Wohnungschaos in Bonn

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Bil­lig woh­nen in ei­ner Stu­den­ten­stadt geht ir­gend­wie. Die Fra­ge ist nur, wie viel Zeit man da­für in An­spruch neh­men möch­te die­ses Ziel zu er­rei­chen. Auf die Schnel­le fin­det man meist erst mal nichts, vor al­lem nicht zu Se­mes­ter­be­ginn, wenn et­wa 3000 Leu­te in Bonn ihr Stu­di­um beginnen. 

Will man da et­was fin­den, gibt’s die klas­si­schen vier On­line­an­ge­bo­te: immoscout24, ka­lay­do und die bei­den sich spe­zi­ell an Stu­die­ren­de rich­ten­den An­ge­bo­te studenten-wg.de und wg-gesucht. Da fin­det man üb­ri­gens nicht nur WGs, son­dern auch Woh­nun­gen. Seit­dem den Mak­ler auch nur noch der­je­ni­ge be­zahlt, der ihn be­stellt hat, fal­len auch bei immoscout24 die Mak­ler­ge­büh­ren weg, die frü­her ein­mal bei 2,38 Kalt­mie­ten lagen.

Trotz­dem sind Woh­nun­gen in Bonn nicht die güns­tigs­ten. Un­ter 350 Eu­ro wird es eher schwie­rig bis un­mög­lich, wenn man in ei­ne WG zieht, geht’s evtl. noch et­was güns­ti­ger, aber auch hier gibt es 24m²-Zimmer für 370 Eu­ro. Aber es gibt auch an­de­re in­ter­es­san­te An­zei­gen, ei­ne Woh­nung in der Born­hei­mer Stra­ße taucht seit zwei Jah­ren re­gel­mä­ßig in den Online-Wohnungsanzeigen auf und neu­lich erst fand ich ei­ne Woh­nung in Pop­pels­dorf, die aus­schließ­lich an nicht­rau­chen­de Me­di­zin­stu­den­ten ver­mie­tet wer­den soll­te. Das Net­te an den On­lin­ever­mie­tungs­por­ta­len ist, dass sie ei­nem den Qua­drat­me­ter­preis aus­rech­nen, was ge­le­gent­lich da­zu führt, dass da dann für ei­ne 28 m² Woh­nung in Pop­pels­dorf ein Qua­drat­me­ter­preis von 15 Eu­ro an­ge­ge­ben wird – auch oh­ne Mak­ler bleibt’s al­so teu­er. Ver­mie­te­rIn­nen in Bonn kön­nen sich ih­re Mie­te­rIn­nen eben sehr gut aus­su­chen und dass es nicht bes­ser, son­dern eher schlech­ter wird, be­mer­ke ich, seit­dem ich 2008 mein Stu­di­um an­ge­fan­gen habe.

Zen­tral woh­nen, in ei­ner WG, ger­ne mit Bal­kon und et­was mehr Platz als das 12-Quadratmeter-Zimmer im Wohn­heim des Stu­die­ren­den­werks für 280 Eu­ro warm – so­was muss man erst­mal finden.

Un­ter Bon­ner Stu­die­ren­den kur­sie­ren die in­ter­es­san­tes­ten Ge­schich­ten. Zum Bei­spiel von dem Stu­den­ten, der in der al­ten Bu­de wohnt, in der schon sei­ne Mut­ter wäh­rend ih­res Stu­di­ums ge­lebt hat und die kei­ne Du­sche hat. Er duscht je­den Tag bei ei­nem an­de­ren Kom­mi­li­to­nen. Und wenn man dann et­was in zen­tra­ler La­ge in Bonn ge­fun­den hat – wenn man ei­ne Geis­tes­wis­sen­schaft stu­diert, ist es im­mer nett, mög­lichst zen­tral in Bonn zu woh­nen – kommt das nächs­te Pro­blem. Au­ßer ei­nem selbst, be­kun­den noch et­wa 100 an­de­re Leu­te In­ter­es­se und zur Woh­nungs­be­sich­ti­gung wer­den dann noch acht wei­te­re Be­wer­ber ein­ge­la­den. Wel­che mit ge­re­gel­tem Ein­kom­men, die nicht un­be­dingt in zwei Jah­ren wie­der aus­zie­hen, weil sie nach ih­rem Stu­di­um ei­nen Job in ei­ner an­de­ren Stadt fin­den oder für den Mas­ter wo­an­ders hin­ge­hen. Ist auch ir­gend­wie klar, wem die Wohn­bau­ge­sell­schaft da den Zu­schlag gibt. Vor al­lem, wenn man über­legt, dass in Bonn vie­le Wo­chen­end­pend­ler woh­nen, die un­ter der Wo­che mit ei­ner klei­nen Woh­nung zu­frie­den sind. Stu­die­ren­de in Bonn tei­len sich den Ap­par­te­ment­markt al­so zum Bei­spiel mit sol­ven­ten Telekom- und Postmitarbeitern.

Dass es in Bonn ein Pro­blem mit be­zahl­ba­rem Wohn­raum für Stu­dis gibt, hat sich mitt­ler­wei­le her­um­ge­spro­chen. Spä­tes­tens seit­dem der Ge­ne­ral­an­zei­ger zwei Stu­den­ten fand, die in ei­nem Trans­por­ter auf dem Cam­ping­platz wohn­ten, be­wegt sich et­was: AStA, Stadt und Uni ha­ben ei­nen run­den Tisch ein­ge­rich­tet. Es gibt jetzt auch noch ei­ne Uni-eigene Woh­nungs­bör­se, die ak­tu­ell üb­ri­gens gan­ze drei freie Woh­nun­gen ver­zeich­net, die al­le nicht in Bonn, son­dern in Kö­nigs­win­ter, Wacht­berg und St. Au­gus­tin lie­gen. Aber im­mer­hin gibt es ei­ni­ge WG-Angebote (die sich zum Teil al­ler­dings et­was haar­sträu­bend le­sen, ein voll­mö­blier­tes 19 Qua­drat­me­ter WG-Zimmer für 555 Eu­ro im Mo­nat, 12 Qua­drat­me­ter in Beu­el für 450 Eu­ro im Mo­nat, ist Bonn neu­er­dings ei­gent­lich Mün­chen und wenn ja, wo ist hier das Oktoberfest?).

Die Woh­nungs­bör­se zeigt zu­min­dest schon ein­mal, dass das Pro­blem er­kannt wor­den ist und dass man ver­sucht et­was zu än­dern. Lei­der hat sich die Si­tua­ti­on seit Ein­rich­tung der Woh­nungs­bör­se 2012 nur rein gar nicht ge­än­dert, auch wenn da­mals et­was an­de­res be­haup­tet wur­de. Au­ßer­dem zei­gen auch die An­ge­bo­te auf der Woh­nungs­bör­se: an den stu­den­ti­schen Geld­beu­tel und die Le­bens­si­tua­ti­on an­ge­passt sind die we­nigs­tens An­ge­bo­te und die güns­ti­gen An­ge­bo­te auf den kom­mer­zi­el­len Woh­nungs­bör­sen sind nun wahr­lich kei­ne Ge­heim­tipps, man kann froh sein, wenn man nicht der oder die Zwei­hun­derts­te ist, die we­gen des güns­ti­gen WG-Zimmers anruft.

Auf der Woh­nungs­bör­se der Uni fin­det man manch­mal auch An­ge­bo­te von „stu­dents­home„. Der An­bie­ter hat sich auf löf­fel­fer­tig ein­ge­rich­te­te Stu­den­ten­woh­nun­gen spe­zia­li­siert. Man muss qua­si nur noch sei­ne Kla­mot­ten mit­brin­gen und in den Schrank hän­gen. Die Woh­nun­gen sind ei­ne All-In-Miete und schei­nen sich an Stu­die­ren­de mit Helikopter-Eltern zu rich­ten: Für 599 Eu­ro kann man mit­ten in der In­nen­stadt Ap­par­te­ments zwi­schen 21 und 35 Qua­drat­me­tern mie­ten. Schließt man ei­nen Miet­ver­trag ab, muss man die Woh­nung min­des­tens zwei Se­mes­ter (al­so 12 Mo­na­te) mie­ten. Et­was güns­ti­ger wird es, wenn man in ei­ner WG zwi­schen 43 und 95,76 Qua­drat­me­tern Ge­samt­flä­che wohnt, da geht die All-In-Miete ab 460 Eu­ro los. Der Bafög-Höchstsatz be­trägt üb­ri­gens ak­tu­ell 670 Euro.

Die Stadt Bonn kün­dig­te das Bau­pro­jekt von stu­dents­home im Jahr 2010 als In­ves­ti­ti­on in „Stu­den­ten­woh­nun­gen“ an. Auch die Fir­ma, die hin­ter dem Pro­jekt steht, steckt mit ih­rem Na­men ih­re Ziel­grup­pe ei­gent­lich recht deut­lich ab. Für Stu­die­ren­de, die auf ihr Bafög an­ge­wie­sen sind, dürf­te das stu­dents­home aber in den we­nigs­ten Fäl­len ei­ne Op­ti­on sein und dass man ei­nen güns­ti­gen Platz in ei­nem Wohn­heim des Stu­die­ren­den­werks be­kommt, ist nicht garantiert.

Der größ­te Witz ist al­ler­dings, dass es in Bonn auch leer­ste­hen­de Ge­bäu­de gibt, teil­wei­se im Be­sitz der Stadt. Man rech­net üb­ri­gens da­mit, dass in den kom­men­den Jah­ren auf­grund des Ge­bur­ten­rück­gangs we­ni­ger Stu­die­ren­de nach Bonn kom­men, in Zei­ten, in de­nen im­mer mehr Men­schen ein Stu­di­um be­gin­nen, könn­te das ein Fehl­schluss sein.

Ei­nen Oldschool-Geheimtipp ha­be ich üb­ri­gens noch: den Woh­nungs­markt im General-Anzeiger, dort fand ich mei­ne ers­te Bon­ner Woh­nung und war wohl auch die ein­zi­ge, die sich dar­auf be­warb. An­sons­ten fin­det man die Bon­ner Wohn­bau­ge­sell­schaf­ten un­ter fausa.de und miwo.eu. Und für al­le, die bis zum Se­mes­ter­start nichts ge­fun­den ha­ben, hat das Base­camp noch ein An­ge­bot, das im Mo­nat auch nicht teu­rer ist als das studentshome.

Fo­to Co­py­right: Bar­ba­ra From­mann / Uni­ver­si­tät Bonn

15 Kommentare

  1. Die Pro­ble­me gab’s üb­ri­gens vor 25 Jah­ren auch schon. Und da war Bonn noch Haupt­stadt. Nach dem Um­zug nach Ber­lin war man da­von über­zeugt, dass sich die Si­tua­ti­on bes­sern wer­de … Aber man­che Din­ge än­dern sich halt nie.

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