Bonn – Knapp 5 Millionen Euro mehr für die Beethovenhalle sind nötig, damit eine Baufirma wieder zur Baustelle zurückkehrt und weiterarbeitet. Sie hatten unter anderem wegen der planerisch bedingten Bauverzögerungen gekündigt. Weitere Technikfirmen sind noch zu überzeugen. Bis zu 40,775 Millionen Euro maßgebliche Projektrisiken gibt es noch. Oder sind es mehr?

Die Sanierung der Beethovenhalle ist ein Desaster mit Ankündigung. Unter Zeitdruck mit mangelhafter Voruntersuchung und mit unfertigen Voruntersuchungen gestartet. Jetzt bewilligte der Rat offenbar in nichtöffentlicher Sitzung rund 5 Millionen Euro mehr, damit eine Technikfirma wieder zur Baustelle kommt. Das berichtet zumindest der General-Anzeiger, auch wenn die Rechnung dort nicht ganz aufgeht.

Drei weitere Technikfirmen sind noch nicht überzeugt, neue Ausschreibungen gibt es auch nicht. Die Kostensprünge sind eklatant. Auch wenn das Presseamt der Stadt Bonn gegenüber dem Bonner Blatt angibt, man werde die schlechteste Prognose von 166 Millionen Euro vom Sommer nicht reißen, so bedeutet dies:

Es kommen noch maßgeblich bis zu 40,775 Millionen Euro mehr für Preisaufschläge hinzu. Davon sind rund 19,25 Millionen Euro für unvorhergesehene Kosten eingeplant. Die Sanierung der Beethovenhalle wird dann rund 100 Millionen Euro teurer als einstmals angekündigt sein und je nach Steuer- und Förderrechnung zwischen 161 und 166 Millionen Euro kosten.

Ein Skandal ohne Folgen

Anders als beim WCCB hat die Stadt und eine Stadtratsmehrheit dieses Projekt mitsamt Risiken sehenden Auges gestartet, um eine marode, denkmalgeschützte Mehrzweckhalle aus den späten 1950er Jahren in Eigenregie unter immensem Zeitdruck zu ertüchtigen.

Und es bleibt die Frage: Reichen die rund 19,25 Millionen Euro Puffer der Worst-Case-Prognose für Unvorhergesehenes wirklich aus? Das ist immerhin ein Drittel der ursprünglichen Baukostenschätzung. Oder kommt es ganz Dicke, zum Worst-Worse-Case: Es findet sich keine Baufirmen, die Baustelle wird jahrelang stillgelegt. Denn bereits jetzt sei es schwer, Fachfirmen zu gewinnen für das Projekt, gibt die Verwaltung zu. Dann wird die Sanierung noch teurer als jene 40,775 Millionen Euro, die jetzt noch an Projektrisiken ausstehen.

Denn auffällig ist, mit welchen eklatanten Schritten die erwarteten Kostenrisiken zuletzt von Mitteilungsvorlage zu Mitteilungsvorlage in die Höhe geschossen sind.

Was bleibt als Alternative? Augen zu und durch, wie beim WCCB? Abriss und Neubau? Pest und Cholera. Für die Stadtbevölkerung ist es ein fatales Signal. Auf der einen Seite wird überall an Kleinstbeträgen gespart und gezwackt, werden Mieten an Vereine erhöht, gibt es einen hohen Sanierungsstau.

Auf der anderen Seite dürfen Groß-Sanierungsprojekte wie die Beethovenhalle kosten, was sie wollen, weil sie schlecht geplant sind. Und weil eine Ratsmehrheit diesen Weg mitgegangen ist, statt zu sagen: Die Sanierung mit diesem kurzen Vorlauf und ohne intensive Voruntersuchungen ist unrealistisch. Bonn ist damit auch auf den Spuren der Kölner Oper, einem weiteren schrottigen Nachkriegsbau aus den späten 50er Jahren, der für 870 Millionen Euro saniert werden soll.

Übrigens: Für 166 Millionen Euro hätte man einen schönen Mehrzweckhallen-Konzerthaus-Neubau bekommen. Zwar nicht bis zum Beethoven-Jubiläum, dafür aber für die Zukunft. Sogar ganz ohne Post-Festspielhaus-Beteiligung.

Was kostet es, ein Konzerthaus zu bauen?

Zum Vergleich: Die Baukosten der einiger Konzerthäuser, darunter richtig spektakulärer Bauten. Zumindest baukostentechnisch nähert sich Bonn also der globalen Spitze an, auch wenn die ertüchtigte Akkustik der Mehrzweckhalle eher 50er Jahre Charme haben wird, von der Optik ganz zu schweigen. In Klammern das Eröffnungsjahr.

  • Tauber-Philharmonie Weikersheim (2019): 15 Millionen Euro
  • Mieczysław-Karłowicz-Philharmonie in Stettin (2015): rund 35 Millionen Euro
  • Walt Disney Concert Hall, Los Angeles (2003): Rund 274 Millionen Dollar
  • Palau de les Arts Reina Sofía, Valencia (2005): Rund 300 Millionen Euro
  • Philharmonie de Paris (2015): 380 Millionen Euro
  • Elbphilharmonie, Hamburg (2017): 866 Millionen Euro.

Foto: Wolkenkratzer [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)] via Wikimedia Commons

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