Die letzte Zusammenschau ist noch vom Jahreswechsel. Natürlich wurde ich auch in jüngerer Zeit wieder am Bonner Stadttheater fündig, obwohl ich zuletzt auch einige Theaterhäuser in Köln, Bochum, Wuppertal oder Karlsruhe besuchte. Anbei unten nun einige Eindrücke von einem Highlight des internationalen Tanzes und in der jüngeren Zeit in Bonn angelaufen Opern oder Theaterstücken.
Highlights des internationalen Tanzes an der Oper Bonn. Nächste Vorstellungen vom Schweizer Ballet du Grand Théâtre de Génève mit Callas am 27. und 28. April
Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Solo-Tänzerin Virpi Pahkinen zeigte jüngst mit ihrer Dance Company ihre einstündige Choreographie Deep Time an der Oper Bonn. In ihrem 2017 in Stockholm uraufgeführten Tanzstück verfolgt die Künstlerin ein eigenständiges künstlerisches Konzept. Sie entführt in fließende Bilderwelten und eine mögliche Tiefe der Zeit. Ein Fokus der Bewegungssprache ist auf Hände und Füße gerichtet. Die Finnin, die in Stockholm arbeitet, entwickelt reizvoll fremdartige Körperbilder, die zeitgenössischen Tanz mit einer asiatischen Ästhetik und archetypisch oder mystisch anmutender Gestik kombinierte. In meditativer Atmosphäre werden auch Licht und Schatten und die Silhouetten des Ensembles effektvoll ausgeleuchtet. Für Spannung sorgt weiterhin eine kontrastreiche Musik. Die Sopranistin Tua Dominique sang in Bonn live u.a. das “Ave Maria” und “O eterna deus” von Hildegard von Bingen (1098-1179), kombiniert mit rhythmischen und elektronischen Klängen. Die Tänzer des Tanzprojektes rissen (auch darstellerisch) durch die Bank viel heraus. Dennoch sei erlaubt, ihre Namen lediglich summarisch in der Chronologie des Besetzungszettels zu nennen: Pontus Sundset Granat, Sakari Romero Tuurala, Philip Sundset Granat, Corrado Di Lorenzo, Hui-Han Hu Gustavsson und Virpi Pahkinen höchstselbst.
Leoš Janáceks Die Sache Makropulos an der Oper Bonn. Nächste Vorstellung am 20 April
Die gelungenen Bilder und die atmosphärische Musik der Vorführung regen vielfach zum Nachdenken über das eigene Zeitempfinden an. In Die Sache Makropulos geht es um die Unsterblichkeit und ihr Verhältnis zur Sterblichkeit. Die Position der 337jährigen Hauptprotagonistin verändert sich im Verlauf des Stückes: anfangs ein gefeierter Star, selbstbewusst und überlegen, wird sie dann immer mehr zur Außenseiterin – haltlos, zynisch, nach materieller und menschlicher Sicherheit suchend. Und davon kann sie dann doch immer weniger halten als alle anderen Menschen, die nur einige flüchtige Jahre zu leben haben. Zur Besprechung
Lutz Hübners und Sarah Nemitz‘ Frau Müller muss weg am Theater Bonn. Nächste Vorstellungen am 28. April und 3. Mai
Gute Noten entscheiden im letzten Grundschuljahr über den Wechsel an die höhere Schule. Für viele Eltern ist der Besuch eines Gymnasiums einziger Königsweg für das Kindeswohl. Oft wird zum Schuljahresende auch mit den Lehrern um einen bestmöglichen Notenabschluss gerungen. Das Erfolgsstück Frau Müller muss weg von Lutz Hübner & Sarah Nemitz über Wohlstandsverwahrlosung, Förderwahn und übergriffige Helikopter-Eltern wurde bereits 2015 prominent besetzt für das Kino verfilmt. Das von Anfang an etwas arg laute und ein bisschen boulevardeske Drama macht indirekt auch zum Thema, welchem Leistungs- und Erwartungsdruck bereits Kinder der vierten Klasse ausgesetzt sein können. Zur Besprechung
Richard Strauss‚ Elektra an der Oper Bonn. Nächste Vorstellung am 2. Mai
Ein Fluch verfolgt eine ganze Familiendynastie und reißt sie in den Abgrund. Besagter Artridenfluch prophezeit, dass sich in jeder Generation bis hin zur fünften ein Mörder gegen die eigene Sippe wenden wird. Unheilvoll verstricken sich die Nachkommen des Tantalos so in grausame Gewaltverbrechen. Aufbrausend wütet dabei auch die Musik in Richard Strauss‘ Oper Elektra. Das mit sage und schreibe 117 Instrumentalisten besetzte Orchester sorgt für fiebrig flirrende, opulent packende Klänge. Dissonante Akkorde loten Spannungen aus, es gibt kreischend Tiraden und ruppig-nervöse Spannungen. Zur Besprechung
Marius Felix Langes Die Schneekönigin an der Oper Bonn. Nächste Vorstellungen am 21. April und 5. Mai
Für Die Schneekönigin schrieb Marius Felix Lange auch das Libretto, dem Hans Christian Andersens gleichnamiges Kunstmärchen von 1844 zugrunde liegt. Die märchenhaften Bilder der Inszenierung bleiben in Erinnerung, doch die episodenreiche Handlung erscheint insbesondere für die jüngeren Zuschauer im Publikum recht anspruchsvoll und verwirrend. So fließen etwa andere Märchen, wie Das Mädchen mit den Schwefelhölzern in das Erzählte mit ein. Und der gesungene Text ist nur in Ansätzen zu verstehen, wenn man die schnell wechselnden Übertitel nicht mitliest. Zur Besprechung
Ferenc Molnárs Liliom am Theater Bonn. Nächste Vorstellungen am 13. April und 10. Mai.
Der ungarische Dramatiker Ferenc Molnár erzählt in seinem wohl berühmtesten Theaterstück Liliom in sieben Bildern ein Sozialdrama von einer seelischen, emotionalen und finanziellen Misere eines verarmten, perspektivlosen Paares. In Sascha Hawemanns Inszenierung am Theater Bonn sticht anfangs das großartige Bühnenbild hervor. Immer wieder schwächelt das Stück aufgrund von in die Länge gezogenen Schweigeminuten oder essenzlos lärmendem Geschrei der Figuren. Zur Besprechung
Samuel Becketts Warten auf Godot am Theater Bonn. Nächste Vorstellungen am 13. und 17. April
Regisseurin Luise Voigt wählt für ihre Inszenierung einen eher klassischen Ansatz des absurden Theaters. Ein Gespinst an Assoziationswegen eröffnen die in dunklen Farben gehaltenen Kostüme und das gleichfalls dunkle Bühnenbild. Die Figuren, die allesamt ähnlich unscheinbare Anzugkostüme tragen, erscheinen austauschbar. Der teilweise leuchtende Bretterboden birgt abschüssige Ecken. Ort und Zeit sind unbestimmt. Zur Besprechung
Alle Fotos vom jeweiligen Abschlussapplaus (c) Ansgar Skoda
[…] und Johannes daran erinnert, doch regelmäßiger meinen Theaterrückblick online zu stellen. Der letzte Rückblick ist schon wieder einige Monate her, bald kommt die Sommerpause und einige neue Produktionen, wie […]