Bil­der und Ge­schich­ten in sechs ak­tu­el­len Veröffentlichungen

Als Bun­des­haupt­stadt hat­te Bonn lan­ge Zeit auch in Sa­chen Kul­tur ei­ne Vor­rang­stel­lung ge­gen­über an­de­ren deut­schen Städ­ten. Vie­le der da­ma­li­gen kul­tu­rel­len An­ge­bo­te konn­ten für die heu­ti­ge Bun­des­stadt be­wahrt wer­den. So lo­cken auch zahl­rei­che Neu­ver­öf­fent­li­chun­gen im­mer wie­der in die be­schau­li­che Stadt am Rhein. Sechs ak­tu­el­le Bü­cher möch­te ich euch hier vorstellen:

End­lich Bonn! ist mit zahl­rei­chen far­bi­gen Il­lus­tra­tio­nen pop­pig auf­ge­macht und spricht sein Le­se­pu­bli­kum kum­pel­haft di­rekt mit „du“ an. Der Stadt­füh­rer rich­tet sich vor al­lem an jün­ge­re Le­ser, wie et­wa Ab­itu­ri­en­ten, die für ihr Stu­di­um nach Bonn kom­men. In End­lich Bonn! wird man im läs­si­gen Plau­der­ton en­thu­si­as­tisch an die Hand ge­nom­men und er­fährt al­ler­lei De­tail­wis­sen über ein­zel­ne Stadt­tei­le. So­gar über be­rüch­tig­te Pro­blem­stadt­tei­le weiß der Stadt­füh­rer po­si­ti­ves zu be­rich­ten. So lobt er im so­zia­len Brenn­punkt Tan­nen­busch ei­ne Bin­nen­dü­ne, die in­mit­ten gro­ßer Miets­häu­ser un­ter Na­tur­schutz steht. Info-Boxen zu den ein­zel­nen Stadt­tei­len fas­sen die Miet­hö­he, Ein­woh­ner­dich­te und den Grün­flä­chen­an­teil je­weils bild­haft ver­kürzt et­was grob­schläch­tig zu­sam­men. Ins­ge­samt er­schwert die über­trie­ben ver­spiel­te Il­lus­trie­rung et­was den Le­se­fluss. Die je­weils über zehn Bild­ele­men­te auf ei­ner Dop­pel­sei­te wir­ken bei­na­he schü­ler­zei­tungs­mä­ßig. Auf Sei­te 67 lädt die Be­bil­de­rung gar da­zu ein, Sei­ten zu zer­schnei­den und zu bas­teln. Trotz die­ser aus­ufern­den Be­mü­hun­gen er­fährt man in Schwer­punk­ten zu lo­ka­len Re­stau­rants, Dis­ko­the­ken, Frei­bä­dern, kul­tu­rel­len An­ge­bo­ten, An­ge­bo­ten für die Win­ter­zeit und lo­ka­len My­then doch im­mer wie­der et­was Wis­sens­wer­tes oder Neues.

Der ver­gleichs­wei­se dün­ne und leicht­ge­wich­ti­ge City-Trip-Reiseführer Bonn von Mar­kus Bin­gel ent­hält ei­nen City-Faltplan. Im Buch­de­ckel be­fin­det sich au­ßer­dem ei­ne prak­ti­sche Über­sicht über das lo­ka­le Li­ni­en­netz für Bus und Bahn. Für Tou­ris­ten bie­tet das In­halts­ver­zeich­nis ei­ne Lis­te von über 50 Se­hens­wür­dig­kei­ten, die durch bei­gefüg­te Ster­ne­wer­tun­gen als un­ter­schied­lich se­hens­wert ge­wich­tet wer­den. Nicht ver­pas­sen soll­te man so et­wa die Vil­la Ham­mer­schmidt und das Pa­lais Schaum­burg im ehe­ma­li­gen Re­gie­rungs­vier­tel. Lei­der sind bei­de Ge­bäu­de nur sel­ten an fest­ge­leg­ten Ta­gen der of­fe­nen Tür für die Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich. Ne­ben zahl­rei­chen Farb­fo­tos bie­tet der Band auch Info-Kästen et­wa zu Le­gen­den um die Burg­rui­ne Dra­chen­fels, dem be­lieb­ten Aus­flugs­ziel na­he bei Bonn im Sie­ben­ge­bir­ge. Der Band in­for­miert in kur­zen Ab­schnit­ten oder Ka­pi­teln über die Stadt­his­to­rie, den Bönn­schen Dia­lekt, ku­li­na­ri­sche Spe­zia­li­tä­ten, lo­ka­le Re­stau­rants, Kauf­häu­ser, Mu­se­en und Thea­ter. Für Schwu­le und Les­ben gibt es lei­der nur ei­nen dürf­ti­gen Hin­weis auf ein Lo­kal und ei­ne In­ter­net­adres­se. Aber tat­säch­lich bie­tet Bonn seit ei­ni­gen Jah­ren für die LGBTQ-Community nur noch sehr we­nig. Im­mer­hin blei­ben auch die zahl­rei­chen neu ge­bau­ten Mo­scheen und Ko­ran­schu­len un­er­wähnt, die das Stadt­bild zu­neh­mend ver­än­dern. Ein Re­gis­ter und ei­ne Lis­te der Kar­ten­ein­trä­ge run­den den kurz­wei­li­gen Band ab.

Ken­nen Sie Bonn und sein Um­land? – Das fragt Hans-Dieter We­ber, lang­jäh­ri­ger Lo­kal­chef und Mit­glied der Ver­lags­lei­tung der Bon­ner Ta­ges­zei­tung General-Anzeiger, auf dem Co­ver sei­nes neu­en Werks über Bonn. Das Fo­to­quiz­buch rich­tet sich ins­be­son­de­re auch an Ein­hei­mi­sche, die Bonn gut zu ken­nen mei­nen. Die­se wer­den in We­bers kurz­wei­li­gen Band des Öf­te­ren ei­nes Bes­se­ren be­lehrt. Das hand­li­che Werk be­leuch­tet De­tails der Bon­ner Ci­ty in ei­nem Spiel mit 120 Fra­gen und eben­so vie­len Ant­wor­ten. Farb­fo­tos zei­gen be­kann­te lo­ka­le Mo­ti­ve, Hin­gu­cker und ar­chi­tek­to­ni­sche Schmuck­stü­cke, wie et­wa Skulp­tu­ren im bo­ta­ni­schen Gar­ten am Pop­pels­dor­fer Schloss, die Burg Wis­sem in Trois­dorf oder die Burg Le­de in Beuel-Vilich. Der Le­ser – da­zu an­ge­hal­ten, Fra­gen zu den Fo­to­mo­ti­ven zu be­ant­wor­ten – muss stets ei­ge­ne vi­su­el­le Er­in­ne­run­gen auf mög­li­cher­wei­se be­kann­te Bild­mo­ti­ve über­prü­fen. Erst auf der nächs­ten Sei­te wird der Hin­ter­grund der Bild­mo­ti­ve auf­ge­löst. Auf die­se Wei­se lernt man in der Tat vie­le neue Fa­cet­ten der Bun­des­stadt und ih­rer Um­ge­bung kennen.

Die Ger­ma­nis­tin und His­to­ri­ke­rin Ju­lia An­spach be­schäf­tigt sich in Bonn. Por­trät ei­ner Stadt mit ein­und­vier­zig mehr oder we­ni­ger be­kann­ten Bon­nern, die sie größ­ten­teils auch selbst trifft. Sie por­trä­tiert den ehe­ma­li­gen CDU-Politiker Dr. Nor­bert Blüm, der einst an der Uni­ver­si­tät Bonn den Be­such phi­lo­so­phi­scher Stu­di­en­gän­ge frön­te und hier­über eben­so ger­ne wie über die par­la­men­ta­ri­sche Ar­beit be­rich­tet. Ju­lia An­spach trifft auch Ma­ri­an­ne Pit­zen, die in Bonn 1981 das ers­te Frau­en­mu­se­um der Welt schuf und es bis heu­te lei­tet. Mit der Mu­se­ums­di­rek­to­rin spricht sie über die Uto­pie ei­ner Stadt der Frau­en, die im Mit­tel­al­ter die Fran­zö­sin Chris­ti­ne de Pi­zan in Wor­te fass­te, wäh­rend das Frau­en­mu­se­um sie als in­ter­na­tio­nal an­er­kann­te In­sti­tu­ti­on wei­ter­denkt. Na­tür­lich sind auch zahl­rei­che an­de­re Por­träts von we­ni­ger be­kann­ten Bon­ner Per­sön­lich­kei­ten le­sens­wert, so et­wa vom „Al­le mal malen“-Stadtzeichner Jan Loh oder vom jun­gen, por­tu­gie­si­schen Fri­seur Hu­go Soares. Die Por­träts sind un­ter­schied­lich lang, so er­hal­ten der lo­ka­le Kri­mi­nal­au­tor Wolf­gang Kaes eben­so wie Ober­bür­ger­meis­ter Ashok-Alexander Srid­ha­ran gan­ze sechs Sei­ten, wäh­rend vie­le an­de­re Por­träts sich ne­ben ei­nem ganz­sei­ti­gen Farb­fo­to auf ei­ne Sei­te be­schrän­ken. Für in­ter­es­sier­te Schmö­ke­rer, die ein­zel­ne Ein­rich­tun­gen und Ge­sich­ter der Stadt bes­ser ken­nen­ler­nen wol­len, eig­net sich der kurz­wei­li­ge Band je­doch allemal.

Hand­lich und reich be­bil­dert ist Bäu­me in und um Bonn von Chris­ti­an Gri­sche und Hans Ot­zen. Das Werk ent­täuscht je­doch auf den zwei­ten Blick et­was, liegt doch der Schwer­punkt des Ban­des nicht auf der Be­trach­tung ein­zel­ner ein­drucks­vol­ler Bäu­men an be­son­de­ren Plät­zen Bonns. Nein, es wird viel­mehr auf wis­sen­schaft­li­chem Ni­veau zu­nächst all­ge­mein das Öko­sys­tem Baum und Wald und ei­ne His­to­rie der Baum­be­stän­de vor­ge­stellt, um sich dann aus­führ­lich hei­mi­schen und ein­ge­bür­ger­ten Laub- und Na­del­bäu­men zu wid­men. Doch erst ein­mal ein­ge­le­sen, gibt es im­mer wie­der Quer­ver­wei­se und Fo­tos von be­kann­ten Bäu­men in Bonn und im Um­land, wie et­wa von mäch­ti­gen Pla­ta­nen am Al­ten Zoll, Ross­kas­ta­ni­en in der Pop­pels­dor­fer Al­lee oder weit über hun­dert Jah­re al­ten Stiel­ei­chen und Pla­ta­nen auf dem Al­ten Fried­hof. Der Le­ser er­fährt, wo es in Bonn Lin­den­al­leen zu ent­de­cken gibt und lernt über hun­dert hei­mi­sche, teils auch exo­ti­sche Baum­ar­ten ken­nen. Die Fich­te, Baum des Jah­res 2017 in Deutsch­land, wird in ei­nem ei­ge­nen Ka­pi­tel in fünf un­ter­schied­li­che Ar­ten un­ter­teilt und die Au­toren ver­or­ten un­ter Denk­mal­schutz ste­hen­de Baum­be­stän­de am Go­des­ber­ger Bach na­he der Wat­ten­dor­fer Müh­le und im Kot­ten­forst. Auch dem ge­mei­nen Wa­chol­der, Baum des Jah­res 2017 in Ös­ter­reich, wid­met sich ein ei­ge­nes Ka­pi­tel und der Band weiß zu be­rich­ten, dass auf dem Ge­län­de der Burg En­de­nich ein denk­mal­ge­schütz­ter Wa­chol­der­baum weit über 70 Jah­re alt ist. Ei­ne Über­sicht über Bon­ner Parks run­det den ins­be­son­de­re für Baum­lieb­ha­ber in­for­ma­ti­ven und le­sens­wer­ten Band ab.

Rolf Sachsses opu­len­ter, groß­for­ma­ti­ger Bild­band Bonn. Von der Rhein­rei­se zu den Ost­ver­trä­gen. Fo­to­gra­fien 1850-1970 ver­eint rund 400 Fo­to­gra­fien des his­to­ri­schen Bonn. Ganz­sei­ti­ge Schwarzweiß-Fotografien zei­gen Stadt­bil­der aus der Kai­ser­zeit, aus Kriegs­zei­ten, von Wie­der­auf­bau, von Über­flu­tun­gen durch den Rhein oder von ehe­ma­li­gen lo­ka­len Fa­bri­ken, Stadt­hal­len und An­la­gen. Es ver­mit­teln sich so le­ben­di­ge Ein­drü­cke von ei­ner Stadt, die sich in ih­rem Stadt­bild, ih­rer In­fra­struk­tur und ih­rer Be­völ­ke­rungs­dich­te sehr ent­wi­ckelt hat. Auf vie­len Fo­tos sieht man wei­te Na­tur­land­schaf­ten, die heu­te dicht be­sie­delt sind, so et­wa bei Fo­to­gra­fien von der Rui­ne der Go­des­burg aus den 1850er Jah­ren. Ei­ni­ge Wahr­zei­chen der Stadt, wie et­wa die Rhein­brü­cke nach Beu­el, ha­ben sich ver­än­dert. Im­mer wie­der ist je­doch auch ein­drucks­voll, dass sich ei­ni­ge Ge­bäu­de, Denk­mä­ler und Mo­nu­men­te bis heu­te kaum ge­wan­delt ha­ben, wie et­wa das Bon­ner Müns­ter oder das Pop­pels­dor­fer Schloss, die einst auch teil­wei­se im Krieg zer­stört wurden.

Be­spro­che­ne Werke:

Sa­scha Be­cker, Diana-Isabel Schef­fen, Sa­rah Schön­feld, Kirs­ten Schwar­zer, Eva Stann­igel | End­lich Bonn!
Ta­schen­buch, 260 Seiten
EUR: 15,90
rap ver­lag, 2016
ISBN: 9783942733328
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Mar­kus Bin­gel | Ci­ty Trip Bonn
Ta­schen­buch, 144 Seiten
EUR 11,95
Rei­se Know-How Ver­lag Pe­ter Rump GmbH, 2016
ISBN 9783831728329
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Hans-Dieter We­ber | Ken­nen Sie Bonn und sein Um­land? (Foto- und Quizbuch)
Ta­schen­buch, 160 Seiten
EUR 9,99
Lem­pertz Edi­ti­on und Ver­lags­buch­hand­lung, 2017
ISBN: 9783945152621
Wei­te­re Infos

Ju­lia An­spach | Bonn. Por­trät ei­ner Stadt
Ta­schen­buch, 192 Seiten
EUR 14,95
Gmeiner-Verlag GmbH, 2016
ISBN: 9783839219881
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Chris­ti­an Grie­sche, Hans Ot­zen | Bäu­me in und um Bonn
Ta­schen­buch, 264 Seiten
EUR 14,95
Lem­pertz Edi­ti­on und Ver­lags­buch­hand­lung, 2010
ISBN: 9783941557536
Wei­te­re Infos

Rolf Sachsse | Bonn. Von der Rhein­rei­se zu den Ost­ver­trä­gen. Fo­to­gra­fien 1850 – 1970
Ge­bun­den, 288 Seiten
EUR 39,90
Gre­ven Ver­lag, 2016
ISBN: 9783774306431
Wei­te­re Infos 

Die­ser Bei­trag er­schien erst­mals am 18.04.2017 auf Kul­tu­ra Ex­tra.

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