Aktiv für Demokratie, Europa und den Klimaschutz

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Demokratie-Fest am 25. Mai

Am 23. Mai wird das Grundgesetz 75 Jahre alt – die Grundlage unseres Zusammenlebens in einem freien und demokratischen Rechtsstaat. Das Jubiläum wird natürlich in seiner Geburtsstätte gebührend gefeiert mit dem Fest der Demokratie und einem bunten Programm, umsonst und für alle, nächsten Samstag ab 11 Uhr im Bundesviertel und an vielen historischen Schauplätzen der Bonner Republik. 

Laternenausleger zum 75. Jubiläum auf der Kennedy Brücke (Foto: Sandra Prüfer)

Die Stadt richtet das Fest gemeinsam mit dem Bundespräsidenten, dem Bundestag, dem Bundesrat, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Haus der Geschichte aus, unter Beteiligung von über 50 Partnerorganisationen. Die Feier erstreckt sich entlang der Adenauerallee (B9) bis zum Platz der Vereinten Nationen und endet um 19 Uhr mit einem Mitsing-Konzert im Park der Villa Hammerschmidt.

Kre(Aktiv) für die Demokratie

Neben dem offiziellen Bürgerfest laden zahlreiche lokale Akteure und zivilgesellschaftliche Gruppen zu diversen Veranstaltungen und kreativen Aktionen ein, um die Demokratie erlebbar zu machen. Einen Überblick bietet der städtische Veranstaltungskalender unter der Rubrik 75 Jahre Demokratie.

2024 ist ein Mega-Wahljahr, das bislang größte Wahljahr in der Geschichte der Demokratie. Über vier Milliarden Menschen – mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung – werden dieses Jahr in über 60 Ländern zu den Urnen gehen. Auch bei uns in Europa steht die Demokratie auf dem Prüfstand. Welche Rolle spielt das Grundgesetz in unserem persönlichen Leben und im Veedel? Wie können wir unsere Grundrechte und die freiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigen im Vorfeld der EU-Wahl am 9. Juni, angesichts des populistischen Rechtsrucks und der weltweiten Erosion der Demokratie?

„Autoritäre Trends können an der Wahlurne gestoppt werden. Dafür braucht es eine zivilgesellschaftliche Mobilisierung vor den Wahlen und die Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit nach den Wahlen“, erklärte der Demokratie-Experte Hauke Hartmann zur Veröffentlichung des Tranformationsindexes der Bertelsmann Stiftung (BTI), der im März zum zehnten Mal erschien. Der Transformationsindex analysiert alle zwei Jahre die Qualität von Demokratie, Marktwirtschaft und Regierungsführung in 137 Entwicklungs- und Transformationsländern. „Zu keinem Zeitpunkt wurden in den vergangenen 20 Jahren so wenige Staaten demokratisch regiert wie heute“, lautet das ernüchternde Urteil der Studie. 

Artists4Future Mitmal-Tisch beim Europatag-Fest (v.l.n.r.) Consuelo Mendez, Sandra Prüfer und Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Foto: Consuelo Mendez)

Das partizipative Kunstprojekt „Aktiv für Demokratie“ des BBK Bonn, Rhein-Sieg läuft schon seit einigen Wochen. Es lädt Bürger:innen jeden Alters dazu ein, Papier-Tragetaschen kreativ zu gestalten. Die Ausstellung „Zwischenstand“ (17. – 21.05.) im Leerstand als Begegnungsraum gibt einen ersten Einblick über die bereits von interessierten Menschen und Künstler:innen bearbeiteten Tüten.

„Jede Tasche ist Teil eines großen Kunstwerks. In Form einer Installation wird das Ergebnis am 25. Mai auf dem Münsterplatz (10-14 Uhr) und dem Friedensplatz (14-18 Uhr) präsentiert“, erläuterte die Künstlerin und Mitorganisatorin Consuelo Mendez bei einer Mitmal-Aktion zum Europatag-Fest am 11. Mai.

Holztafeln mit eingebrannter Würde-Botschaft (Foto: Sandra Prüfer)

Der erste Artikel, Absatz 1 des Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Bezugnehmend darauf hat eine Gruppe von Bonner:innen die bundesweite „Würde – untastbar“ Aktion gestartet für die Menschenwürde und Demokratie und ein achtsames und wertschätzendes Miteinander in unserer Gesellschaft, inspiriert von den Königsfiguren des Bonner Holzbildhauers und Diakons Ralf Knoblauch. Die Initiatoren möchten die aus Holz gefertigten Würdetafeln im Sinne einer „sozialen Plastik“ als eine Botschaft der Würde und gegenseitigen Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit in die Welt tragen: überall dorthin, wo Menschen sich begegnen, wo sie miteinander leben, arbeiten und ins Gespräch kommen können.

Demokratie auf den Straßen

Vom 6. bis 9. Juni entscheiden 350 Millionen Menschen in der Europäischen Union über die Zusammensetzung des EU-Parlaments für die nächsten fünf Jahren. Erstmals dürfen in Deutschland bereits 16-jährige wählen. Die Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl werden maßgeblich die politische Agenda der EU-Kommission bestimmen – insbesondere beim Umwelt- und Klimaschutz. Denn etwa 80 Prozent der entsprechenden Gesetze in Deutschland haben ihren Ursprung in der EU. Sollten die rechtspopulistischen Parteien bei der Wahl so gut abschneiden wie befürchtet, steht daher der EU Green Deal und die europäische Klima-Politik auf dem Spiel.

Kick-Off der Fahrrad-Demo Ohne Kerosin nach Brüssel (Foto: Sandra Prüfer)

Unter dem Motto „Democracy on the Streets“ radelt deshalb seit gestern eine Gruppe von über 70 jungen Aktivist:innen von Köln nach Brüssel. Die Aktion ist organisiert von den Students for Future Deutschland in Kooperation mit Youth for Climate Belgien und Climate Express Belgien. Über das Pfingstwochenende fand zuvor ein 3-tägiges Klimacamp auf den Uniwiesen in Köln statt mit einem bunten interaktiven Programm, das am Sonntag mit einer Zubringer-Rad-Demo aus Bonn unterstützt wurde.

„Aus Bonn fahren wir zu acht weiter nach Brüssel“, sagte die Bonner Studentin Ruth Jacobs. „Die EU Wahl ist sehr relevant. Während der Tour werden wir junge Leute ansprechen, Bewusstsein schaffen und uns mit den Belgier:innen austauschen.“

Mit der „Ohne Kerosin Nach Brüssel“ Rad-Demo wollen die Studierenden grenzüberschreitend für Klimagerechtigkeit, Demokratie und Menschenwürde demonstrieren, über Aachen (21.5.) bis zum europäischen Parlament (Ankunft 25.5.). Zur Europawahl 2024 ist der von Kölner Studierende initiierte „Ohne Kerosin Nach Berlin“ Fahrradprotest zum ersten Mal international ausgerichtet.

Der Kölner Student Moritz Böll will zur EU-Wahl die Demokratie lautstark auf die Straßen bringen. (Foto: Sandra Prüfer)

„Die Klimakrise kennt keine Grenzen, so protestieren auch wir über Grenzen hinweg. Die EU muss ins Handeln kommen. Die Nachhaltigkeitsziele, der Green Deal oder die Landwirtschaftspolitik werden immer wieder ausgehöhlt. Die selbstgesteckten Klimaziele werden krachend verfehlt. Wir als junge Menschen glauben an die Kraft der europäischen Zusammenarbeit, sind damit aufgewachsen. Doch jetzt muss geliefert werden,“ so Moritz Böll, Sprecher der Gruppe.

Es ginge darum, die europäische Demokratie zu leben, auf der Straße mit Menschen über aktuelle Themen zu diskutieren und eine kritische Auseinandersetzung mit der Europäische Union zu führen.

Direkte Demokratie und Klimaschutz

Achim Wölfel, Landesgeschäftsführer NRW des Mehr Demokratie e.V., unterstrich in seinem Vortrag im Klimacamp am Sonntag die Wichtigkeit, die Demokratie auf die Straßen zu bringen und die kommunalen Möglichkeiten der direkten Demokratie auszuschöpfen, wie aktuell beim Fahrradentscheid Köln Bürgerbegehren.

„Direkte Demokratie ist ein Treiber für den Klimaschutz, und Klimaschutz ist ein Treiber für die direkte Demokratie,“ so Wölfel. Dabei verwies er auf den 2023 Bürgerbegehrensbericht. Deutschlandweit gab es in den letzten zehn Jahren 387 Bürgerbegehren zum Thema Klima. Knapp Zweidrittel davon (63 Prozent) setzten sich für mehr Klimaschutz ein. Dieser Trend spiegelt sich auch in NRW wider. Im Zeitraum zwischen 2013 und 2022 gab es insgesamt 32 Verfahren zu Klimaschutzthemen in NRW, von denen 27 auf mehr Klimaschutz abzielten. Ein Grund dafür waren laut Wölfel auch die vielen Radentscheide in NRW.

So gilt der Radentscheid Bonn – sowohl mit Blick auf die Anzahl der gesammelten Unterschriften als auch die hohe politische Zustimmung – als das bisher erfolgreichste Bürgerbegehren in der Geschichte der Stadt und als Rückenwind für die lokale Mobilitätswende. Auch die Beschlüsse des Bonner Stadtrats, bis 2035 klimaneutral zu werden und sich als erste deutsche Stadt im Dezember 2021 der globalen Initiative für einen Nichtverbreitungsvertrag für fossile Brennstoffe anzuschließen, wurden durch Bürgeranträge initiiert, die von Bonner Klimanetz Gruppen mitgetragen wurden. Die Forderung nach einem internationalen Vertrag zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe (Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty) wird auch von dem EU Parlament unterstützt sowie von derweil über 100 Städten und sub-nationalen Regierungen weltweit, inklusive der Region Brüssel-Hauptstadt.

Tax the Rich – Europäische Bürgerinitiative fordert Vermögenssteuer für Reiche (Bildnachweis: tax-the-rich.eu)

Auf EU Ebene gibt es zudem das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative (EBI), bei dem EU-Bürger:innen sich direkt an die Europäische Kommission wenden und diese auffordern können, einen Rechtsakt in Bereichen vorzuschlagen, die in die Zuständigkeit der Kommission fallen.

Christoph Schulenkorf von Attac Köln stellte als Beispiel die derzeit laufende europäische Bürgerinitiative für eine gerechte Vermögensbesteuerung vor. Unter dem Motto „Tax the Rich“ fordert die Initiative, eine europäische Vermögenssteuer für Superreiche einzuführen, mit der Bildung, Gesundheit, Klimaschutz sowie ein sozial gerechter Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und fossilfreien Zukunft finanziert werden kann.

Die Petition benötigt laut Schulenkorf bis 9. Oktober ein Unterschriftenquorum von mindestens einer Millionen Unionsbürger:innen aus mindestens sieben Mitgliedsstaaten. In Deutschland müsste eine Mindestzahl von 67.680 Unterstützungsbekundungen vorliegen. Die Schwelle der erforderlichen Unterschriften wurde bislang nur in Frankreich erreicht. Die Bürgerinitiative für eine EU-Vermögenssteuer zur Finanzierung des sozialen und ökologischen Wandels kann hier unterzeichnet werden.

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