Vernetzte Mobilität in einer digitalen Bundesstadt Bonn: Ideen von „Apps mit offenen Echtzeitdaten“ bis „WLAN im ÖPNV für twitternde Stadtpferde“

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Dank des Internets können wir uns mit fast jedem Punkt dieser Welt digital vernetzen. Würde das nicht eigentlich dazu führen, dass wir gar nicht mehr so mobil sein müssen? Es scheint nicht so zu sein. Trotz der Vernetzung bin ich viel unterwegs und digitale Werkzeuge und Vernetzung helfen mir diese Mobilität angenehmer zu gestalten: schneller, billiger, schöner und effizienter, ausgerichtet an meine Bedürfnisse, die sich durch digitale Technologien mit den mobilen Umweltbedingungen abgleichen können. Bei meinem Fahrten von, zu und innerhalb der Bundesstadt Bonn habe ich einige Ideen gesammelt, bei denen ich jetzt schon sehe, wie eine Zukunftsstadt Mobilität organisieren und gestalten könnte, denn die Zukunft ist ja meistens in der Gegenwart schon präsent, aber noch nicht so verbreitet. Schauen wir mal in ein paar Bereiche rein.

Das Verkehrsmittel ist egal. Der schnellste und beste Weg ist das Ziel.

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Screenshot der App: „Ally“

Wie komme ich am schnellsten zur Arbeit? Und wie komme ich am besten nach Hause? Wenn ich mir diese Frage stelle, dann konsultiere ich je nachdem eine Vielzahl von Apps, zum Beispiel die der Deutschen Bahn, die VRS-App für NRW und die SWB-App im Bonner Stadtgebiet. Es gibt aber auch Apps, die ganz anders funktionieren, als die klassischen Wann-Von-A-nach-B-Apps. Ich habe Apps ausprobiert, die mir die Abfahrtzeiten aller Verkehrsmittel in den Haltstellen meiner Umgebung anzeigen. Oder die mir sagen, wann ich losgehen muss, damit ich einen Zug X oder Bus Y noch pünktlich an der Haltestelle Z erreiche.

Echtzeitdaten sind gerade für die letztgennannten Apps sehr wichtig, denn wenn der Bus nur eine Minute früher kommt, verpasse ich ihn, wenn er 10 Minuten Verspätung hat, stehe ich herum. Eigentlich sind 10 Minuten Wartezeit kein Drama, aber auf meinem täglichen Arbeitsweg sehe ich die Unterschiede, die es machen kann gut zu planen. Morgens schaffe ich es, wenn alle Busse und Bahnen noch pünktlich fahren, in genau 30 Minuten zur Arbeit. Ich fahre meistens zur gleichen Zeit, insofern läuft die Fahrt immer glatt. Die Rückfahrt hingegen ist immer zu einer anderen Uhrzeit in der Rush-Hour, deswegen frage ich vor dem Losgehen meine App, wann der ideale Zeitpunkt und wie die ideale Verbindung ist. Leider bekommt die App keine Echtzeitdaten und so gibt es immer wieder kleinere Verschiebungen, weswegen ich den Anschlussbus verpasse oder der Zug nicht kommt. Bei der Rückfahrt brauche ich deswegen für die gleiche Strecke oft eine Stunde oder länger.

Am liebsten wäre es mir deswegen morgens mit dem Bus zu fahren und nach Hause das Fahrrad zu nehmen, da brauche ich nämlich auch 30 Minuten für die gleiche Strecke. Das geht natürlich nicht, da das Fahrrad ja irgendwie zur Arbeit zurückkommen muss und ich kenne noch niemanden, der die umgekehrte Strecke fährt. (Das wäre übrigens eine prima App-Idee: normale Fahrräder zum „Mitradeln“ und ein Schloss, das per App entriegelt wird. Ach, das gibt es ja auch schon!).

Wer über den Tellerrand von Bussen und Bahnen hinausschaut, stellt fest, dass auch Fahrrad, Carsharing und Taxi Optionen im Nahverkehr sein können. Darum liebe ich die App „Ally“ sehr, da sie mir immer alle Optionen über Verkehrsmittel hinweg anzeigt. Schon oft bin ich spät abends am Hauptbahnhof angekommen und habe dann mittels der App festgestellt, dass ich mit dem Taxi 10€ bezahle und in 10 Minuten zu Hause bin, während der Bus um die 2,50€ kostet dafür 40 Minuten braucht. Die Entscheidung fiel mir dank Ally viel leichter. Mit myTaxi wusste der Taxifahrer auch sofort wo ich stehe, wenn ich das gleiche Problem in einer fremden Stadt habe.
Apps wie Ally zeigen schon das Potential von Mobilität auf, die zu jederzeit alle Optionen auflistet und vergleichbar macht, so dass ich den sichersten, bequemsten, sparsamsten oder schnellsten Weg zu meinem Ziel erreichen kann, das Verkehrsmittel ist dabei egal.

Twitter und Mobilität: Bus und Bahn als CoWorking-Spaces

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Bonner Busbahnhof bei Nacht

Meine Busfahrten verbringe ich meistens mit Lesen auf meinem Smartphone. Bei der Fahrt zur Arbeit lese ich die Tweets der Nacht und des morgens, danach starte ich meine RSS-Feed-App und lese, was in Bonner und anderen Blogs geschrieben wurde und leite interessante Dinge weiter. Gerne würde ich auch Videos mit Nachrichten schauen oder Podcasts anhören, aber ich komme schon mit den Bildern bei Twitter an die Grenzen meines Datentarifs. Livestreams schauen oder senden, das ist ein entfernter und teurer Traum. Nur die Hotspots der Telekom bieten mir am Hauptbahnhof eine kleine Verschnaufpause, in der auch mal ein kurzes Video erlaubt ist, beziehungsweise Podcastfolgen vorgeladen werden, und ich fühle mich wie ein Datenjunkie, der gerne den Anbieter wechseln würde, wenn es denn besseres gäbe.

Wenn man twittern, lesen und Emails checken als Arbeit ansieht, dann sind Bus und Bahn mein Arbeitsplatz am Morgen. Bei Dienstreisen nach Berlin bevorzuge ich eine längere Fahrt mit der Bahn, bei der ich eine Steckdose, einen Hotspot und einen gemütlichen Sitzplatz habe, deutlich zu einem Flug, der zwar etwas schneller geht, aber von vielen Pausen und Umsteigesituationen geprägt ist: alles verlorene Kurzzeiten auf Gateways, in Sicherheitskontrollen und in Parfumabteilungen von DutyFree-Shops. Warum gibt es im öffentlichen Nahverkehr kein WLAN in jedem Bus? Ein Blick durch Europa und man sieht, in welcher digitalen Steinzeit wir in Deutschland leben, stattdessen sorgen wir mit der Störerhaftung dafür, dass offene WLANs aussterben, schneller als die Freifunker ihre Router aufstellen können (siehe auch den Artikel bei Bundesstadt vom 15.02.2015).

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Ratssitzung im Livestream aus dem ICE.

Die WLAN-Anbindung in ICEs könnte auch wahrlich besser sein, es wird ja auch daran gearbeitet, aber ich habe es tatsächlich schon einmal geschafft, den Livestream aus dem Bonner Rat ganze 5 Stunden lang zu verfolgen und parallel zu twittern und nachzulesen, was beschlossen wurde. Es war meine erste Ratssitzung, die ich mir komplett angeschaut habe, aus meinem „Bahn-Büro“. Es gäbe viel dazu zu sagen, aber das wesentliche ist, das WLAN im öffentlichen Verkehr mich persönlich dazu gebracht hatte, während einer Bahnfahrt beobachten zu können, was Politiker tun. Wenn das mal keine Bürgerpartizipation ist, vor der sich alle fürchten. Noch besser wäre es gewesen, wenn ich das Abstimmungsverhalten der Politiker im Bonner Rat hätte beobachten können und diese zum Beispiel via Twitter ansprechbar gewesen wären. Zumindest mit einigen konnte man während der Sitzung sich über die Abstimmung unterhalten und Fragen stellen. Digitale Medien ermöglichen diesen Dialog, wenn man denn bereit dazu ist. Aber lieber sagt man: „Wofür brauchen die Kinder denn WLAN im Bus? Doch nur zum Cybermobben und für Katzenvideos?“ Ich brauche es für Partizipation, Vernetzung und Wissensarbeit, egal wo ich gerade bin und ob ich mich dabei fortbewege.

Stadtpferde Bonn vs. Stadtwerke Bonn

Im Dezember 2013 war ich so frustriert über die fehlenden Reaktionen des Twitter-Accounts der Stadtwerke Bonn, dass ich den Satire-Account „Stadtpferde Bonn“ gestartet habe. Twitter ist keine Einwegkommunikation, sondern, wie die Stadtwerke inzwischen gelernt haben, eine wunderbare Möglichkeit kurze Fragen zu beantworten, Hinweise über Ausfälle in Echtzeit weiterzuleiten und die Fahrgäste im ÖPNV zu informieren. 2013 war der Account der Stadtwerke Bonn nur eine Pressemitteilungsschleuder. Immer wieder beobachtete ich, wie Fahrgäste nachfragten, wo der Bus ist, das ein Unfall passiert ist, das Busfahrer sich nicht gut benahmen oder zu spät kamen und zu früh abfuhren, aber es gab auch positives Feedback und hilfreiche Hinweise, die einfach unbeantwortet blieben. Das konnte ich nicht auf sich beruhen lassen und so verteilte ich die Zugangsdaten für die Stadtpferde unter ein paar Bonner Tweeps (Menschen, die twittern) und so begannen wir lockere Sprüche zu klopfen und den Twitter-Account der Stadtwerke Bonn und der Leute, die bei ihm Hilfe suchten, zu veräppeln. Immer freundlich, aber auch frech, damit sich etwas bewegt und man die Chancen auch wahrnimmt.

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Wenn Busse sich "küssen" brauchen Fahrgäste Informationen.
Wenn Busse sich „küssen“ brauchen Fahrgäste Informationen.

Es dauerte über ein Jahr und es lag weniger an uns als an personellen Veränderungen, da änderten die Stadtwerke ihre Strategie bei Twitter und fingen an zu antworten. Mittlerweile sind die Stadtwerke für mich weiter in diesem Bereich, als ich mir je zu wünschen gewagt habe. Es werden Verkehrsmeldungen in Echtzeit getwittert, wenn Busse zu spät abfahren, wird das mit ihren Daten überprüft und zurückgemeldet und wenn schon nicht die Klimaanlage funktioniert, dann habe ich doch etwas zum Lachen, denn die Tweets der SWB sind oft unterhaltsamer, als die Stadtpferde es jemals waren. Die Tweets stammen meistens von Michael Weißkirchen, und der bekommt alle wichtigen Infos aus der Leitstelle der Stadtwerke Bonn und hat beim Twittern genau im Blick, was in seinem Netz passiert. Genau in dieser Leitstelle hängt auch ein gelb markierter Ausdruck von einer Nachrichtenseite über eine OECD-Studie, vermutlich ein mehr oder weniger ernst gemeinter Scherz von seinen Kollegen:

„Social Media ist in Deutschland eher eine Sache der Ungebildeten.“

Leitstelle der SWB – das Gehirn im Netz von Bus und Bahn

Die Leitstelle der Stadtwerke Bonn im Panorama
Die Leitstelle der Stadtwerke Bonn im Panorama

Die Leitstelle der Stadtwerke Bonn ist quasi das Gehirn, in dem alle Informationen zum Bonner ÖPNV zusammenlaufen und die Verkehrsmittel der Stadt überwacht und gesteuert werden: das sind 48 Bahnen und 181 Busse im wöchentlichen Berufsverkehr. Ich hatte bei einem Besuch des Bonner Medien Clubs die Gelegenheit genutzt mir die Leitstelle der SWB und das System einmal persönlich anzuschauen.

So ein komplexes IT-System hat auch einen komplexen Namen: Intermodal Transport Control System (ITCS) steht auf Deutsch für „Intermodales Transport- und Steuerungssystem“. Es wird seit 2007 ausgebaut und löst die alten Systeme Schritt für Schritt ab.

Hier laufen alle Informationen zusammen.
Hier laufen alle Informationen zusammen.

Im Hintergrund der Leitstelle steht die große Stellwerktafel, auf der die früheren Mitarbeiter noch alle angelernt wurden, wenn es um das Bonner Netz ging. Die Tafel stammt noch aus Zeiten, wo dicke Kabel verlegt wurden und alles sehr mechanisch wirkt. Es gibt kleine Lämpchen, Hebel und Schildchen, es wirkt wie ein Exponat im Computermuseum. Hinter der Tafel verbergen sich kilometerlange Kabel, die bis zu den einzelnen Sensoren in den Schienen reichen und dort bis heute die Weichen stellen.

In naher Zukunft braucht man keine Tafel mehr, sondern nur genügend Displays und das ITCS. Die zahlreichen Bildschirme sind in mehreren kleinen und größeren Halbkreisen angeordnet. Davor sitzen ein bis zwei Mitarbeiter. Wenn alles glatt läuft, können sie sich entspannt zurücklehnen, denn das meiste passiert vollautomatisch. Unruhiger wird es, wenn auf einem Display in einer Tabelle eine neue Zeile mit einer Warnung erscheint. Je nachdem muss sofort und richtig reagiert werden, von Null auf Hundert in einer Sekunde.

Ein Baum auf der Oberleitung.
Ein Baum auf der Oberleitung.

Bei größeren Ausfällen, wie zum Beispiel dem Umkippen eines Baums auf die Stromleitung der S-Bahn nach Bad Godesberg vor wenigen Wochen, sitzt in der Leitstelle keiner mehr ruhig auf seinem Stuhl. Sofort müssen Mann und Maschine die Situation kontrollieren, Busfahrer umleiten, Fahrgäste auf den Bahnsteigen und in den Bussen informieren, Tafeln mit Informationen anreichern, Teams rausschicken und trotz der Unruhe noch für weitere Notrufe über die Säulen am Gleis erreichbar sein, falls zum Beispiel jemand ganz woanders einen Herzinfarkt haben sollte. Es ist eine ganz extreme Mischung aus ruhigen Zeiten, gewöhnlichen Rush-Hour-Verspätungen und dem Adrenalin-Kitzel, wenn irgendetwas überraschendes passiert und jeder auf Zack sein muss.

Da nicht jeder Busfahrer auch zugleich ein sprachgewaltiger Entertainer in bester Gemütsverfassung ist, wenn Stress aufkommt, werden viele Nachrichten in der Leitstelle gesprochen und aufgezeichnet oder von einem Computersystem via Text-to-Speech mit einer angenehm höflichen Stimme vorgelesen, wobei ich manchmal den rheinischen Dialekt und die Direktheit in der Sprache vermisse.

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Bei uns wird IT-Sicherheit groß geschrieben.
Bei uns wird IT-Sicherheit groß geschrieben.

Die Systeme selbst müssen 100% zuverlässig funktionieren, denn wenn eine Weiche falsch steht und der Computer es nicht bemerkt, könnten Menschenleben in Gefahr sein. IT-Sicherheit ist gerade bei solchen zentralen Netzwerkstationen von hoher Bedeutung, denn wenn die Zentrale ausfällt, steht Bonn still. Darum wird jede noch so kleine Änderung, die ein Mitarbeiter vornimmt, protokolliert und gespeichert. Anders sieht es bei den Überwachungskameras aus. Datenschutzgesetze sorgen dafür, dass nur in begründeten Ausnahmefällen die Polizei auf diese Daten zugreifen kann und selbst das klappt nicht in allen Fällen, zum Beispiel wenn die Daten bereits gelöscht wurden.

Vorsicht: Sonst kommt die Cyberpolizei! (Cebit 2015)
Vorsicht: Sonst kommt die Cyberpolizei! (Cebit 2015)

Offene Echtzeitdaten aus der Leitstelle

Nun gut, wenn ich jetzt von Bad Godesberg in die Innenstadt möchte und außergewöhnliche Verspätungen vorkommen, dann geht es nicht um mein Leben, sondern nur um meine Nerven, denn ich will möglichst schnell wissen, wie ich am besten nach Hause komme. Nehme ich das Taxi? Laufe ich ein paar Hundert Meter zu Fuß und nehme dort einen Bus? Innovative Apps wie Ally (früher AllRyder) können mir das sagen, aber sie sind auf Echtzeitdaten der SWB angewiesen, am besten so, dass jeder auf diese Echtzeitdaten frei zugreifen kann und eine eigene, vielleicht etwas bessere App entwickeln kann, das läuft unter dem Begriff OpenData. Offene und freie Daten, damit ich als Bürger oder Entwickler die beste App nutzen, bzw. anbieten kann. Aber da gibt es noch viele Hindernisse.

Die "Tafel": Leitstelle anno dazumal.
Die „Tafel“: Leitstelle anno dazumal.

Ein Hindernis, neben dem Verständnis für diese Zusammenhänge und rechtlicher Fallstricke, ist, dass es technisch gar nicht so einfach ist, die Echtzeitdaten herauszugeben. Die Software, die für solche Leitstellen entwickelt wird, musste bisher einfach nur 100%ig zuverlässig sein. Dass die Daten über eine stabile Schnittstelle in Echtzeit veröffentlicht werden sollen, das war bisher nur selten eine Anforderung, denn es gab ja die eigenen Zeitpläne an den Haltstellen bzw. Apps der Verkehrsanbieter. Wenn man aber über den Tellerrand des ÖPNV hinausschaut und CarSharing mit Bus, Bahn und Fahrrad verknüpfen möchte, müssen diese Daten offen verfügbar sein. Dazu kommt, dass die Daten aus ganz unterschiedlichen Verkehrsgebieten kommen und erst einmal über eine sogenannte „Datendrehscheibe“ im Verkehrsverbund Rhein-Sieg zusammengeführt und dann wieder in die einzelnen Stellen zurück geleitet werden. bevor sie auf die Informationstafel dem Fahrkunden dargestellt werden.

Ein gutes Beispiel für die aktuellen Grenzen dieser System sind die Buslinien aus Troisdorf, die nach Bonn fahren. Sie gehören zu einer anderen Leistelle, die noch keine Echtzeitdaten aus den Bussen via Digitalfunk und GPS einsammeln. Fährt solch ein Bus durch Bonn, können mir die App und Hinweisschilder an den Haltestellen nur die geplanten Zeiten anzeigen, nicht aber die Echtzeit des Busses.

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Aber die Stadtwerke Bonn wissen noch viel mehr über die Stadt. Von jeder Haltstelle gibt es detaillierte Informationen über die Umgebung der Haltstelle: Wie viele Mülleimer hängen dort? Wann wird die Toilette gereinigt? Wie lang und hoch ist der Bordstein? Man stelle sich nur einmal vor, jemand möchte eine App entwickeln, die mir den nächsten Mülleimer anzeigt. Das wäre doch wirklich praktisch, wenn man auf diese bestehenden Daten zugreifen könnte, oder?

OpenData und Code for Bonn

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Bonner Tiefgaragen sind schon vernetzt.

Und tatsächlich gibt es eine Gruppe von Bürgern, Wissenschaftlern, Programmieren, Designern, Politikern und Interessierten, die genau das machen. Erst vor kurzem hat Stefan Wolfrum zusammen mit Sven Hense von der Stadt Bonn „Code for Bonn“ ins Leben gerufen. „Code for…“ ist eine Initiative der OpenKnowledge Foundation, die sich für die Verbreitung und Nutzung von freiem und offenen Wissen einsetzt. Wie am Beispiel der Stadtwerke gezeigt, gibt es in öffentlichen Verwaltungen ein enormes Wissen, auf das „normale“ Bürger aber keinen Zugriff haben, besser gesagt: hatten. Bonn ist in Sachen „OpenData“ ein großer Vorreiter und ein Vorbild für viele andere Kommunen, die sich am Bonner Beispiel anschauen, welche Risiken und Potentiale hinter einem solchen Projekt stehen. Und tatsächlich treffen sich nun regelmäßig Menschen, die Interesse haben, aus diesen offenen Daten einen Mehrwert zu schaffen oder einfach nur „zu spielen“. Aus diesen Spielereien entstehen jetzt schon sehr sinnvolle oder interessante Projekte, wie zum Beispiel die Möglichkeit, für die eigene Straße individuell die Müllabholzeiten im Kalender abonnieren zu können. So kann mich mein Smartphone vor dem Weg zur Arbeit daran erinnern, dass ich die gelbe Tonne rausstellen soll. Das ist jetzt noch ein sehr einfaches Beispiel. Richtig interessant wird es erst, wenn noch mehr offene Daten aus der Stadt vorhanden sind, die man mit viel Phantasie miteinander kombinieren kann.

Ganz oft wurden eben von dieser Gruppe die Echtzeitdaten der Verkehrsbetriebe angefragt, aber da mahlen die digitalen und administrativen Mühlen immer etwas langsamer als man es sich wünscht. Es gibt auch ein Henne-Ei-Problem, denn nur, wenn die Daten vorhanden und frei verfügbar sind, kann ich mit Ihnen Dinge programmieren, die zeigen, welchen Mehrwert es mit sich bringt, dass diese Daten freigegeben wurden. Mittlerweile kommt auch die Wirtschaft immer öfter auf den Trichter, dass offene Daten sehr wichtig sind und es zu ihrem Vorteil ist, wenn sie Daten bereit stellen oder nutzen können. Ein Beispiel sind die Bonner Tiefgaragen, die Informationen über Ihre Belegungen als eine der ersten freigeben haben. So kann ich vorher schon schauen, ob die Tiefgarage am Markt noch Plätze frei hat, bevor ich zur Hochzeit im Alten Rathaus zu spät komme. Und auch Bürger können Daten in dieses Portal abgeben. das läuft dann unter dem Begriff „Social  Open Data“ und zeigt die Potentiale von Crowdsourcing und Citizen Science in den Zukunftsstädten.

CarSharing in der Nachbarschaft

Tiefgaragen sind ein weiteres gutes Thema, an dem man die Chancen einer Sharing Economy aufzeigen kann. In meiner Nachbarschaft gibt es eine große Tiefgarage, die teilweise von Firmen und teilweise von Privatleuten genutzt wird. Jeden Tag kann ich dort das gleiche Schauspiel beobachten: morgens kommen alle Firmenmitarbeiter mit ihren eigenen Autos an und füllen den Firmenteil der Tiefgarage. Etwa zur gleichen Zeit steigen die Anwohner in ihre Autos und fahren ihrerseits zur Arbeit um so den anderen Teil der Tiefgarage zu leeren. Smart ist das nicht.

Wie könnte die Lösung aus einer idealen SmartCity aussehen? Morgens kommen die Kollegen aus den Büros in der Nachbarschaft mit den SmartCity-Sharing-Fahrzeugen vom Land in die Stadt gefahren. Ich bekomme eine Benachrichtigung auf dem Smartphone, dass ein Auto zur Verfügung steht. Ich gehe in die Tiefgarage und entriegele das gleiche Auto und fahre damit zur Arbeit. Am Nachmittag komme ich zurück und etwa 30 Minuten später fährt ein anderer Kollege mit dem Wagen wieder los aufs Land. Damit hätte das Auto schon eine 50% höhere Auslastung und ein weiteres Auto müsste gar nicht erst gebaut werden.

Am Einzelbeispiel funktioniert das nicht mehr gut: Was, wenn einer zu spät kommt? Wer fährt tanken? Aber wenn dort eine ganze Flotte von Autos zur Verfügung steht und smarte Apps Autos und Fahrer miteinander verbinden und die App aus den Fahrzeiten lernen, dann ist das überhaupt kein Problem und funktioniert immer besser, je mehr daran teilnehmen. Mein Nachbar ist schon lange auf den Trichter gekommen und rechnet mir gerne vor, was für ein finanzieller Wahnsinn dort unten in der Tiefgarage jeden Tag passiert. Aber wer rechnet schon die „versunkenen Kosten“ eines Autolebens, die Versicherung, die Reparaturen, etc., wenn er diese mit den Kilometerkosten eines CarSharing vergleicht. „Was, die Fahrt zum Supermarkt kostet 5€?“. Der Vergleich ist halt einfach falsch. Trotzdem, das Bedürfnis ein Auto zu besitzen, ist bei vielen immer noch vorhanden, manchmal auch aus guten Gründen. Darum denke ich auch nicht, dass eines Tages, die gesamte Tiefgarage durch CarSharing abgelöst wird, sondern eine Vielfalt der Angebote dafür sorgt, dass ich das beste Angebot auswählen kann: das E-Bike, wenn ich nur kurz zur Bibliothek ein Buch holen möchte, der Elektro-Smart für die Fahrt zum Freund im anderen Stadtteil, ein Siebensitzer, wenn man mit mehreren wegfährt, der Transporter für den Umzug und den Einkauf im Baumarkt und den Elektro-Tesla, wenn ich leise, schnell und umweltfreundlich Eindruck schinden will. Erste Pilotprojekte in diese Richtung gibt es schon, zum Beispiel Car2Share von Mercedes. Etwas anders sind die Konzepte von tamyca und Autonetzer, wo Privatleute ihre Autos (meist tagweise) vermieten. Vielleicht hat ja ein CarSharing Anbieter Interesse daran, ein Modellprojekt in unserer Tiefgarage zu starten? Es dürften gerne ein paar Elektoautos dabei sein, Steckdosen und Parkplätze sind genug vorhanden, private und geschäftliche Nutzer wohnen direkt in der Umgebung.

E-Bikes und autonom fahrende Elektroautos

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Elektrobus bei der Cebit 2015

Nur alte Menschen fahren E-Bikes, das ist auch so ein Vorurteil. Ich muss zugegeben, dass ich mit dieser Kategorie von Mobilität schon mehr als geflirtet habe. Fast hätte ich nach einigen Testfahrten, besonders mit den kW-starken Modellen, mehrere tausend Euro ausgegeben, denn es macht enorm Spaß mit 45 km/h Rad zu fahren und beispielsweise so am Rhein entlang zur Arbeit zu pendeln, ohne verschwitzt anzukommen und das mit Zeiten, die man mit einem Auto niemals schaffen würde, denn der Rhein kennt keine Ampeln. Leider sind auf dem Rheinweg nur 25km/h-eBikes erlaubt und da ist man mit dem Rennrad schneller, wenn auch verschwitzt. Auch bei größeren Distanzen im Alltag macht ein eBike Sinn, wenn man die Strecken sonst zum Beispiel mit dem Auto fahren würde.

Traumhaft wären eBikes zum Leihen und Fahren: In Berlin habe ich es oft genossen, ein Rad via Call a Bike per App zu entriegeln und ganz woanders wieder abzustellen. Diese Freiheit hätte ich gerne bei allen Verkehrsmitteln. Hop on and off. Und eine weitere Freiheit fände ich schön: nämlich zu entscheiden, ob ich selbst fahren will, weil ich gerade Freude am Fahren habe, oder ob ich mich kutschieren lassen möchte, da mir die Emails oder Tweets gerade wichtiger sind und ich trotzdem niemanden gefährden möchte, weil ich abgelenkt bin. Einen Chauffeur kann man sich ja neben dem autonomen Fahren sonst nur im öffentlichen Nahverkehr leisten, wenn mir auch in den Elektrobussen noch die Steckdose zum Aufladen des Smartphones fehlt.

Freies WLAN und kostenloser ÖPNV: soziales Wirtschaften

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Eigentlich kann doch nicht viel schiefgehen?

Apropos „sich etwas leisten können“: Ich würde mir wünschen, dass der öffentliche Nahverkehr zumindest für alle Bonner kostenlos wäre. Genau ein solches Bürgerticket wird am Dienstag, den 26. Mai 2015 von den Bonner Piraten mit Verkehrsexperten diskutiert. Es wäre zumindest eine konsequente politische Entscheidung, wenn man immer weiter Dinge zentralisiert, wie beispielweise die Verwaltung und die Stadteilbibliotheken. Wie unsozial ist es, dass jemand für das Leihen eines Buches in der Stadtteilbibliothek mehr für ein Busticket bezahlen muss, als wenn er sich das selbe gebrauchte Buch online bestellt und per Post liefern lässt?

Und wenn ich schön bei meiner Wunschliste für die Zukunftsstadt Bonn angekommen bin: wir brauchen vernünftiges freies WLAN in der ganzen Stadt, in jedem Bus und in jeder Bahn. Ich merke jeden Tag bei meinen Wegen durch die Stadt, wo ich eingeschränkt werde, weil ich mich nicht vernetzen kann, weil ich so nicht das volle Potential als Mitarbeiter, in der Wirtschaft, in Wissenschaft und als Bürger ausüben kann.

Bonn ist nicht nur eine internationale Stadt und eine Stadt der Wissenschaft. Bonn ist schon lange eine digital-vernetzte Stadt. Trotzdem ist der Weg zur Zukunftsstadt noch weit und wackelig.

49 Kommentare

  1. Du hast vollkommen recht. Das Thema E-Bikes / Pedelec ist mitnichten nur etwas für alte Leute. Das ist für jeden Pendler eine hochinteressante Alternative – zumal der Aktionsradius durch ein E-Bike noch mal deutlich erhöht wird – aber das nur am Rande. Vielen Dank für den Beitrag und viele Anregungen :)

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