Am Bonner Schauspiel bebt und tost es… – Der letzte Rückblick ist noch aus dem vergangen Jahr. Seitdem erblickten wieder viele neue Produktionen das Licht des Stadttheaters. Auf lokalen Bühnen laufen derzeit viele spannende und einige weniger spannende Produktionen. Doch schmökert selbst in meinen gesammelten Theatereindrücken von 2018:

Abschlussapplaus für ‚La Traviata‘ an der Oper Bonn (c) as

Giuseppe Verdis La Traviata an der Oper Bonn. Nächste Vorführungen am 10. und 21. Mai

Verdis Oper von 1853 beruht auf Alexandre Dumas Roman Die Kameliendame (1848), dem wiederum das reale Schicksal der Marie Duplessis (1824-1847) als Vorlage diente. Im Mittelpunkt von La Traviata (Italienisch für „Die vom Wege abgekommene“) steht die Kurtisane Violetta Valéry, die von einer todbringenden Krankheit gezeichnet ist. Die bekannten Arien und Duette aus Verdis vielleicht schönster Oper werden glanzvoll und meist wahrhaft formvollendet mit perlendem Nachdruck dargeboten. Zur Besprechung

Philip Glass Echnaton an der Oper Bonn. Nächste Vorführung am 29. April

Echnaton führt eine spirituelle Kriegsführung monotheistischer Religionen mit Witz, Detailreichtum und musikalischem Drive stimmungsvoll vor Augen und zeigt dabei, dass auch die christliche Bild- und Symbolwelt mit militärischen Bildern durchsetzt ist. Zur Besprechung

Abschlussapplaus für ‚Figaros Hochzeit‘ an der Oper Bonn (c) as

W. A. Mozarts Figaros Hochzeit an der Oper Bonn. Nächste Vorführungen am 5., 12. und 17. Mai

Im Großen und Ganzen inszeniert Aron Stiehl Mozarts vieraktige opera buffa recht tempo- und detailreich, indem er intime Momente eindrücklich mit vieldeutigen Gesten der Figuren auflädt und effektvoll auch choreographische Elemente in den Handlungsverlauf einbettet.
Zur Besprechung

Ödön von Horváths Zur schönen Aussicht an den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführungen am 6., 18., 27. und 30. Mai
Der österreichisch-ungarische Schriftsteller von Horváth schuf 1926 ein Volksstück mit schrägen Charakteren und sarkastischem Potential, das Dummheit, Selbstsucht und Gefühlskälte in einer verhärteten und desillusionierten Gesellschaft liebevoll entlarvt. Obwohl Regisseur Sebastian Kreyer mit seiner Adaption besonders schräg und abstrus sein möchte und insbesondere am Ende das Ganze schrill übertreibt und überfrachtet, ist die Vorführung insbesondere aufgrund der Spielfreude des Ensembles über weite Strecken äußerst unterhaltsam. Zur Besprechung

Jean-Paul Sartres Die schmutzigen Hände an den Kammerspielen Bad Godesberg. Nächste Vorführung am 28. April

Der französische Philosoph Sartre schrieb das Drama (Orig.: Les mains sales) 1948, und es spielt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Dabei geht es um Fragen, die heute zunächst sehr verkopft und antiquiert wirken: Das Ideal der reinen Lehre der Partei wird einem politischen Pragmatismus, der sich mit den Gegebenheiten arrangieren möchte, gegenübergestellt. Es geht um Klassenzugehörigkeit und den Versuch diese zu verlassen, um eine idealistische Heimat zu finden. Marco Štorman adaptiert die Vorlage effektvoll mit wenigen Requisiten und provokanten Bildern. Zur Besprechung

Lukas Linders Supergutman in der Werkstatt. Nächste Vorführungen am 15. und 19. Mai

Das albern-widersinnige Figurenkabinett bewegt sich gegen Ende teilweise gespenstisch wie Aliens umhergeisternd. Supergutman ist im Großen und Ganzen Klamauktheater auf recht bescheidenem Niveau, das allenfalls thematisiert, wie leicht man sich durch allzu gewissenhafte Nachbarschaftsdienste überfordern kann und wie wenig einem die Bemühungen möglicherweise gedankt werden. Die Erkenntnis, dass Menschen Hilfe ausnutzen und aneinander vorbeireden ist ebenso banal wie das Stück selbst. Zur Besprechung

Hans Falladas Jeder stirbt für sich allein an den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführungen am 26. und 29. April
Sandra Strunz inszeniert die, einer realen Begebenheit nachempfundene Geschichte um ein mutiges Ehepaar in der NS-Zeit höchst experimentell, effektbeladen und leider etwas unstimmig. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf tänzerischen Bewegungen. Dem Widerstand wird in Strunz Inszenierung vor allem in Dialogen miteinander und zuletzt in wortreichen Monologen Ausdruck gegeben. Es wird viel geschrien, und leider gerät das Drama mit dreistündiger Spieldauer deutlich zu lang. Zur Besprechung

Thomas Melles Der letzte Bürger an den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführung am 5. Mai
In Melles am Theater Bonn uraufgeführtem Der letzte Bürger spielt in das private Familiengeschick stets eine politische Ebene hinein. Das Drama behandelt mit dem Niedergang der DDR verlorene Utopien einer vorangegangenen Generation. Ein Vater, der mit seinem Leben abgeschlossen zu haben scheint, wird heimgesucht und mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Neben die vom Vater verklärte politische Vergangenheit kündigt sich eine neue, aber nicht minder brutale Gegenwart in der Politik an. Zur Besprechung

Nō Nō Nō von Gavin Quinn und Ensemble in der Werkstatt. Nächste Vorführung am 18. Mai
Inspiriert vom traditionellen japanischen Nō-Theater und der gemeinsamen Probenarbeit mit den Schauspielern schuf Gavin Quinn eine über weite Strecken unterhaltsame Komödie, welche die Künstlichkeit, Einsamkeit und den schönen Schein des amerikanischen Traums am Beispiel eines Supermarktteams zelebriert. Zur Besprechung

Abschlussapplaus für das Slowenisches Nationalballett an der Oper Bonn (c) as

TanzgastspieleAls nächstes Sum Thoughts am 15. und 16. Mai im Bonner Opernhaus.

Ich besprach zuletzt Symphony of sorrowful songs/ Cacti vom Slowenisches Nationalballett, Dark Meadow Suite/ Ekstasis/ Mosaic und Chronicle von der Martha Graham Dance Company und Der Nussknacker vom Ballett Dortmund.

Charles Ways Verschwunden in der Werkstatt. Nächste Vorführung am 25. April

Liebevoll zeichnet Regisseur Theo Fransz das perspektivlose und von unterschwelligen Aggressionen durchwobene Milieu einer Unterschichtsfamilie. Er adaptiert Charles Ways Drama Verschwunden (frei nach dem Grimm’schen Märchen Hänsel und Gretel) als verhängnisvolle Familiendynamik. Mit wenigen, effektvoll eingesetzten Requisiten entspinnt sich ein fesselndes Kammerspiel am Theater Bonn. Zur Besprechung

Abschlussapplaus für die Martha Graham Dance Company mit ‚Dark Meadow Suite‘ an der Oper Bonn (c) as

Alle Fotos vom jeweiligen Abschlussapplaus (c) Ansgar Skoda

2 Kommentare

KOMMENTIEREN

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein