Eines direkt vorweg: Ja, sie hat. Sie hat natürlich den Gag mit dem schottischen Wetter gemacht. Der ganze verregnete Tag schrie ja geradezu danach. Und was soll man sagen: Er regnete – wie der Tag es vermuten lies – das gesamte Konzert über.
Der Blick auf den Regenradar war im Vorfeld ein wichtiges Hilfsmittel. Der General-Anzeiger brachte am Mittag flugs noch einen Artikel über die zu erwartende Schlammschlacht auf dem Kunst!Rasen in der Rheinaue. Knirps-Schirme erlaubt, bitte entsprechende – auch warme – Kleidung etc. Auf Facebook kamen Anfragen aus Mannheim, ob das Konzert denn überhaupt stattfinden würde. Es fand.
Vorbereitung Nummer zwei: Schon mal schauen, was Amy so in den Konzerten zuvor gespielt hatte. Schnell eine exakte Playlist bei Spotify erstellt und in Dauerrotation den Tag über gehört. Schön.
Absolutes Muss Nummer drei: Wer um Himmels Willen ist diese Vorband? Schnell mal Google bemüht. Ein ebenso schottischer Künstler und Singer Songwriter– wenn auch nicht direkt am Namen zu erkennen – namens Lewis Capaldi. Sein Song „Bruises“ wurde fast 15 Millionen Mal gespielt. Wow.
Gut ausgerüstet ging es also in die Rheinaue zum letzten Konzert der diesjährigen Kunst!Rasen-Reihe. Das Wetter: Hielt was es versprach. Wie an Fäden prasselte es auf die Besucher an der Bühne. Weiter hinten war der Boden sogar noch halbwegs begehbar. Weiter vorne wurde es dann eher schlammig.
Der ein oder andere Besucher hatte das mit dem Wetter wohl „nicht auf dem Schirm“. Neben leichten Turnschuhen gab es auch einige Chucks (sogar in Weiß) und Menschen ohne Regenschutz zu bestaunen. Haken dran. Genug über das Wetter. (vorerst)
Ein schottischer Liederabend also. Überhaupt, so stelle ich später fest, habe ich offenbar einen fable für schottische Bands. Ob Travis, Runrig, Simple Minds, Big Country, Texas, Biffy Clyro, Paolo Nutini oder Rod Stewart (immerhin Halbschotte und Celtic-Fan): Wunderbare Künstler mit durchweg internationalem Erfolg.
Lewis Capaldi darf eröffnen. Sein Repertoire ist noch nicht umfangreich, aber gerade seine beiden Spotify Songs haben es in sich. Man darf gespannt sein, wie die Karriere des 20jährigen weiter verlaufen wird. Während der oben erwähnte Paolo Nutini bisher eher ein Geheimtipp blieb, könnte Capaldi auch größere Fangemeinden finden.
Umbaupause. Dauerregen. Mal stärker, mal weniger. Das Publikum – der Veranstalter vermutet um die 5.000 – nimmt es rheinisch gelassen. Et kütt wie et kütt. Holen wir uns noch ein Kölsch? Ja.
Es geht los. Amy eröffnet mit „Under Stars“ vom aktuellen gleichnamigen Album. Sterne werden wir allerdings heute hier nicht zu sehen bekommen. Amy sucht direkt die Ansprache an das Publikum, möchte sich mitteilen und bringt – natürlich möchte man fast sagen – den „Scottish summer“ Gag.
Es folgen in 90 Minuten, in denen Amy Macdonald mit Ihrer 5-köpfigen Band vor allem das aktuelle Album berücksichtigt (7 Songs) und natürlich alle bekannteren Lieder einstreut. Zwischen den Liedern immer wieder kleine, sympathische Ansprachen und Anekdoten aus ihrem Leben als Künstlerin. Wie sie sich beispielsweise das Gitarrespielen mit 12 selber beibrachte, wie sie Travis bei einem Festival dazu inspirierte und dass das „Rockstar“-Leben doch ziemlich überbewertet würde. Zwischendurch noch Werbung für den Merchandise Stand, wo es ihre schönen Teetassen zu erwerben gibt. Auch als „Regensammler“ geeignet.
Das alles in „schaurig-schönem“ schottischen Akzent, den sie dann auch selber auf die Schippe nimmt. („Immer dasselbe: Entweder die Zuschauer sind zu laut, um mich zu verstehen oder es ist mein Akzent.“)
Und dann ist da ja noch eben diese Stimme. Man sagt ja, Künstler werden dann erfolgreich, wenn sie einen Wiedererkennungswert in der Stimme haben. Hat sie. Und wie. Jeder Ton sitzt – bis zu dem einen Moment, wo sich eine große Spinne auf Ihr Mikrofon setzte und sie abrupt kurz inne halten muss. (Klingt jetzt hier irgendwie komisch, ist aber in der Tat genau so passiert, wie sie selber nach dem Song erklärte….)
Bei „4th of July“, einer Akustik Version, kann sie ihre Stimme dann noch besser in Szene setzen. Gänsehaut. (Und das eben NICHT wegen der immer niedriger werdenden Temperaturen.)
Weiter geht es. Der Regen wird mal wieder stärker. Die kleinen Bäche, die vom Bühnendach vorne in den Graben stürzen, wirken, wenn ein Scheinwerferlicht sie „künstlerisch“ hervorhebt, als wären sie Teil einer genialen Wassershow. Sind sie aber nicht. Die Menge freut sich und klatscht.
Das Konzert plätschert so dahin möchte man sagen und das ist hier nicht negativ gemeint. Denn klar ist auch, dass wir es hier mit einer professionellen Band zu tun haben, die gekonnt und ohne vielerlei Firlefanz durch den Abend spielt. Das hat fürs Publikum auch Vorteile: Die Radiosongs haben alle maximal vier Minuten und so kann Amy Macdonald am Ende ganze 19 Songs performen.
Drei Zugaben und nach fast exakt 90 Minuten ist Schluss. Der Regen ist geblieben und als die Lichter an der Bühne angehen, klingt aus den Boxen passend für den nach Hause Weg Travis: „Why does it always rain on me?“. Den Song hatte Amy zwischendurch auch kurz angesungen. Es war eben der Tag der Regen-Gags. Egal. Schön wars.
Setlist:
https://www.setlist.fm/setlist/amy-macdonald/2017/kunstrasen-bonn-germany-be589d2.html