Im Vorfeld des Jahrestages des Pariser Abkommens ruft die UN-Stadt Bonn zur internationalen Kooperation zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas und Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels auf
Morgen ist der sechte Jahrestag der Verabschiebung des Pariser Klimaabkommens. In dem Abkommen sind fossile Brennstoffe, die Hauptverursacher der Klimakrise, mit keinem Wort erwähnt. In der COP 26 Abschlusserklärung wurde das F-Wort (fossil fuels) zwar erstmalig genannt, doch die Expansion der fossilen Energiegewinnung schreitet weiter voran und die in Glasgow verkündeteten Maßnahmen zur Reduzierung der CO2 Emissionen reichen bei Weitem nicht aus, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Wirklich ambitionierter Klimaschutz findet dagegen lokal statt, in Vorreiterstädten wie Bonn.
Der Bonner Stadtrat hat jüngst den Beitritt der Stadt zu der Initiative für einen Nichtverbreitungsvertrag für fossile Energien beschlossen. Das ist eine globale Initiative, die darauf abzielt, die Quelle von 80 % der CO2-Emissionen, die den Klimawandel verursachen, zu bekämpfen: fossile Brennstoffe. Der Antrag wurde in der letzten Sitzung des Umweltausschusses mit den Stimmen der Grünen, SPD, Linken und Volt angenommen.Als erste Stadt der Welt hat sich Vancouver vor einem Jahr der Initiative angeschlossen. Inzwischen ist die Zahl auf über 25 Städte gestiegen, darunter Los Angeles, Barcelona, Sydney, Cambridge und Dhulikhel in Nepal.
Bonn soll bis 2035 klimaneutral sein
Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner begrüßt den Beitritt der Stadt: „Die Ziele der globalen Initiative decken sich mit dem Bekenntnis der Stadt Bonn zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels von Paris im Klimanotstandsbeschluss und mit unserem Ziel, bis 2035 klimaneutral zu sein. Klar ist: Der Weg zur Klimaneutralität führt nur über die Erneuerbaren Energien und über eine schrittweise Dekarbonisierung unserer Energieversorgung.“ Die Stadt Bonn habe dies mit ihrem Leitbild-Beschluss zu Klimaschutz und Klimaanpassung zum Ausdruck gebracht und beabsichtigt, „die Energieversorgung bis 2035 sukzessive auf regenerative Energien umzustellen.“
Seit Bonn vor 20 Jahren Gastgeber der Weltklimakonferenz und der COP 23 unter der Präsidentschaft von Fiji 2017 war, hat sich die internationale Diskussion mit klarem wissenschaftlichen Konsens dahin verlagert, dass fossile Brennstoffe die größten Treiber der Klimakrise sind. Dennoch ist zu erwarten, dass die Welt im Jahr 2030 mehr als die doppelte Menge fossiler Energien produzieren wird, als dies mit einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C vereinbar wäre.
Bonns Beitritt zur Initiative soll ein Signal an die Weltgemeinschaft senden, dass es wichtig ist, von der bloßen Erwähnung fossiler Brennstoffe zu ernsthaften Maßnahmen gegen die fossile Bedrohung überzugehen und sicherzustellen, dass die 1,5 Grad-Grenze eingehalten wird. Im Gegensatz zu den fehlenden konkreten Verpflichtungen vieler Industriestaaten in Glasgow ergreift die Stadt Bonn tatsächlich Maßnahmen zum Klimaschutz.
Bürgerantrag vom EU Klimapakt-Botschafter
Der von dem ehrenamtlichen EU Klimapakt-Botschafter Sven Harmeling im August eingereichte Bürgerantrag wurde von sechs lokalen Organisationen und Gruppen mitgetragen: Extinction Rebellion Bonn, Fridays For Future Bonn, Germanwatch, Moratorium-A565, Parents for Future Bonn und Psychologists/Psychotherapists for Future (Psy4F) Bonn. Der Antrag fordert die Unterstützung der Stadt zur Initiative für einen fossilen Nichtverbreitungsvertrag und ihrer Bemühungen für einen organisierten Ausstieg aus fossilen Energien und einen gerechten Übergang zu einem nachhaltigen und klimafreundlichen Energiesystem auf Basis von Erneuerbarer Energien.
“Als Hauptstadt der internationalen Klimadiplomatie mit dem Sitz des UNFCCC-Sekretariats ist es für Bonns Glaubwürdigkeit wichtig, sich konsequent zum 1,5°C-Ziel des Paris-Abkommens und den notwendigen Schritten zu verhalten,“ sagt Harmeling. „Der Beitritt Bonns zu der Initiative eines Nichtverbreitungsvertrages für fossile Energien als erste deutsche Stadt ist damit eine konsequente Ergänzung der bisherigen Bonner Beschlüsse und Maßnahmen zur Klimapolitik, und muss nun in konkrete weitere Maßnahmen übersetzt werden.”
Laut Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der in Bonn ansässigen NGO Germanwatch, hat die Dekade der Umsetzung ernsthaften Klimaschutzes nun begonnen, in Deutschland, der EU und international. „Der Beitritt Bonns zu der Initiative eines Nichtverbreitungsvertrages für fossile Energien setzt dafür ein wichtiges Zeichen. Dieses gilt es nun zügig durch konkrete Schritte gemeinsam mit anderen Städten und für die eigenen Energieversorgung in die Tat umzusetzen,” so Bals.
Gemeinsam für eine fossil-freie Zukunft
Städte um den Globus können als Vorreiter gemeinsam voranschreiten und Druck auf ihre nationale Regierungen ausüben, um fossile Brennstoffe im Boden zu belassen.
„Als Sitz des UN-Klimasekretariats sollte Bonns Ruf zur Beendigung des fossilen Energiezeitalters bei allen Unterzeichnern des Pariser Abkommens Nachhall finden. Es signalisiert, dass wahre Klimaführerschaft fossil-frei sein muss,“ sagt Seble Samuel, die für Städte-Partnerschaften zuständige Mitarbeiterin der Initiaive. Obwohl das Ergebnis der COP 26 unzureichend war, läge das Thema fossile Brennstoffe bei Klimaverhandlungen jetzt auf dem Tisch. „Es wird für lokale und nationale Regierungen unmöglich sein, Fragen nach ihrer Energieproduktion zu vermeiden, wenn sie echte Klimaführerschaft zeigen wollen,“ so Samuel.
Die globale Erwärmung hat 1,2 °C über dem vorindustriellen Niveau erreicht. Schon diese moderate Zahl bedeutet katastrophale Schäden nicht nur im globalen Süden, sondern auch in Mitteleuropa mit einer dreijährigen Dürre und einer verheerenden Flutkatastrophe. Prof. Niko Froitzheim vom Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn, der bei Scientists for Future und Extinction Rebellion Bonn engagiert ist, warnt: „1,5 °C wird viel schlimmer sein. Und jenseits von 1,5 °C riskieren wir, Kipppunkte zu überschreiten, die das Leben auf der Erde in einen Albtraum verwandeln. Wir können nicht mehr behaupten, dass wir es nicht gewusst haben. Wir wissen, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe ein Verbrechen gegen die Menschheit und Natur ist, und sie muss als solche behandelt werden.”
Gemeinsam gegen die fossile Bedrohung vorgehen
Die von mehr als 1000 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützte Initiative für einen Vertrag zur Nichtverbreitung für fossile Energien , der an den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag angelehnt ist, hat bei der COP 26 Klimakonferenz in Glasgow an Momentum gewonnen. Zum wachsenden Unterstützerkreis zählen 101 Nobelpreisträger:innen, über 2600 Wissenschaftler:innen, 150 Parlamentarier:innen, junge Klimaaktivist:innen und internationale Glaubensführer:innen.
Die Initiative regt zur multilateralen Zusammenarbeit an, um die Erschließung neuer fossilen Energiequellen zu beenden, die bestehende Produktion innerhalb der vereinbarten 1,5 °C Klimagrenze einzustellen und Pläne zu entwickeln für eine gerechte Transformation. Arbeitnehmer, Gemeinschaften und Länder, die von fossilen Brennstoffen abhängig sind, sollen dabei unterstützt werden, sichere und gesunde Lebensgrundlagen aufzubauen. Der vorgeschlagene Vertrag zieht Lehren aus den Bemühungen, die Verbreitung von Atomwaffen zu stoppen, und ozonschädliche Chemikalien, Landminen und andere Bedrohungen für die Menschheit zu verbieten.