Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni hatte die in Bonn ansässige UNO-Flüchtlingshilfe zu einer bundesweiten Blogparade aufgerufen. An der online Parade haben sich auch einige Bonner Blogger beteiligt, darunter Maxim Loick. Sein #WithRefugees Beitrag endet mit dem Call to Action: „So, und wenn Du selbst vielleicht auch noch eine Kleinigkeit tun möchtest,
a) schreib auch einfach eine Blogpost und
b) unterzeichne wenigstens die Petition der UNO Flüchtlingshilfe.“
Ich schließe mich Maxim an und möchte noch NICHT NUR am Weltflüchtlingstag hinzufügen. Denn die weltweit 22,5 Millionen geflüchteten Menschen benötigen Schutz, Solidarität und Mitgefühl an allen Tagen im Jahr.
Bonn bietet vielerlei Möglichkeiten zur menschlichen Begegnung und Austausch mit unseren neuen Nachbarn. Das sind sehr nette und faszinierende Menschen mit oft erstaunlichen Fähigkeiten und Talenten. Jeder hat seine eigene Geschichte. Auch sie möchten ihre neuen Nachbarn kennen lernen, Deutsch lernen und praktizieren, studieren und arbeiten, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ein produktiver Teil der Gemeinschaft werden. Dies bestätigt auch eine Ende 2016 von der Tent Foundation veröffentlichte Umfrage von Flüchtlingen in Deutschland, Griechenland und Jordanien.
Einige Geflüchtete, die ich persönlich kennen gelernt und lieb gewonnen habe, stammen aus Afghanistan. Deshalb habe ich meinen Bonnections Beitrag zur Blogparade auf die Situation von afghanischen Flüchtlingen in Deutschland und Pakistan konzentriert. Die Regierungen beider Länder betrachten Afghanistan als ein sicheres Herkunftsland und wollen sie dorthin zurückschicken.
Bei dem Bombenattentat am 31. Mai in der Nähe der deutschen Botschaft in Kabul starben über 150 Menschen und mehr als 450 wurden verletzt. Die Bundesregierung hat daraufhin die Abschiebungen nach Afghanistan vorläufig ausgesetzt. Das Auswärtige Amt soll bis Juli eine neue Bewertung der Sicherheitslage vornehmen. So genannte Gefährder und Straftäter sowie Menschen, die sich der Identitätsfeststellung verweigern, sollen jedoch weiter abgeschoben werden. Kirchen, Flüchtlingsräte und Menschenrechtsorganisationen fordern dagegen einen dauerhaften, vollständigen Abschiebestopp.
Zur Einschätzung der Sicherheitslage und aktuellen Situation der afghanischen Flüchlinge in Pakistan habe ich am 19. Juni beim DW Global Media Forum ein Interview mit Said Nasir Afridi geführt. Er ist ein pakistanischer Journalist und Mitgründer des Tribal News Networks. In dem Podcast könnt Ihr mehr über die innovative Media Startup erfahren, die sich nicht nur für digitale Inklusion und Informationsfreiheit stark macht, sondern auch für Menschen- und Frauenrechte und junge Journalistinnen ausbildet.
Die meisten Flüchlinge, die in den Tribal Areas im Grenzgebiet zu Afghanistan leben, sind Paschtunen wie er. Viele leben seit Jahrzehnten in Pakistan, sind teils dort geboren und haben sich Existenzen aufgebaut.
Wir freuen uns, dass Said Nazir Afridi heute Abend bei dem Cultural Evening with Pakistani Poetess Nasira Zuberi mit dabei sein wird. Die Veranstaltung mit der prominenten Journalistin und Dichterin, die im April ihren dritten Gedichtsband veröffentlicht hat, ist zugleich die Auftaktveranstaltung des Rhein-Indus Forums.
WAS: Kultureller Abend und Lesung mit der pakistanischen Dichterin Nasira Zuberi
WANN: 22. Juni 2017, 19 – 22 Uhr
WO: BonnLab, Zingsheimstr. 2, 53225 Bonn-Beuel
Im Westen gilt Pakistan als ein gefährliches, von Terror und Extremismus gebeuteltes Land, doch es gibt auch eine ganz andere Seite. Pakistan hat eine vibrierende Kunst- und Kulturszene.
Neben Zuberi werden weitere Autoren und Gedichte in Urdu, Farsi, Arabisch und Deutsch vorgestellt. Einer von ihnen ist der syrische Dichter Mohamad Raffi, der aus Aleppo stammt und in Bergisch-Gladbach lebt. Außerdem wird Prof. Dr. Aslam Syed das Rhein-Indus Forum vorstellen, dessen Gründungspräsident er ist.
Der Indus ist die Lebensader Pakistans. Aus dem Himalaya schneidet sich der Fluss über 3000 km seinen Weg bis zum Arabischen Meer. An seinen Ufern haben zahlreiche Kulturen ihre Spuren hinterlassen, wie bei uns am Rhein.
Pakistan ist nach der Türkei das Land mit meisten Flüchtlingen in der Welt. Nach UNHRC-Angaben leben dort 1,4 Millionen als Flüchtling registrierte Menschen. Die Mehrzahl ist afghanischer Herkunft. Insgesamt sind aus Afghanistan 2,5 Millionen Menschen geflohen vor Krieg und Terror und die Hoffnung auf ein besseres, sicheres Leben.
Seit 2015 haben mehr als 260.000 Afghanen in Deutschland Antrag auf Asyl gestellt. Während die Anerkennungsquote von afghanischen Asylsuchenden 2015 noch bei 77,6 Prozent lag, wurden letztes Jahr 40 Prozent der Anträge abgelehnt.
Ein Freund von mir hat Anfang des Jahres einen Ablehnungsbescheid vom BAMF erhalten. Er ist ein junger afghanischer Flüchtling, der seit rund zwei Jahren in Bonn lebt. Ich habe ihn in der Raghsa Dance with Refugees Gruppe kennengelernt. Das ist eine lockere Truppe von Neuankömmlingen aus verschiedenen Ländern und Einheimischen mit und ohne Migrationshintergrund, die sich letztes Jahr in der Altstadt gebildet hat und zusammen tanzt.
B. spricht mittlerweile hervorragend Deutsch und hat vor kurzem eine Ausbildung als Koch begonnen. Wir haben uns sehr gefreut für ihn und hoffen, dass er sie erfolgreich beenden und in Deutschland bleiben kann.
Vor einem Jahr haben wir am Wochenende vor dem Weltflüchtlingstag einen Dance Flash Mob in der Bonner Innenstadt gemacht. Zu Beginn gab es einen theatralischen Teil, der Krieg, Vertreibung und Flucht darstellte.
Es wurde überlegt, ob wir dieses Jahr wieder einen Fach Mob zusammen sollten, um humanitäre Solidarität mit Geflüchteten weltweit tänzerisch zum Ausdruck zu bringen – diesmal mit einer Abschiebungsszene.
Das hat terminlich nicht geklappt, doch einige Raghsa Dancers haben an dem Friedensmarsch vergangenen Samstag in Köln teilgenommen unter dem Motto „Nicht mit uns“ – Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror.
Die Demo haben die Islamwissenschafterlin Lamya Kaddor und der muslimische Friedensaktivist Tarek Mohamad initiiert. Nach Angaben der Veranstalter haben 3.000 Menschen teilgenommen. Es war mit bis zu 10.000 Teilnehmern gerechnet worden.Trotz der geringen Teilnehmerzahl betrachten sie die Aktion als einen Erfolg. Das Ziel sei gewesen, ein Zeichen zu setzen.
„Wir konnten mit dieser ersten Demonstration auch einen wichtigen Anstoß geben“, sagte Kaddor am 20. Juni dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir Muslime möchten uns an der Zivilgesellschaft in Deutschland beteiligen. Und das ist ja schon deutlich geworden.“