­nes Horns hat­te das Pferd ei­ne Cola-Flasche auf der Stirn. So ein Ex­em­plar konn­te sich auch die 24-jährige Ja­ni­na Kolb aus Vel­bert si­chern. „Ich bin zum ers­ten Mal beim Green Juice Fes­ti­val. Am meis­ten freue ich mich auf die Do­no­ts. Doch das Tolls­te ist ein­fach das Zu­sam­men­fei­ern mit Freunden.“

Am Stand des Kin­der und Ju­gend­zen­trums Klei­ner Muck gab es Sü­ßig­kei­ten und CDs des Mu­sik­pro­jek­tes „Mu­sik­sta­ti­on“ zu er­gat­tern – al­le Ein­nah­men ka­men der Or­ga­ni­sa­ti­on zu Gu­te. „Mit un­se­rem Pro­jekt för­dern wir New­co­mer aus Bonn“, er­klär­te Char­lot­te Schnei­der. Je­des Jahr gibt es ein Band­coa­ching. Aber auch ein neu­es Thea­ter­pro­jekt zum The­ma Kli­ma­schutz soll entstehen.

Be­vor nun end­lich die heiß be­gehr­ten Do­no­ts aus Ib­ben­bü­ren die Büh­ne rock­ten, prä­sen­tier­te „Le Fly“ ih­re St. Pau­li Tanz­mu­sik mit Rock, Rap, Reg­gae und Ska Ele­men­ten. Da durf­ten Trom­pe­ten, Gi­tar­ren und Schlag­zeug na­tür­lich nicht fehlen.

Dann: 21.40 Uhr. Punkt auf die Mi­nu­te war es so­weit. Das Licht ging aus, lang­sam tauch­ten die fünf Jungs der Band Do­no­ts auf der Büh­ne auf und wur­den in ein blau­es Licht ge­hüllt. „Hey Leu­te, wie geht’s euch?“, frag­te die Band in die Men­ge. „Bonn ist ja die klei­ne Schwes­ter von Köln. Aber wenn ich das hier se­he, wer braucht da noch Köln. Sau­fen kann man über­all“ rief In­go Knoll­mann ins Pu­bli­kum. Dar­auf folg­ten die Songs „Ich mach nicht mehr mit“ und „Dann oh­ne mich“. „Wir ha­ben nach den ers­ten paar Mi­nu­ten schon drei Mi­kros ge­schrot­tet. Das nen­ne mich doch mal ein Rock-Festival. Schaf­fen wir heu­te noch wei­te­re 17, ge­ben wir euch al­le ei­nen aus!“ Die Men­ge war von In­gos Ver­spre­chen schier be­geis­tert. Und wie­der hieß die Pa­ro­le: scheiß auf Na­zis. Beim „mos­hen“ wur­de auf dem Ge­län­de or­dent­lich staub auf­ge­wir­belt. Dar­auf stimm­ten die Jungs ih­ren Song „Das En­de der Welt ist längst vor­bei“ an und ani­mier­ten die Be­su­cher, mehr Staub zu er­zeu­gen, bis die Büh­ne kaum noch zu se­hen war. „Ihr seid geil Leu­te“ be­dank­te sich die Band. Ei­ne Mi­schung aus deutsch und eng­lisch spra­chi­gen Songs folg­te die­sem sen­sa­tio­nel­len Auf­takt. Da durf­te na­tür­lich der Klas­si­ker „Wha­te­ver Hap­pen­ed to the 80s“ nicht feh­len, den al­le flei­ßig mitsangen.

Das jun­ge Veranstalter-Team von Fo­risk En­ter­tain­ment plant und or­ga­ni­siert das Green Juice Fes­ti­val be­reits seit 2008 kom­plett in Ei­gen­re­gie. In den neun Jah­ren sei­nes Be­stehens ist das Fes­ti­val vom klei­nen Kon­zert im Park zur fes­ten Grö­ße der re­gio­na­len Musik-Landschaft ge­wor­den. Ins­ge­samt wa­ren beim Green Juice Fes­ti­val über 250 frei­wil­li­ge Hel­fer im Einsatz.

Mög­lich ge­macht wird das Fes­ti­val durch die Un­ter­stüt­zung von zahl­rei­chen Spon­so­ren, der Bun­des­stadt Bonn, so­wie der Beue­ler Orts­ver­bän­de von DRK und THW. Mit sei­nem lo­kal be­setz­ten Li­ne Up und nied­ri­gem Ein­tritts­preis leis­tet die Ver­an­stal­tung ei­nen wich­ti­gen Bei­trag zur För­de­rung der jun­gen Mu­sik­kul­tur in der Re­gi­on Bonn/Rhein-Sieg.

Das nächs­te Green Juice Fes­ti­val fin­det am 19. Au­gust 2017 statt.
In­fos un­ter: www.green-juice.de


Jan-Dirk Poggemann und Alex Siedenbiedel von den DONOTS im Interview

Be­reits seit über 20 Jah­ren ro­cken die fünf Jungs aus Ib­ben­bü­ren die Büh­ne. Ihr neu­es­tes Al­bum „Ka­ra­cho“ ist die ers­te Plat­te, auf kom­plett in deut­scher Spra­che er­schie­nen ist. Wir ha­ben im In­ter­view nach­ge­fragt, wie es da­zu kam und was sie an ih­rem Be­ruf rich­tig klas­se finden

Wo­für steht der Na­me Donots?
Jan-Dirk: Es ist wirk­lich sehr sehr lan­ge her, wir wa­ren da­mals ein biss­chen in Zeit­not. Wir durf­ten ein Kon­zert in Ib­ben­bü­ren spie­len und brauch­ten drin­gend ei­nen Na­men. Da­mals hat­te ich zu­fäl­lig Simpsons ge­schaut und Ho­mer hat mal wie­der Do­nuts ge­ges­sen. Wir

Jan-Dirk. Foto: Lorraine Dindas
Jan-Dirk. Fo­to: Lor­raine Dindas

woll­ten uns dann auch so nen­nen. Aber dann hat­te ich mich bei ei­nem Lo­go, dass ich ge­zeich­net hat­te, ver­schrie­ben und Do­no­ts kam da­bei raus. Seit­dem hei­ßen wir so. Vie­le Ame­ri­ka­ner ver­ste­hen das nicht. Sie den­ken im­mer, wie wür­den „do-not“ al­so „nicht tun“ hei­ßen, wird dort an­ders betont.

Ihr habt 1994 die Band ge­grün­det. Hät­tet ihr da­mals ge­dacht, dass ihr 2016 auch noch die Büh­ne ro­cken würdet?
Alex: Das wä­re doch to­tal ab­ge­fah­ren, wenn man da­mals die­sen heu­ti­gen Tag – ich bin zwar erst seit 1996 da­bei – schon hät­te er­ah­nen könn­te. Ein­fach den Fern­se­her an und „guck mal da, das wird in 20 Jah­ren so sein“.

Jan-Dirk: Wir ha­ben da­mals nicht mal von Jahr zu Jahr, son­dern eher von Wo­che zu Wo­che ge­dacht. Uns hat sich da­mals eher die Fra­ge ge­stellt, wie wer­den wir be­kannt und nicht, wie man so lan­ge wie mög­lich Mu­sik ma­chen kann. Wir woll­ten ein­fach Mu­sik ma­chen und so oft wie mög­lich vor Pu­bli­kum spie­len kön­nen. Nie­mand von uns hät­te ge­dacht, dass es uns nach 20 Jah­ren noch als Band gibt.

Eu­er neus­tes Al­bum „Ka­ra­cho“ be­steht aus deut­schen Tex­ten. Vor­her habt ihr auf Eng­lisch ge­sun­gen. Wie kam es dazu?
Alex: Das war ei­gent­lich eher ein Zu­fall. Wir ha­ben vor zwei Jah­ren un­ser 20-jähriges Ju­bi­lä­um ge­fei­ert und ge­dacht, dass wir zu un­se­rem Ge­burts­tag mal et­was Be­son­de­res raus hau­en müs­sen. Vor­her ha­ben wir nicht ei­nen ein­zi­gen Song auf Deutsch pro­du­ziert, nur mal live et­was ge­co­vert. Dann hat­te In­go den Sän­ger von Ri­se Against kon­tak­tiert und klar

Alex Siedenbiedel. Foto: Lorraine Dindas
Alex Sie­den­bie­del. Fo­to: Lor­raine Dindas

ge­macht, dass bei­de Bands et­was auf Deutsch raus brin­gen. Wir ha­ben dann ver­schie­de­ne deut­sche Songs ge­schrie­ben, nur ei­ner soll­te auf die Plat­te. Das mach­te aber so Bock, dass al­le auf der CD ge­lan­det sind. Ob un­ser nächs­tes Al­bum auch auf Deutsch sein wird, das wis­sen wir aber noch nicht. Es kann al­les pas­sie­ren. Auch wenn es spä­ter so­gar auf Ja­pa­nisch ist (lacht).

Ein Song heißt „Han­sa­ring – 2.10 Uhr“. Wel­che Ge­schich­te steckt dahinter?
Jan-Dirk: Das ist In­gos Hom­mage an den Han­sa­ring in Müns­ter, der ist di­rekt am Ha­fen. Ich ha­be ei­ne Wei­le auch in Müns­ter ge­lebt. Dort sind vie­le al­ter­na­ti­ve Knei­pen und Lä­den. Dort konn­te man auch al­lei­ne hin­ge­hen und hat so­fort Leu­te ge­trof­fen, mit de­nen man di­rekt ins Ge­spräch kam. Um 2.10 Uhr ist dann dort rich­tig viel los.

Was fin­det ihr am Musiker-Dasein klas­se? Was fuckt euch to­tal ab?
Jan-Dirk: Das ist ganz ein­fach. Wirk­lich al­les ist geil, bis auf das man wirk­lich je­des Wo­chen­en­de spielt. So ver­passt man Ge­burts­ta­ge, Hoch­zei­ten und Tref­fen von Freun­den. Ich ha­be die­ses Jahr schon drei Hoch­zei­ten ver­passt, mei­ne Freun­din muss­te im­mer al­lei­ne hin­ge­hen. Ich ha­be so­gar die Hoch­zeit mei­ner Schwes­ter ver­passt, aber es ging ein­fach nicht an­ders. Das ist wirk­lich der ein­zi­ge Punkt, der uns stört.

Wenn ihr auf Tour seid, hängt man ja stän­dig zu­sam­men. Gibt es da auch mal Streitigkeiten?
Alex: Streit gibt es ei­gent­lich nicht, Dis­kus­sio­nen ja. Wir funk­tio­nie­ren sehr gut zu­sam­men, je­der hat sei­nen Auf­ga­ben­be­reich. Bei uns gibt es kei­nen Al­lein­herr­scher, wir zie­hen an ei­nem Strang.

Was ver­bin­det ihr mit Bonn?
Jan-Dirk: Spon­tan fällt mir ein, dass mei­ne Freun­din bei ih­rer Ar­beit ei­nen Buf­ti – eher ei­ne Buf­t­i­ne hat – die heu­te nach Bonn zieht. Da hat­ten wir uns ges­tern drü­ber un­ter­hal­ten, dass es ei­ni­ge ve­ga­ne Knei­pen und Bars gibt. Und na­tür­lich ha­ben wir schon auf dem Rhein-Kultur-Festival gespielt.

Alex: Und wir sind hier mal in ei­nem Desperados-Hubschrauber ge­flo­gen. Ich glau­be, das war 2008.

Wie sieht eu­er Le­ben in den nächs­ten 20 Jah­ren aus?
Alex: Wir hof­fen na­tür­lich, dass die nächs­ten 20 Jah­re ge­nau so geil wer­den wie die letz­ten und wir im­mer noch Mu­sik ma­chen. Wer weiß, viel­leicht sin­gen wir nur noch auf Ja­pa­nisch. In­go kann et­was Ja­pa­nisch. Wir wis­sen nur, wie man ein Bier auf Ja­pa­nisch or­dert (lacht).

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