Organisiert vom „Magischen Zirkel Bonn“ finden seit 2010 unter dem Motto „SimsalaBonn“ die Bonner Zauberwochen statt. Die bunte Mischung unterschiedlicher Shows mit Künstlern aus Bonn und der Region, sowie internationalen Stars bietet magische Unterhaltung für Jung und Alt. Neben den Kleinkunstabenden gibt es auch zwei große Gala-Shows voller verblüffender Momente und eine besondere Show, in der die Magie zum Greifen nah ist.
Im Vorfeld der anstehenden Bonner Zauberwochen (25.03. bis 08.04.) sprach ich mit dem Bonner Patrick Lehnen (34), seines Zeichen amtierender Europameister.
bundesstadt.com (bscom): Lieber Patrick, danke für die Zeit für dieses Interview! Wir haben uns jetzt fast 11 Jahre nicht gesehen. Damals aber – das weiß ich – hast Du auch schon mit Karten rumgespielt und hattest Sie auch in der Berufsschule dabei. War das in etwa die Zeit, in der Du auf den Geschmack gekommen bist?
Patrick Lehnen (PL): Ja genau, das war wirklich vor etwa 11 Jahren. Ich stieß zufällig auf ein Kartentrick-Video, und fand das so faszinierend, dass ich es mir so oft angeschaut habe, bis ich irgendwann eine Idee hatte, wie das ganze wohl funktioniert haben könnte. Diese Faszination des Analysieren und Rekonstruierens sprach mich sehr an, und so wendete ich mich weiteren Vorführ-Videos zu, um auch deren Geheimnisse zu lüften.
Aber bald reichte es mir nicht, nur ungefähr zu wissen, wie der Trick ging, ich wollte es selbst ausprobieren. Und so kaufte ich mir mein erstes eigenes Kartenspiel und begannt mich regelrecht auszutoben. Ein ganzes Jahr lang übte ich neue Griffe und Techniken, und war kaum ohne Kartenspiel in der Hand anzutreffen.
Jedoch wurde mir irgendwann klar, dass eine gewisse Fingerfertigkeit zwar notwendig, jedoch nur ein kleiner Teil des Ganzen ist, wenn man mit der Zauberei weiter kommen möchte.
bscom: Was bedeutet das genau?
PL: Nach und nach – zum Teil durch den Austausch mit Kollegen, das besuchen von Workshops oder das studieren von Fachliteratur – lernte ich alle die verschiedenen Facetten und Bereiche kennen, und fühlte mich mit diesem Hobby immer wohler, wo es doch so viel zu lernen und auszuprobieren gab, und immer neue Wege sich zu entfalten.
Man denkt ja gern, es sei einfach nur ein „Trickgeheimnis“ notwendig. Aber die Präsentation, die Dramaturgie und teilweise auch Choreografie sind viel wesentlichere Aspekte einer Zaubershow. Insbesondere wenn man eben nicht nur „Zaubertricks“ sondern „Zauberkunst“ praktizieren möchte. Und genau dieses Ziel verfolge ich nun schon seit einigen Jahren.
bscom: Wie lange braucht man, um „richtig“ gut zu sein?
PL: Bei mir hat es tatsächlich nur ein Jahr gedauert, bis ich auch kompliziertere Techniken sauber meistern konnte. Aber wie einleitend schon erwähnt reicht es nicht, fehlerfreie Techniken auszuüben, um ein guter Zauberer zu sein. Viel wichtiger ist es, das ganze gut präsentieren zu können.
bscom: Das habe ich in Deinem Video bei der Weltmeisterschaft gesehen – die Show steht da nicht gerade im Hintergrund.
Ja, denn es ist völlig egal, ob man eine Technik beherrscht, die so kompliziert ist, dass sie nur 10 Leute auf der Welt können, oder ob man sich z.B. ein Trick-Kartenspiel gekauft hat, das einem die ganze Arbeit abnimmt. Der Zuschauer sieht ja im Idealfall eh nicht, wie es funktioniert, und würd daher hier kaum unterscheiden können.
Sehr wohl wird er aber wahrnehmen, ob der eine Künstler vor Anstrengung Schweißperlen auf der Stirn hat, oder der andere mit Leichtigkeit und einem Lächeln auf den Lippen Souveränität und Präsenz ausstrahlt. Das klingt jetzt, als sei Zauberei ganz einfach, aber wenn man sich mal mit Schauspielerei und Timing und Aussprache und all diesen wichtigen Details befasst hat, weiß man, dass so viel mehr dazu gehört, als bloß ein Geheimnis.
bscom: Nicht, dass ich sie kennen würde, aber welche Vorbilder hast Du in der Zauber-Szene?
PL: Da könnte ich jetzt einige aufzählen. Rob Zabrecky ist spontan der erste Name der mir einfällt – sein Bühnencharakter hat eine unglaublich starke Ausstrahlung und Skurrilität, dass man sich jede einzelne Sekunde der man ihm zuschaut unterhalten fühlt. David Williamson ist einer der schrägsten und komischsten Vögel, die die Zauber-Szene zu bieten hat. Juan Tamariz gilt nicht nur für mich als Gott unter den Karten-Virtuosen.
Vermutlich hätte man erwartet dass ich als erstes David Copperfield erwähne. Doch tatsächlich war er einer der Zauberer, die mich in Vegas am wenigsten gereizt haben. Penn & Teller oder Mac King würde ich hingegen jedem empfehlen, der einmal dorthin reist.
bscom: Ja, vergiss den Copperfield. Den habe ich vor 10 Jahren mal in Koblenz in einer Sporthalle gesehen….Da war ich schon enttäuscht. Welche Tricks machst Du denn am liebsten?
PL: Ich mag Tricks auf Augenhöhe. Wenn ich auf Hochzeiten oder anderen Festen gebucht werde, mische ich als Zugabe gern im Anschluss meiner Show unter die Zuschauer, und zeige dort noch einige Kunststücke aus nächster Nähe. Ich find es wichtig, dass meine Zauberei die Leute unterhält, aber keiner das Gefühl hat für dumm verkauft zu werden.
Es gibt ja auch Zauberer, die stellen sich auf eine Weise dar, als seien sie besser als andere oder gar übersinnlich. Sowas find ich kontraproduktiv. Es bringt zwar auch zum Staunen, hinterlässt aber oft so einen negativen Nachgeschmack. Viel schöner ist es da, wenn mir die Wunder auf der Bühne scheinbar auch wie zum ersten Mal passieren, und ich selbst ein wenig überrascht bin.
Seit geraumer Zeit finde ich auch immer größeres Gefallen an Gala-Shows und Varieté.
Anfangs hatte ich mich ja nur auf Kartentricks gestürzt. Dann kam die Stand-Up Comedy Zauberei hinzu. Schließlich hab ich mich auch mal an einer poetischen Sprech-Darbietung ausprobiert und meine allerneuste Darbietung ist kaum noch als Zauber-Vorführung zu erkennen. Vielmehr ist es eine kleines Theaterstück, ja fast eine Art Kurzfilm auf der Bühne.
bscom: Das klingt nach großer Kunst! Welche Kategorien gibt es eigentlich beim Zaubern?
PL: Im Wettbewerb wird erst einmal zwischen Close-Up und Bühne unterschieden. Beim Close-Up gibt es eine extra Sparte nur für Karten-Magie, sowie eine für ganz kleine Kunststücke (z.B. mit Münze) und noch die Kleinkunst-Theater Größe. Die Bühnen-Sparten sind:
- Allgemeine Magie
- Groß-Illusionen (Jungfrauen zersägen; über die Bühne schweben; und viele Tänzerinnen drum rum)
- Mental-Magie (Gedankenlesen, Vorhersagen, und so Firlefanz. Nicht meine Lieblingssparte)
- Comedy
- Manipulation (meist zu Musik, die pure Präsentation von Fingerfertigkeit, und schon fast wie Jonglage)
bscom: Wir wollen ja nicht verschweigen, dass du schon einige bedeutende Titel gesammelt hast.
PL: Ich hab mich vor ein paar Jahren mal von ein paar Zauberfreunden überreden lassen, auch an einem Wettbewerb teilzunehmen. Damals schien mir Kartenkunst am geeignetsten. Und so entstand nach und nach eine recht solide Nummer, mit der ich auf Anhieb den ersten Platz bei den deutschen Meisterschaften ergatterte. Und bei der WM im Jahr darauf gab es den Vize-Weltmeister Titel.
Meine neue Darbietung ist der Kategorie „Allgemeine Magie“ zugeordnet und kommt völlig ohne Karten aus. Hier hab ich vor einigen Wochen bei der Europameisterschaft den ersten Platz gewonnen, und zusätzlich auch noch die höchste Punktezahl übergreifend über alle Bühnen-Sparten geholt. Also einen Grand Prix Sieg, wie man so schön sagt.
bscom: Wow, Glückwunsch nochmal! Kann man damit eigentlich Geld verdienen?
PL: Ja.
bscom: OK, das war knapp! Aber Deinen Lebensunterhalt kannst Du damit nicht bestreiten, oder?
PL: Ich habe neben dem zeitintensiven Hobby Zauberkunst auch noch einen „vernünftigen Beruf“. Und zwar bin ich Java-Programmierer bei der Firma SCOOP Software in Köln. Ein Job den ich übrigens sehr gern mache und noch nie aufgeben mochte, auch wenn ich immer mal wieder gefragt werde, warum ich denn nicht hauptberuflich zaubere.
Aber ich will mir die Freude daran nicht kaputt machen, indem ich es zu meinem einzigen Standbein mache.
An meiner neusten Wettbewerbs-Darbietung habe ich über 3 Jahre gearbeitet, bevor ich sie zum ersten Mal vorführen konnte. Undenkbar, wenn ich von der Zauberei leben müsste.
Bscom: Gibt es zur Bonner Zauber-Szene vergleichbare andere Szenen in Deutschland?
PL: In Zauberer-Kreisen ist die Bonner Zauber-Szene schon recht bekannt und hat sich einen guten Namen erarbeitet. Man redet aber auch oft von der sogenannten Stuttgarter Schule, wohl vor allem da der amtierende Präsident des Zauber-Vereins MZvD (Magischer Zirkel von Deutschland) von dort kommt und als Regisseur an so mancher guten Wettbewerbsnummer mitgebastelt hat.
bscom: Danke Patrick, für das unterhaltsame Interview und viele weitere Erfolge!
Die Termine für die Zauberwochen können auf der Webseite des Magischen Zirkels Bonn eingesehen werden: http://www.simsalabonn.de/index.php/bzw-shows
Los gehts am Samstag und Sonntag, (25./26.03.2017) mit den beiden Gala-Shows.