Beim letzten Ironbloggertreffen wurde ich dazu verführt, neben den allsamstäglichen Linktipps auch mal wieder einen richtigen Beitrag auf unser Bonnblog zu posten. Was liegt da näher, als an den letzten Theater Bonn-Rückblick anzuknüpfen. In den vergangenen Monaten besuchte ich wieder zahlreiche Premieren, Repertoirestücke oder auch Tanzgastspiele. Nur selten kam Langeweile auf, doch Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Mehr im Überblick:

Dostojewskis Der Spieler in der Werkstatt. Nächste Vorführungen am 16. und 24. März.

In einer Ein-Mann-Performance lässt Hajo Tuschy den Roman Der Spieler von Fjodor Michailowitsch Dostojewski aus dem Jahre 1866 lebendig werden. Als Hauslehrer Aleksej sehen wir ihn zunächst fast nackt in einem Bett liegen, umringt von unzähligen gerade gewonnenen Banknoten. Zusehends verfällt Aleksej dem Roulettespiel und ergibt sich ganz der Faszination des Zockens. Wir sehen ihm dabei zu, wie er mal gewinnt, jedoch bald immer öfter verliert und sich mehr und mehr ruiniert. Soundlandschaften des Musikers Jacob Suske untermalen das Innenleben der Szenen atmosphärisch. Neben Aleksej verkörpert Tuschy auch im fliegenden Wechsel noch weitere Figuren wie Aleksejs Schwarm Polina. Indem er Requisiten wie Perücken einbezieht stellt Tuschy auch Aleksejs Stiefvater oder seine Großtante dar. Gekonnt wird improvisiert und wiederholt das Publikum angesprochen. Auch zahlreiche Videoprojektionen kommen zum Einsatz. Bald dominiert nur noch die Sucht nach dem unmittelbaren Spielglück Aleksejs Monologe. Immer schneller dreht sich die Bühne. Auch Aleksej gelangt bald zu keiner rationalen Wahrnehmung seiner Handlungen mehr. Eindrucksvoll veranschaulicht Tuschy die Gedankenwelt und den sozialen Fall eines Spielsüchtigen.

‚Schwanensee‘ mit dem Bolschoi Staatsballett Belarus am Theater Bonn (c) as

TanzgastspieleAls nächstes Solo/ Four Schumann Pieces/ Faun / Fall von Hans van Manen und Sidi Larbi Cherkaoui mit dem Royal Ballet of Flanders im Rahmen der Internationalen Februar Tanztage am 22. Februar im Bonner Opernhaus.

Ich besprach zuletzt Le Souffle de l’esprit/ Toccata/ Faun / Das Bildnis des Dorian Gray von Les Ballets Bubeníček, Pa|Ethos vom Spellbound Contemporary Ballet  und Schwanensee mit dem Bolschoi Staatsballett Belarus.

Alexander Eisenachs Der Zorn der Wälder in der Werkstatt. Nächste Vorführungen am 21. Februar, sowie am 9., 15. und 31. März.

Das Geschehen erscheint völlig unlogisch und irreal, wenn im naiven Gestus über das große Ganze palavert wird. Wer Trash liebt und sich gerne in übertrieben komplexe Gedankenwelten einfühlt, könnte jedoch begeistert sein. Zur Besprechung

Goethes Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten in der Werkstatt. Nächste Vorführungen am 25. Februar, sowie am 12. und 23. März.

Goethe schrieb in der Zeit nach der Französischen Revolution eine Novellensammlung (1795). Dieses Werk adaptierte jetzt die junge Regisseurin Luise Voigt höchst artifiziell und experimentell. Mit Blick auf Goethes Novelle drängen sich Parallelen auf zur politisch-gesellschaftlichen Lage der Gegenwart. Ähnlich den Revolutionstruppen sehen viele eine Bedrohung und einen Umsturz der Werte durch Rechtspopulisten, die in vielen Ländern an Zulauf gewinnen. Zur Besprechung

Abschlussapplaus bei der Premiere von Yasmina Rezas „Kunst“ in den Bad Godesberger Kammerspielen (c) as

Yasmina Rezas „Kunst“ in den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführungen am 25. Februar, sowie am 18. und 23. März.

Schon bald entwickelt sich eine lebendige Dynamik auf der Bühne, die Dialoge werden scharfzüngiger, die Handlung nimmt Fahrt auf, und einige Pointen zünden. Ausgelöst durch ihre unterschiedlichen Haltungen zum Kauf des Bildes zerstreiten sich drei Freunde immer mehr. Zur Besprechung

Mozarts ‚Don Giovanni‘ im Bonner Opernhaus (c) as

Mozarts Don Giovanni im Bonner Opernhaus. Nächste Vorführungen am 5. und 23. März.

Jakob Peter-Messers Inszenierung trumpft mit einer dynamischen Personenregie und geschmackvollen Bildern auf, es fehlt jedoch etwas an linear sich aufbauender Spannung und Witz. Eine durchaus respektable, oft auch glanzvolle Inszenierung, die jedoch manchmal aufgrund fehlender Zwischentöne etwas altbacken und holzschnittartig wirkt. Zur Besprechung

Verdis „Attila“ im Bonner Opernhaus (c) as

Verdis Attila im Bonner Opernhaus. Nächste Vorführungen am 19. und 30. März.

Das Bonner Ensemble wartet mit solidem und manchmal sogar exquisitem Chorgesang, einem bis in die Solopartien hin sattem Orchesterklang und hochkarätigen Sängern auf, welche die ohne Pause durchgehaltene Vorführung zu einem Erlebnis machen. Zur Besprechung

Thomas Manns Buddenbrooks in den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführungen am 12. und 19. März.

Eindringlich beleuchtet Sandra Strunz‘ Neuinszenierung von Manns Jahrhundertroman (1901), wie in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie das private Glück Geldfragen untergeordnet wird. Zur Besprechung

Goethes Faust I in den Bad Godesberger Kammerspielen. Letzte Vorführung am 24. März.

Alice Buddebergs Adaptation fehlt es sichtlich an einer schlüssigen Deutung, Tempo und Esprit. Zur Besprechung

Konzertante Vorführung zu Händels ‚Giulio Cesare in Egitto‘ am Bonner Opernhaus (c) as

Händels Giulio Cesare in Egitto im Bonner Opernhaus. Nächste Vorführungen am 29. März und 15. April.
In Bonn bringt Wolfgang Katschner die dreiaktige Nummernoper mit vielen gefühlvollen Arien und feinem Ziergesang als leicht gekürzte, konzertante Aufführung mit ausgezeichneten Solisten und feinem Verve auf die Bühne. Zur Besprechung

Alle Fotos vom jeweiligen Abschlussapplaus (c) Ansgar Skoda

 

1 Kommentar

KOMMENTIEREN

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein