Uschi Fuchs, Chris­ti­ne Krauß und Ute Lan­ge lu­den am 8. April zum ers­ten Li­te­ra­tur­camp in NRW. Ein Li­te­ra­tur­camp ist ei­ne öf­fent­li­che Ta­gung, wo Er­fah­run­gen im Zu­sam­men­hang mit Li­te­ra­tur aus­ge­tauscht wer­den. In der Bon­ner Volks­hoch­schu­le gab es an die­sem Sams­tag zahl­rei­che in­for­ma­ti­ve Vor­trä­ge und leb­haf­ten Aus­tausch. Et­wa 120 Teil­neh­mer ka­men aus ganz NRW und von wei­ter her. Als be­geis­ter­ter Viel­le­ser, der be­reits in zwei Le­se­krei­sen über neue Bü­cher dis­ku­tiert, war ich na­tür­lich da­bei. Be­reits bei der Vor­stel­lung mach­te ich mir Ge­dan­ken, war­um ich so ger­ne und so viel le­se. Denn hier galt es die Sät­ze „Li­te­ra­tur in­ter­es­siert mich, weil…“, „Ich le­se ge­ra­de…“ und „Mich be­schäf­tigt ge­ra­de…“ zu ver­voll­stän­di­gen. Die zweit­ge­nann­te Fra­ge war am leich­tes­ten zu be­ant­wor­ten, weil ich Tho­mas Mel­les Die Welt im Rü­cken (2016) so­gar vor­zei­gen konn­te. Auf die Ses­si­onpla­nung folg­te die Qual der Wahl, gab es doch in sie­ben Räu­men par­al­lel in­ter­es­san­te Angebote.

Luncht mit eu­rem Romanhelden

Auf zur Sessionplanung

Als ers­te Ses­si­on be­such­te ich ei­nen Vor­trag von Mi­cha­el Schä­fer zum aus­ge­feil­ten Cha­rak­ter­de­sign von Fi­gu­ren in ei­nem ge­lun­ge­nen Ro­man; hier nach­zu­le­sen. Stellt euch vor, ihr wür­det mit eu­rem Ro­man­hel­den zu Mit­tag es­sen – wie wür­de die­ser wir­ken oder sich ver­hal­ten? Ei­ne emo­tio­na­le Ver­fas­sung der Cha­rak­te­re soll­te glaub­haft sein. Kennt ihr euch gut, so kennt ihr auch eu­re Ro­man­fi­gur, hieß es et­wa. Ein­di­men­sio­na­le Fi­gu­ren lang­wei­len. Nur zu wahr, be­den­ke ich mei­ne letz­ten Kri­mi­lek­tü­re­er­leb­nis­se von et­wa dem Best­sel­ler­au­tor Jean Luc-Bannalec.

Gag-Schreiben nach Regeln

Gag­schrei­ben mit Re­na­te Coch

Spä­ter ver­such­te ich mich in ei­ner Ses­si­on von der Ka­ba­ret­tis­tin und Diplom-Psychologin Re­na­te Co­ch am Gag-Schreiben. Von drau­ßen drang Blas­mu­sik in un­se­ren Raum, in dem schwe­re Ge­dan­ken in der Luft wa­ber­ten. Denn das spä­ter Vor­ge­tra­ge­ne soll­te ja poin­ten­reich sein, auf fal­sche Fähr­ten lo­cken, ei­ne un­lo­gi­sche As­so­zia­ti­ons­ket­te bil­den und über­ra­schend ab­kni­cken. Vie­le vor­ge­stell­ten Ideen hin­gen in ei­nem Zu­sam­men­hang mit der manch­mal gar all­zu aben­teu­er­li­chen An­rei­se zum Bar­camp. Hier ein ei­ge­ner Gag-Versuch. Es darf ver­hal­ten ge­schmun­zelt wer­den. :-) Üb­ri­gens kann Re­na­tes On­line­kurs zum Gag­schrei­ben kos­ten­frei abon­niert wer­den.

Di­gi­ta­le Trauerbewältigung

Die Ses­si­ons im Überblick

Auf das Lus­tig­sein kommt di­rekt die Trau­rig­keit, dach­te ich mir dann zu­sam­men mit Re­na­te. Ich be­such­te mit ihr ei­ne Ses­si­on bei Ro­bert Klo­he zur di­gi­ta­len Nach­lass­ver­wal­tung. Wir dis­ku­tier­ten über Trau­er­be­wäl­ti­gung durch das In­ter­agie­ren im so­ge­nann­ten Se­cond Life, was ich bis da­to noch nicht kann­te. An­de­re vir­tu­el­le Ava­tare kön­nen ei­nen in der Trau­er un­ter­stüt­zen, denn auch da­hin­ter ste­hen an­de­re Men­schen, so Ro­bert. Wei­te­re The­men wa­ren die Mög­lich­keit ein di­gi­ta­les Tes­ta­ment für das ei­ge­ne Facebook-Profil oder so­gar für al­le ei­ge­nen Online-Accounts zu ver­fas­sen. Hier soll­te man am bes­ten zwei Per­so­nen be­stim­men, die über di­gi­ta­les Know-How ver­fü­gen: Ei­nen Ver­wand­ten und ei­nen Freund. Wir ka­men schließ­lich dar­über über­ein, dass es in an­de­ren Län­dern ei­ne an­de­re Trau­er­kul­tur gibt, als in Deutsch­land. In Deutsch­land sei es eher un­üb­lich, mehr als zwei Wo­chen der Ar­beit we­gen der ei­ge­nen Trau­er fern­zu­blei­ben. Da­nach wür­de ei­nem oft ei­ne The­ra­pie na­he­ge­legt. Des­halb wür­de vie­le Men­schen heut­zu­ta­ge das In­ter­net auf­su­chen, um hier in Fo­ren oder im Se­cond Life ein Ven­til für die ei­ge­ne Trau­er zu fin­den. Man darf ge­spannt sein: Ro­bert möch­te zum The­ma ein Buch ver­öf­fent­li­chen. Re­na­te emp­fiehlt schließ­lich die Aus­stel­lung „Der in­sze­nier­te Ab­schied: Tod und Jen­seits“ im Köl­ner Rautenstrauch-Joest-Museum, um sich mit an­de­ren An­sät­zen und Mög­lich­kei­ten der Trau­er­kul­tur auseinanderzusetzen.

Sa­ti­re – Schrei­be, um dei­ne Stadt zu verändern

Ei­ne Ses­si­on, auf die ich mich den gan­zen Tag schon ge­freut ha­be, war dann je­ne von Bundesstadt-Kollege Se­bas­ti­an Eckert. Die sin­ken­de Me­di­en­viel­falt und Sta­gna­ti­on in vie­len Be­rei­chen der ach so schla­fen­den Stadt Bonn ver­lei­te­te ihn da­zu, die Sa­ti­re­b­logs Rhein­au­en­schrei­ber und Rhei­ni­sche Ta­ges­post zu grün­den. Hier mel­den sich so­ge­nann­te be­sorg­te Bür­ger zu Wort, um die neu­es­ten Pres­se­mel­dun­gen der Bun­des­stadt zu kom­men­tie­ren. Au­toren wie Kor­ne­li­us Wro­bel wir­ken mit ei­ge­nem Face­book­pro­fil und Bundesstadt-Seite nur all­zu mensch­lich. Er be­rich­tet et­wa, war­um Chuck Nor­ris ei­nen Bad Godesberg-Urlaub ab­sagt, weil die­ser „zu ge­fähr­lich“ sei. Ob­wohl die Blogs mit vie­len Fans und be­mer­kens­wer­ten Be­su­cher­zah­len bei­na­he eta­bliert in Bonn sind, gibt es im­mer wie­der vie­le Men­schen, die auf das pro­fes­sio­nell auf­ge­mach­te Zei­tungs­for­mat her­ein­fal­len. Sie kom­men­tie­ren die Sa­ti­re­mel­dun­gen dann ernst­haft, so auch zum wie­der­hol­ten Ma­le ich.

Spon­ta­ni­tät und Phan­ta­sie beim Impro-Workshop…

Impro-Theater mit Axel Bungert

Zu­letzt war ich in ei­ner Ses­si­on, bei der Axel Bun­gert vom frei­en Im­pro­vi­sa­ti­ons­thea­ter Tau­ben­hau­cher al­le Teil­neh­men­den zu spon­ta­nen Übun­gen ein­lud. Je­der durf­te sei­nen Nach­barn mit le­ben­di­ger Ehr­furcht vor­stel­len. Es gab al­ler­lei schrä­ge Vö­gel, Bank­räu­ber, und Ex­pe­ri­men­tier­ge­nies zu be­stau­nen. Brit­ta Kret­sch­mar zu­fol­ge bin ich mit mei­nem Sko­da ein ge­fürch­te­ter Renn­fah­rer. Ich selbst er­kann­te in Ste­pha­nie Braun ei­ne schil­lern­de Mez­zo­so­pra­nis­tin, die ich seit zwei­hun­dert Jah­ren an der Oper be­wun­de­re. Spä­ter gab es – nach Mi­cha­el Schä­fers Fi­gu­ren­auf­stel­lun­gen für ge­lun­ge­ne Ro­ma­ne am Mor­gen – rea­le Auf­stel­lun­gen. Le­ben­di­ge und fol­gen­schwe­re Dra­men wur­den ge­deu­tet und er­kannt. Und mir ent­fuh­ren bei­spiels­wei­se Sät­ze wie „Ich möch­te euch fres­sen…“ an rea­le Da­men im Raum, was mir selbst ei­ne höchst ver­ständ­li­che Furcht einflößte.

Im­pro­vi­sa­ti­ons­kunst in der VHS

Be­schlos­sen wur­de der viel­schich­ti­ge Tag durch ei­ne ex­klu­si­ve und emo­ti­ons­rei­che Impro-Theater-Vorstellung von Axel und Ga­bi (Tau­ben­hau­cher). Wei­te­re Part­ner und Spon­so­ren, die das ers­te Li­te­ra­tur­camp erst mög­lich mach­ten, sind die Bon­ner Volks­hoch­schu­le, Bonn.digital, be, 17 Zie­le, die Trio Ser­vice GmbH, der Kid Ver­lag, Text Lek­to­rat Köln, der Rhein­werk Ver­lag, trai­ning Bonn und Tha­lia. In die­sem Sin­ne, ein herz­li­ches Dan­ke­schön auch an die Ses­sion­an­bie­ter für den un­ver­gess­li­chen Tag.

Mehr In­fos. Al­le Fo­tos: as

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