5-3-1 Fragen an Bonner Bundestagskandidat:innen

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Bon­ner Di­rekt­kan­di­da­tin­nen und -kan­di­da­ten von Par­tei­en, die sehr wahr­schein­lich nicht in den kom­men­den Bun­des­tag ein­zie­hen wer­den, ha­ben wir ei­nen Fra­gen­ka­ta­log zu­ge­schickt. Hier sind die Ant­wor­ten von Ro­ger Stamm, Jut­ta Acar, Gre­gor Ber­nei­ser und Li­via Ju­lia­ne Genn. Die Kan­di­da­ten Rein­hold Lim­bach und Mo­ritz van den Bergh ha­ben un­se­re Fra­gen lei­der nicht be­ant­wor­tet. Soll­te sich das än­dern, rei­chen wir sie ger­ne nach.

Es gab für jede:n Kandidat:in neun Fra­gen: 5 zur Bun­des­po­li­tik, 3 zu Bonn, 1 zur Per­son. Die Na­vi­ga­ti­on er­folgt über die Schalt­flä­chen „Vo­he­ri­ge“ und „Nächs­te“. Die Rei­hen­fol­ge rich­tet sich nach dem Ein­gang der Ant­wor­ten. Die Ant­wor­ten selbst wur­den nicht durch Bundesstadt.com über­ar­bei­tet, son­dern stam­men di­rekt von den Kandidat:innen.

  1. Dr. Ro­ger Stamm, Marxistisch-Leninistische Par­tei Deutsch­lands (MLPD)
  2. Jut­ta Acar, Freie Wäh­ler (FW)
  3. Gre­gor Ber­nei­ser, DieBasis
  4. Li­via Ju­lia­ne Genn, Volt

1. Dr. Roger Stamm, Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)

Ro­ger Stamm, MLPD

5 Fragen zur Bundespolitik

Wel­che Lö­sung gibt es für die Ver­kehrs­pro­ble­ma­tik? Vor­fahrt für den In­di­vi­du­al­ver­kehr oder Stär­kung des ÖPNV? Und wie soll das prak­tisch aussehen?

Die För­de­rung des öf­fent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr muss ers­te Prio­ri­tät ha­ben. Der Nah­ver­kehr muss at­trak­tiv und des­halb kos­ten­los sein. Ei­ne kos­ten­lo­ses An­ge­bot ist ein wirk­sa­mer He­bel, den In­di­vi­du­al­ver­kehr deut­lich zu re­du­zie­ren. Es er­for­dert na­tür­lich auch In­ves­ti­tio­nen, um die Ka­pa­zi­tä­ten zu schaf­fen. Mittel- bis lang­fris­tig ist das für die Ge­sell­schaft auch am wirt­schaft­lichs­ten. Der zu­künf­ti­ge Ver­kehr muss Mas­sen­ver­kehrs­mit­tel und In­di­vi­du­al­ver­kehr den Be­dürf­nis­sen der Men­schen ent­spre­chend ver­net­zen. Pri­va­te PKW, die viel Platz be­nö­ti­gen, müs­sen durch an­de­re Res­sour­cen und Um­welt scho­nen­de Ver­kehrs­mit­tel er­setzt werden. 

Un­se­re For­de­run­gen sind: Vor­ran­gi­ger Aus­bau ei­nes um­welt­ver­träg­li­chen, kos­ten­lo­sen öf­fent­li­chen Nah­ver­kehrs! Deut­li­cher Aus­bau der Fahr­rad­we­ge! Er­set­zen von Ver­bren­nungs­mo­to­ren durch ei­nen Mix aus batterie-, brennstoffzellen-, was­ser­stoff­be­trie­be­nen und di­rekt Strom ab­neh­men­den Fahr­zeu­gen, auf der Ba­sis von er­neu­er­ba­ren En­er­gien bis spä­tes­tens 2030. Die Pro­ble­me sind al­ler­dings lo­kal al­lei­ne nicht lös­bar. Wir brau­chen ei­ne all­ge­mei­ne Wen­de in der Ver­kehrs­po­li­tik. Die­se Wen­de müs­sen wir uns er­kämp­fen ge­gen die Pro­fit­in­ter­es­sen z.B. der gro­ßen Au­to­her­stel­ler und ge­gen die Regierung.

Wie sieht Ihr Re­zept für mehr Woh­nungs­bau und güns­ti­ge­re Mie­ten aus?

Woh­nun­gen sind heu­te zum gro­ßen Teil Spe­ku­la­ti­ons­ob­jek­te mit über­durch­schnitt­li­chen Ren­di­ten. Woh­nen ist Men­schen­recht. Im­mer mehr Mie­ter ste­hen auf und schlie­ßen sich zu­sam­men. Das In­ter­na­tio­na­lis­ti­sche Bünd­nis un­ter­stützt den Kampf ge­gen ex­plo­die­ren­de Mie­ten und Ne­ben­kos­ten – für be­zahl­ba­ren, um­welt­ge­rech­ten und le­bens­wer­ten Wohnraum!

Das ein­zig rea­lis­ti­sche „Re­zept“ ist, die­se Zie­le auf Kos­ten der Pro­fi­te der Woh­nungs­bau­un­ter­neh­men durch­zu­set­zen durch ei­ne brei­ten Pro­test und ei­ne har­ten, aus­dau­ern­den Kampf.

Wie kann ei­ne Ka­ta­stro­phe wie das Hoch­was­ser im Ahrtal in Zu­kunft bes­ser ge­hand­habt wer­den? Wie kön­nen mehr Le­ben ge­ret­tet werden?

Die Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe hat ge­zeigt: Ei­ne An­pas­sung an die Fol­gen des „Kli­ma­wan­dels“, der ei­gent­lich ein Über­gang in ei­ne glo­ba­le Um­welt­ka­ta­stro­phe ist, ist il­lu­so­risch. Die Ur­sa­chen, v.a. der wei­ter un­ge­brems­te Aus­stoß von Treib­haus­ga­sen müs­sen so be­kämpft wer­den, wie es ob­jek­tiv er­for­der­lich ist. Die Bun­des­re­gie­run­gen der letz­ten Jahr­zehn­te ha­ben den Um­welt­schutz den Pro­fit­in­ter­es­sen der Kon­zer­ne ge­op­fert. Sie ha­ben die mut­wil­li­ge Zer­stö­rung un­se­rer Le­bens­grund­la­gen mit vor­an­ge­trie­ben z.B. durch Ver­hin­de­rung der not­wen­di­gen Ab­sen­kung der CO2-Emissionsgrenzwerte der EU im In­ter­es­se der deut­schen Au­to­kon­zer­ne. Die CO2-Steuer, die den „nor­ma­len Men­schen“ das Geld aus der Ta­sche zie­hen soll, leh­ne ich ab.

An­ge­sichts der Ka­ta­stro­phe ha­ben Re­gie­rung und Be­hör­den weit­ge­hend ver­sagt. Das Den­ken ist ge­kenn­zeich­net durch „auf Sicht fah­ren“, was da­zu ge­führt hat, dass nicht ge­han­delt wur­de, als es nö­tig war und dass es kei­nen Plan z.B. für Eva­ku­ie­run­gen gab. Das ist ei­ne bei­na­he un­glaub­li­che Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit. Und das Ver­sa­gen geht nach der Ka­ta­stro­phe wei­ter. Da­ge­gen zei­gen die vie­len frei­wil­li­gen und un­ei­gen­nüt­zi­gen Hel­fer die rich­ti­ge Einstellung.

Un­se­re For­de­run­gen sind:

For­cier­te Um­stel­lung auf 100 Pro­zent er­neu­er­ba­re sau­be­re En­er­gien bis 2030 auf Kos­ten der Pro­fi­te, vor al­lem aus Wind, So­lar­an­la­gen, Was­ser und Bio­ab­fäl­len! Mas­si­ver Aus­bau und Fi­nan­zie­rung von So­lar­an­la­gen aus ei­ner am Um­satz ori­en­tier­ten En­er­gie­steu­er für Atom, Kohle-, Gas- und Öl­kon­zer­ne! För­de­rung von „Bür­ger­so­lar­an­la­gen“, Ab­schaf­fung bü­ro­kra­ti­scher Schi­ka­nen zur Nut­zung von Klein-Solaranlagen!   So­for­ti­ge Still­le­gung al­ler Braunkohle-Kraftwerke und Ver­bot der Ver­bren­nung fos­si­ler En­er­gie­trä­ger ab 2030! Ver­gleich­ba­re Er­satz­ar­beits­plät­ze für al­le Be­schäf­tig­ten vor­ran­gig im Um­welt­schutz!  Ar­beits­plät­ze und Um­welt­schutz ge­hö­ren für uns un­trenn­bar zusammen!

Für die­se Zie­le müs­sen sich im­mer mehr Men­schen zu­sam­men­schlie­ßen im ak­ti­ven Wi­der­stand und Kampf für die Ret­tung der Um­welt. Die­ser Kampf muss ge­gen die Pro­fit­wirt­schaft und ge­gen die Re­gie­run­gen ge­führt wer­den. Letzt­end­lich muss er ge­sell­schafts­ver­än­dernd sein, denn der Raub­bau an der Na­tur ist im Ka­pi­ta­lis­mus systemimmanent. 

Wie­so geht die Di­gi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land so schlep­pend vor­an und was könn­ten Sie bzw. Ih­re Par­tei dar­an verändern?

Schlep­pend ist die Ver­sor­gung der Men­schen in der Flä­che, weil die In­ves­ti­tio­nen of­fen­sicht­lich für die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men nicht oder nicht ge­nug loh­nen. In 5G wur­de da­ge­gen mas­siv in­ves­tiert. Die In­ves­ti­tio­nen in Di­gi­ta­li­sie­rung fin­den ge­nau dort statt, wo sie der Kon­kur­renz­fä­hig­keit gro­ßer Un­ter­neh­men die­nen. Wir for­dern, dass die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men zum Aus­bau schnel­len In­ter­nets in der Flä­che ver­pflich­tet wer­den. Wir for­dern den Stopp der mas­sen­haf­ten Über­wa­chung der Be­völ­ke­rung durch Ka­me­ras, Vor­rats­da­ten­spei­che­rung, Staats­tro­ja­ner etc.

Wie soll das ge­hen, wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und Kli­ma­schutz in einem?

Nur im So­zia­lis­mus wird es kei­nen Ge­gen­satz mehr zwi­schen Um­welt­schutz und Öko­no­mie ge­ben. Der Ka­pi­ta­lis­mus kann of­fen­sicht­lich heu­te nur noch le­ben, wenn er un­se­re Le­bens­grund­la­gen und die na­tür­li­chen Res­sour­cen rück­sichts­los für sei­ne Pro­fi­te zer­stört und ver­braucht. Heu­te kön­nen Fort­schrit­te nur auf Kos­ten der Pro­fi­te der gro­ßen Un­ter­neh­men und ihr Pro­fit­sys­tem durch­ge­setzt werden.

3 Fragen zu Bonn

Was ist das drän­gends­te Pro­blem in Bonn, das in Ber­lin ge­löst wer­den muss?

Im Bun­des­tag wird si­cher kein Pro­blem für Bonn ge­löst. Da­für müs­sen die Men­schen in Bonn, Ber­lin und an­ders­wo ge­mein­sam auf die Stra­ße ge­hen. Da­für will ich die Leu­te in mei­nem Wahl­kampf ge­win­nen: nicht auf Stell­ver­tre­ter im Par­la­ment set­zen, die an­de­ren In­ter­es­sen fol­gen und das „Sach­zwän­ge“ nen­nen, son­dern mit mir zu­sam­men ak­tiv wer­den. Um das zu un­ter­stüt­zen, wür­de ich ggf. mein Par­la­ments­man­dat nutzen.

Für was soll­te Bonn be­kannt sein? Als Beethoven-, als Bundes- oder als Nach­hal­tig­keits­stadt? Oder was ganz anderes?

Bonn ist ei­ne schö­ne, kul­tur­vol­le Stadt. Ich bin An­fang der 1970er Jah­re hier­her ge­zo­gen. Lo­kal­pa­trio­tis­mus steht bei mir nicht vor­ne dran. Aber vor­bild­li­che Nach­hal­tig­keit, wenn sie nicht nur „Green­wa­shing“ ist, stün­de Bonn gut.

Bonn ist ei­ne wach­sen­de Stadt und es gibt ei­ne zu­neh­men­de Wohn­raum­ver­dich­tung. Wie wich­tig sind ih­nen Frei- und Grünflächen/Bäume?

Nicht nur mir. Frei- und Grün­flä­chen, Bäu­me, Ent­sie­ge­lung von Flä­chen soll­ten selbst­ver­ständ­lich sein für die Ge­sund­heit und das Wohl­be­fin­den der Be­woh­ner. Wie kann man das über­haupt in Fra­ge stellen?

1 Frage zu Ihnen

In ei­nem Satz: War­um soll­ten wir Sie wählen?

Stim­men Sie für ei­ne Po­li­tik, die Men­schen für den Kampf um ih­re In­ter­es­sen zu­sam­men­schlie­ßen will und ei­nen rea­lis­ti­schen Plan hat: Sozialismus.

2. Jutta Acar, Freie Wähler (FW)

Jut­ta Acar, Freie Wähler

5 Fragen zur Bundespolitik

Wel­che Lö­sung gibt es für die Ver­kehrs­pro­ble­ma­tik? Vor­fahrt für den In­di­vi­du­al­ver­kehr oder Stär­kung des ÖPNV? Und wie soll das prak­tisch aussehen?

Bun­des­wei­te Aus­wir­kung hät­te die von den GRÜ­NEN ge­for­der­te Ein­füh­rung ei­ner Richt­ge­schwin­dig­keit von Tem­po 30 in den Städ­ten an­stel­le Tem­po 50. Ob dies aber zu ei­ner Ver­kehrs­ent­las­tung und po­si­ti­ven Aus­wir­kung auf das Kli­ma führt, möch­te ich mit fol­gen­der Er­klä­rung sehr in Fra­ge stel­len: Wenn Au­tos mit Tem­po 30 fah­ren wird im All­ge­mei­nen im Ge­trie­be ein nied­ri­ge­rer Gang ein­ge­legt als bei Te­mo 50. Da­her dreht der Mo­tor häu­fi­ger um ei­nen Ki­lo­me­ter zu­rück­zu­le­gen und da­mit ver­braucht der Mo­tor z.B. auf 100 km ei­nen Li­ter mehr. Wie­viel Ki­lo­me­ter im Jahr in Bonn von al­len Au­tos zu­rück­ge­legt wer­den  ge­teilt durch 100 mul­ti­pli­ziert mit 1l und mul­ti­pli­ziert mit et­wa 2500 g er­gibt ei­ne rie­si­ge Men­ge an mehr CO2 durch die­se Änderung.

Vor­fahrt soll­te es we­der für den In­di­vi­du­al­ver­kehr noch für den ÖPNV ge­ben, son­dern die Mo­bi­li­täts­be­dürf­nis­se Al­ler müs­sen ins­ge­samt be­rück­sich­tigt wer­den. Un­ab­hän­gig von ent­we­der oder muss der ÖPNV deut­lich ver­bes­sert und aus­ge­baut wer­den, das wür­de den städ­ti­schen Ver­kehr ent­las­ten und das Kli­ma scho­nen. Auch bun­des­weit, z.B. beim Zug­ver­kehr, muss nach­ge­bes­sert wer­den. Hier geht es um Zu­ver­läs­sig­keit, Tak­tung und at­trak­ti­ve Preis­ge­stal­tung und da­zu ge­hö­ren auch zeit­ge­mä­ße Bahn­hö­fe mit gu­ter Aufenthaltsqualität.

Wie sieht Ihr Re­zept für mehr Woh­nungs­bau und güns­ti­ge­re Mie­ten aus?

Zu­nächst: der wach­sen­de Wohn­raum­be­darf in den Städ­ten geht mei­ner Mei­nung nach ein­her mit der Ver­kehrs­pro­ble­ma­tik. Ich bin über­zeugt, dass Men­schen bei ei­nem zeit­ge­mä­ßen ÖPNV-Angebot nicht mehr ih­rem Ar­beits­platz in an­de­ren Gemeinden/Städten hin­ter­her­zie­hen wol­len oder müs­sen. Der an­ge­spann­te Woh­nungs­markt in den Me­tro­po­len und Ober­zen­tren treibt die Miet­prei­se nach oben. Das An­ge­bot an be­zahl­ba­rem Wohn­raum deckt längst nicht mehr die Nach­fra­ge. Die Ant­wort auf die­se Ent­wick­lung kann nicht die gren­zen­lo­se Nach­ver­dich­tung in den Städ­ten sein. Grün- und Er­ho­lungs­flä­chen müs­sen er­hal­ten blei­ben und die Be­last­bar­keits­gren­zen der In­fra­struk­tur be­dacht wer­den, da­mit die Le­bens­qua­li­tät in den Städ­ten lang­fris­tig er­hal­ten bleibt. Ver­bun­den mit der An­for­de­rung von gleich­wer­ti­gen Le­bens­ver­hält­nis­sen in Stadt und Land muss die Wohn­bau­för­de­rung in Re­gio­nen ge­dacht wer­den und das Um­land stär­ker ein­be­zo­gen wer­den. Die An­bin­dung an Ober­zen­tren muss ins­be­son­de­re im ÖPNV ver­bes­sert werden.

Statt für ei­nen in­ves­ti­ti­ons­feind­li­chen Mie­ten­de­ckel ste­hen die Frei­en Wäh­ler für zweck­ge­bun­de­ne Bür­ger­an­lei­hen nach Mün­che­ner Vor­bild. Sie schaf­fen den fi­nan­zi­el­len Frei­raum, das Vor­kaufs­recht für Im­mo­bi­li­en nut­zen zu kön­nen, und er­mög­li­chen der öf­fent­li­chen Hand so, neu­en so­zia­len Wohn­raum zu er­schlie­ßen. Das Le­ben in den ei­ge­nen vier Wän­den darf kein Pri­vi­leg der ge­sell­schaft­li­chen Eli­ten sein, son­dern muss der Mit­te der Be­völ­ke­rung zu­gäng­lich sein. Ei­ne ho­he Wohn­ei­gen­tums­quo­te macht un­ser Land kri­sen­fest, schützt vor Al­ters­ar­mut, schafft ge­ne­ra­tio­nen­über­dau­ern­de Wer­te und er­höht die per­sön­li­che Frei­heit in un­se­rem Land. Ne­ben der Wie­der­ein­füh­rung der Ei­gen­heim­zu­la­ge und der Stär­kung von Miet­kauf­mo­del­len wol­len wir des­we­gen auch ei­ne Sen­kung der Grund­er­werbs­kos­ten für Wohn­ei­gen­tum er­rei­chen. Da­zu muss die Grund­er­werbs­steu­er ge­senkt wer­den.  Au­ßer­dem stre­ben wir ei­ne Re­nais­sance der Erb­pacht­grund­stü­cke an, um auch Men­schen mit klei­nem und mitt­le­rem Ein­kom­men den Weg zum Wohn­ei­gen­tum zu ebnen. 

Wie kann ei­ne Ka­ta­stro­phe wie das Hoch­was­ser im Ahrtal in Zu­kunft bes­ser ge­hand­habt wer­den? Wie kön­nen mehr Le­ben ge­ret­tet werden?

In den letz­ten Jah­ren wur­de der Zivil- und Ka­ta­stro­phen­schutz deut­lich ver­nach­läs­sigt. Ge­ra­de die Covid-19-Pandemie aber auch die jüngs­te Flut­ka­ta­stro­phe ha­ben uns die er­heb­li­chen De­fi­zi­te in al­len maß­geb­li­chen Be­rei­chen vor Au­gen ge­führt. Man kann schon fast sa­gen, das das Staats­ver­sa­gen als neue Nor­ma­li­tät ge­se­hen wird. Der Be­völ­ke­rungs­schutz so­wie das Ka­ta­stro­phen­ma­nage­ment müs­sen des­halb die Hand von er­fah­re­nen Fach­leu­ten und dür­fen nicht in den Hän­den der Po­li­ti­ker ver­blei­ben.  Bau­li­che und tech­ni­sche In­fra­struk­tur (z.B. Not­strom­ag­gre­ga­te) müs­sen er­neu­ert und aus­ge­baut wer­den. Hier­zu be­darf es wie­der re­gel­mä­ßi­ger Ka­ta­stro­phen­schutz­übun­gen bis hin in die Kom­mu­nen. Auch de­zen­tra­le Versorgungs- und La­ger­struk­tu­ren für sys­tem­re­le­van­te Ar­ti­kel müs­sen wie­der flä­chen­de­ckend auf­ge­baut wer­den – sie­he Mas­ken bei Co­ro­na (es gab z.B ei­ne gro­ße Fir­ma im Köl­ner Sü­den, die mehr als 10.000 Mas­ken für Mit­ar­bei­ter für den Pan­de­mie­fall 2012 be­reits ein­ge­la­gert hat­te). Die Auf­recht­erhal­tung der Hand­lungs­fä­hig­keit der Ver­wal­tung so­wie von Si­cher­heit und Ord­nung auf al­len Ebe­nen ist von ele­men­ta­rer Be­deu­tung. Hier­zu brau­chen ins­be­son­de­re die Kom­mu­nen fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung und gu­te Leu­te aus der Wirt­schaft für not­wen­di­ge In­fra­struk­tur­maß­nah­men, et­wa in Form von För­der­pro­gram­men. Bei all die­sen Auf­ga­ben kön­nen auch Tä­tig­keits­be­rei­che im Rah­men ei­nes Ge­sell­schafts­jah­res – für das die Frei­en Wäh­ler ste­hen – für Al­le ge­schaf­fen werden. 

Wie­so geht die Di­gi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land so schlep­pend vor­an und was könn­ten Sie bzw. Ih­re Par­tei dar­an verändern?

In Sa­chen Di­gi­ta­li­sie­rung müss­te der Staat mehr wie ein Un­ter­neh­men han­deln und in­ves­tie­ren. Die Wirt­schaft und ih­re Un­ter­neh­men sind auf dem Di­gi­ta­li­sie­rungs­we­ge den staat­li­chen Be­hör­den längst weit vor­aus. Die Di­gi­ta­li­se­rung wur­de bis­her ein­fach aus­ge­ses­sen, dies hat uns auch die Corona-Pandemie deut­lich vor Au­gen ge­führt.  Die Frei­en Wäh­ler ste­hen für die Be­reit­stel­lung ei­ner leistungs- und zu­kunfts­fä­hi­gen In­fra­struk­tur als Grund­vor­aus­set­zung und Im­puls­ge­ber ei­ner er­folg­rei­chen wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung. Ne­ben den wirt­schaft­li­chen Aspek­ten ist die Di­gi­ta­li­sie­rung als Chan­ce für die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Be­ruf so­wie für Bar­rie­re­frei­heit zu be­trach­ten und mit Blick auf die not­wen­di­ge Mo­bi­li­täts­wen­de ge­ra­de im länd­li­chen Raum zu for­cie­ren. Wir wol­len in „Smart Vil­la­ges“ min­des­tens ge­nau­so viel in­ves­tie­ren wie in „Smart Ci­ties“. Ein Schwer­punkt muss da­bei das Le­ben im Al­ter sein. Die Di­gi­ta­li­sie­rung bie­tet Chan­cen für äl­te­re Men­schen, da­mit die­se mög­lichst lan­ge in ih­rem Um­feld le­ben kön­nen. Der Be­griff „Smart Ci­ty“ ist weit ge­fasst. Er um­fasst z.B. das elek­tro­ni­sche An­trags­we­sen und das In­ter­net der Din­ge, wo­zu et­wa das in­tel­li­gen­te Steu­ern des Stra­ßen­ver­kehrs, die Op­ti­mie­rung der Res­sour­cen des öf­fent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehrs und vie­le wei­te­re In­for­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tun­gen und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge ge­hö­ren. Sinn­vol­le An­wen­dun­gen kön­nen das Le­ben der Men­schen er­leich­tern, Ef­fi­zi­en­zen he­ben und zur Emis­si­ons­ver­mei­dung bei­tra­gen. In vie­len eu­ro­päi­schen Län­dern fin­det der ge­sam­te An­trags­pro­zess (Ausweis-, Mel­de­we­sen etc.) be­reits nur noch via In­ter­net statt. Aus un­se­rer Sicht ist es den Kom­mu­nen zu er­mög­li­chen, ih­ren Bürger*innen die­se Werk­zeu­ge an die Hand zu ge­ben. Ins­be­son­de­re kör­per­lich ein­ge­schränk­te Per­so­nen wür­den da­von pro­fi­tie­ren. Vie­le deut­sche Kom­mu­nen ar­bei­ten be­reits an der Di­gi­ta­li­sie­rung ih­rer Ver­wal­tung. Das On­line­zu­gangs­ge­setz ver­pflich­tet Bund, Län­der und Kom­mu­nen, bis En­de 2022 ih­re Ver­wal­tungs­leis­tun­gen über Ver­wal­tungs­por­ta­le auch di­gi­tal an­zu­bie­ten. Von die­sem Ziel darf nicht ab­ge­wi­chen wer­den. Nach den Er­fah­run­gen der Corona-Pandemie muss noch mehr Wert auf ei­ne zeit­na­he und um­fas­sen­de Um­set­zung ge­legt wer­den. Ein Bei­spiel wie Di­gi­ta­li­sie­rung nicht ab­lau­fen darf, ist der Weg in Bonn ein Schwimm­bad­ti­cket on­line zu be­stel­len. Da­zu braucht man 5 Mi­nu­ten und ge­fühlt 15 Klicks. Wenn sie bei ei­nem On­line­händ­ler mit pay pal be­zah­len brau­chen sie zum Aus­wäh­len des Pro­dukts, der An­zahl, der Be­zahl­form 3-4 Klicks und ge­ben dann Ihr Pay­pall­pass­wort ein. Fertig.

Wie soll das ge­hen, wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und Kli­ma­schutz in einem?

Kli­ma­schutz birgt ge­ra­de­zu wirt­schaft­li­ches Wachs­tum, denn es steckt gro­ßes Po­ten­ti­al für al­ter­na­ti­ve neue Pro­duk­te und Ge­schäfts­fel­der und nö­ti­ge En­er­gie­ver­sor­gung­da­rin. Wir dür­fen aber nicht wei­ter­hin den An­schluss ver­pas­sen, wie et­wa bei E-Fahrzeugen. Da ha­ben den deut­schen Au­to­bau­ern an­de­re welt­weit agie­ren­de Un­ter­neh­men zu­nächst den Rang ab­ge­lau­fen, Deutsch­land hat die Ent­wick­lung von E-Kfz lan­ge ab­ge­tan und ist dann ge­zwun­ge­ner­ma­ßen auf­ge­sprun­gen. In­zwi­schen ist man beim Au­to­no­men Fah­ren, das hat ja sehr viel mit Ver­kehrs­steue­rung zu tun. Beim An­trieb ist das E-Auto nicht das En­de al­ler Fra­ge­stel­lun­gen, wenn ich an sel­te­ne Er­den den­ke, die­se wer­den für den Akku-Bau be­nö­tigt, ma­che ich mir Sor­gen um Na­tur und Men­schen. Hier heißt es, früh­zei­tig auf Al­ter­na­ti­ven zu bau­en, wie z.B. Was­ser­stoff. Der muss aber dann auch sau­ber her­ge­stellt wer­den, soll hei­ßen: al­ter­na­ti­ve En­er­gie­ge­win­nung. Wich­tig ist jetzt Kli­ma­schutz als Mo­tor für wirt­schaft­li­ches Wachs­tum zu be­grei­fen. Man kann auch nicht da­von aus­ge­hen, dass die Tech­no­lo­gie in kür­zes­ter Zeit ent­wi­ckelt wird. Von der Dampf­ma­schi­ne bis zum Ver­bren­nungs­mo­tor hat es auch 100 Jah­re und sehr viel In­ge­nieurs­kunst ge­braucht. Jetzt sind wir ge­ra­de da­bei die ers­ten E Au­tos in Se­rie her­zu­stel­len. Bis die so aus­ge­reift sind wie die mo­derns­ten Ver­bren­nungs­mo­to­ren wird es noch Zeit brau­chen. Hin­zu kommt, dass wir in Deutsch­land ei­nen enor­men Rück­gang am In­ter­es­se der Tech­ni­schen und Wis­sen­schaft­li­chen Be­ru­fe ha­ben. Da muss im Bil­dungs­sys­tem und in der Er­zie­hung ei­ni­ges pas­sie­ren.  Man darf auch nicht ver­ges­sen, dass Chi­na in den letz­ten 20 Jah­ren mit al­ler Ge­walt in al­le Märk­te drängt und mitt­ler­wei­le größ­ter C02 Pro­du­zent ge­wor­den ist.

3 Fragen zu Bonn

Was ist das drän­gends­te Pro­blem in Bonn, das in Ber­lin ge­löst wer­den muss?

Die Ver­kehrs­si­tua­ti­on und der Wohn­raum­be­darf in Bonn sind drän­gen­de Pro­blem­stel­lun­gen, die­se müs­sen über­re­gio­nal be­trach­tet und ge­löst wer­den. Bonn ist kei­ne In­sel. Wenn man die­se Pro­ble­me nur städ­tisch be­trach­tet und an­geht, wer­den die na­tür­lich ge­setz­ten Gren­zen sehr bald dras­tisch sichtbar.

Für was soll­te Bonn be­kannt sein? Als Beethoven-, als Bundes- oder als Nach­hal­tig­keits­stadt? Oder was ganz anderes?

Für Beet­ho­ven zu­sätz­lich kann Bonn be­kannt sein. Ei­ne Bun­des­stadt im Sin­ne ei­ner ech­ten Vor­zei­ge­stadt mit star­kem Nach­hal­tig­keits­cha­rak­ter wä­re wun­der­bar. Ei­ne le­bens­wer­te Stadt mit viel Grün und Frei­raum, gu­ter In­fra­stru­kur und mit viel­sei­ti­gen kul­tu­rel­len An­ge­bo­ten ei­ne er­leb­ba­re Stadt für Alle.

Bonn ist ei­ne wach­sen­de Stadt und es gibt ei­ne zu­neh­men­de Wohn­raum­ver­dich­tung. Wie wich­tig sind ih­nen Frei- und Grünflächen/Bäume?

Welch ei­ne Fra­ge!!! Frei- und Grün­flä­chen und viel Baum­be­stand sind die Vor­aus­set­zung für gu­tes Le­ben in un­se­rer Stadt. Grün­flä­chen und Bäu­me dür­fen nicht un­ter dem Deck­män­tel­chen Wohn­raum­be­darf blind­lings dau­er­haft ge­op­fert wer­den und die Le­bens­qua­li­tät ver­schlech­tern, die fort­schrei­ten­de Ver­sie­ge­lung von Bo­den muss auf­hö­ren. Wir brau­chen Frei­flä­chen für Ver­si­cke­rung und Bäu­me für die Küh­lung. Wie schon er­wähnt: Wohn­raum und In­fra­struk­tur sind über­re­gio­na­le The­men. Ein­fach zu sa­gen, dann bau­en wir in die Hö­he, das kann auch nicht die Lö­sung sein. Wir wür­den vie­ler­orts wich­ti­ge Luft­strö­me und Kalt­luft­schnei­sen ver­bau­en und mit zu­neh­men­der Hit­ze­be­las­tung zu kämp­fen haben.

1 Frage zu Ihnen

In ei­nem Satz: War­um soll­ten wir Sie wählen?

Weil ich kei­ne po­li­ti­schen Kar­rie­re­ab­sich­ten ha­be, denn mei­ne Le­bens­leis­tung ha­be ich in mei­nem Ar­beits­le­ben er­bracht; ich bin al­so kei­ne Be­rufs­po­li­ti­ke­rin und ver­ste­he des­halb die­se Kan­di­da­tur als Eh­ren­amt, denn es geht hier um das Ge­mein­wohl und nicht um ein­zel­ne po­li­ti­schen Karrieren.

3. Gregor Berneiser, DieBasis

Gre­gor Ber­nei­ser, DieBasis

5 Fragen zur Bundespolitik

Wel­che Lö­sung gibt es für die Ver­kehrs­pro­ble­ma­tik? Vor­fahrt für den In­di­vi­du­al­ver­kehr oder Stär­kung des ÖPNV? Und wie soll das prak­tisch aussehen?

Das Pro­blem mit der Ver­kehrs­po­li­tik der letz­ten Jah­ren ist, dass im­mer wie­der le­dig­lich ein­sei­tig auf das The­ma ge­schaut wird. Mal sol­len Au­to­bah­nen aus­ge­baut wer­den, dann das ÖPNV Netz, dann Rad­we­ge. Wir müs­sen den Ver­kehr end­lich ho­lis­tisch und vor Al­lem ideo­lo­gie­frei be­trach­ten. Der ÖPNV ist nicht at­trak­tiv, wä­re er das, wür­den ihn viel mehr Men­schen nut­zen. Wenn ich aber in Bonn mit dem Bus dop­pelt so lan­ge von A nach B brau­che wie mit dem Au­to und kei­nen Sitz­platz fin­de, wie­so soll­te ich dann den Bus neh­men? Wenn auf dem Land schlicht­weg kein Bus fährt und der nächs­te Bahn­hof Mi­nu­ten mit dem Au­to ent­fernt ist, dann le­dig­lich 2-3 Mal pro Tag ein Zug fährt, gibt es kei­ne Al­ter­na­ti­ve zum Au­to. Wenn ich mit dem Fahr­rad zwi­schen ge­park­ten Au­tos und ei­ner Haupt­ver­kehrs­stra­ße un­ter­wegs sein muss und stän­dig Ab­ga­se ein­at­me, wie­so soll­te ich dann Fahr­rad fahren?

Wie pas­sen mei­ne Ein­käu­fe für ei­ne vier­köp­fi­ge Fa­mi­lie aufs Fahr­rad oder in den Bus?  Ich könn­te jetzt im­mer wei­ter Bei­spie­le an­füh­ren, die je­doch al­le­samt auf das Glei­che hin­aus­lau­fen, es gibt kei­ne ein­sei­ti­ge Lösung.

Da­her kann es nur das Ziel sein, die Be­dürf­nis­se al­ler Ver­kehrs­teil­neh­mer ideo­lo­gie­frei zu er­fas­sen und ei­ne ge­mein­sa­me Lö­sung zu er­ar­bei­ten, an ei­nem run­den Tisch. Si­cher­lich gibt es kei­ne per­fek­te Lö­sung für je­des Trans­port­mit­tel, schlicht­weg Park­raum zu re­du­zie­ren oder will­kür­lich Tem­po 30 ein­zu­füh­ren er­gibt je­doch kei­nen Sinn.

In ur­ba­nen und dicht be­sie­del­ten Zen­tren macht ein Fo­kus auf at­trak­ti­ven ÖPNV si­cher­lich Sinn, auf dem Land über­haupt nicht. Der Aus­bau von Fahr­rad­we­gen ist sinn­voll, wenn da­für nicht Stra­ßen­flä­che ge­op­fert wird, was zu mehr Ver­stop­fung auf den Stra­ßen führt.

Am En­de ist es wie bei al­len Din­gen im Le­ben, die Men­schen ent­schei­den sich für das at­trak­tivs­te An­ge­bot. Gän­ge­lung und Zwang wi­der­spre­chen dem Grund­satz un­se­rer Par­tei. Lasst uns al­so den ÖPNV durch ei­ne bes­se­re Tak­tung und ein bes­se­res Netz at­trak­ti­ver ma­chen und Fahr­rad­we­ge dort sinn­voll aus­bau­en, wo Stra­ßen nicht un­nö­tig ein­ge­engt wer­den, dann re­du­ziert sich der PKW Ver­kehr oh­ne Ver­bo­te. Wer soll das be­zah­len? Das ist re­la­tiv ein­fach, al­lein die Ein­spa­run­gen durch den Stopp der Ver­schwen­dung von Steu­er­gel­dern las­sen mehr als ge­nug Spiel­raum hierfür.

Wie sieht Ihr Re­zept für mehr Woh­nungs­bau und güns­ti­ge­re Mie­ten aus?

Das ist re­la­tiv sim­pel. We­ni­ger Re­gu­lie­rung. Je mehr sich der Staat ein­mischt, sei es durch Quo­ten, Mie­ten­de­ckel oder Bau­vor­schrif­ten, des­to un­at­t­ra­ti­ver wird es neu­en Wohn­raum zu schaf­fen, der sich ren­tiert. Das De­sas­ter mit An­sa­ge ha­ben wir in Ber­lin ge­se­hen, Mie­ten­de­ckel ist mit In­ves­ti­ti­ons­stopp gleich­zu­set­zen. Die DDR hat uns ge­zeigt, wie staat­lich re­gu­lier­ter Wohn­raum funk­tio­niert, näm­lich gar nicht. Hin­zu kom­men in den letz­ten Jah­ren im­mer irr­wit­zi­ge­re Vor­schrif­ten für Däm­mung etc., die da­für sor­gen, dass das Bau­en im­mer teu­rer wird und ei­gent­lich nur die Her­stel­ler die­ser Ma­te­ria­li­en profitieren.

Güns­ti­ge Mie­ten kön­nen dort ent­ste­hen, wo gut und güns­tig ge­baut wer­den kann. So ein­fach ist das. Na­tür­lich müs­sen wir auf die schwar­zen Scha­fe ach­ten, die mit über­zo­ge­nen Mie­ten und we­nig In­stand­hal­tung den Pro­fit ma­xi­mie­ren wol­len. Aber die sind in der ab­so­lu­ten Min­der­heit. Ich selbst be­sit­ze Im­mo­bi­li­en, und mir ist es im­mer wich­tig lang­fris­ti­ge Mie­ter zu ha­ben, die mei­ne Ob­jek­te gut be­han­deln. Da­für ver­lan­ge ich auch nie das ma­xi­ma­le des mög­li­chen Miet­prei­ses, denn ein zu­frie­de­ner Mie­ter, der lan­ge im Ob­jekt wohnt, gibt bei­den Par­tei­en lang­fris­ti­ge Si­cher­heit. Und da­für in­ves­tie­re ich im­mer wie­der ger­ne in Mo­der­ni­sie­rungs­maß­nah­men, und nein, ich le­ge das nicht al­les auf die Mie­ter um.

Um beim Bei­spiel Ber­lin zu blei­ben, viel hät­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ge­löst wer­den kön­nen, in­dem ein­fach mehr Bau­land aus­ge­wie­sen wor­den wä­re. Oder die Um­nut­zung ehe­ma­li­ger Ge­wer­be­flä­chen usw. Knapp­heit er­zeugt ho­he Prei­se, so ein­fach ist die Welt. Schaf­fe ich mehr Bau­land und re­du­zie­re den Bau­vor­schrif­ten­dschun­gel, löst sich das Pro­blem fast von ganz al­lein. Je mehr re­gu­liert wird, des­to schlech­ter wird die Situation. 

Wie kann ei­ne Ka­ta­stro­phe wie das Hoch­was­ser im Ahrtal in Zu­kunft bes­ser ge­hand­habt wer­den? Wie kön­nen mehr Le­ben ge­ret­tet wer­den?

Ich ha­be selbst ta­ge­lang im Schlamm ge­stan­den, Kel­ler leer­ge­räumt und ge­hol­fen. Ich ha­be mit ei­ge­nen Au­gen das Leid und die Zer­stö­rung ge­se­hen, Men­schen, die vor dem Nichts stan­den. Vor Ort wa­ren di­rekt nach der Ka­ta­stro­phe nur frei­wil­li­ge Hel­fer, THW etc. ka­men erst Ta­ge spä­ter. Das war wie nach ei­nem Krieg. Wir ha­ben Men­schen­ket­ten ge­bil­det und ein­fach ge­macht, nie­mand kann­te sich, aber al­le hat ei­nes ge­eint: Men­schen in Not muss ge­hol­fen wer­den, Punkt.

So ei­ne Ka­ta­stro­phe mit An­sa­ge war ver­meid­bar. Nach­dem die Ver­ant­wort­li­chen für das Ver­sa­gen ge­feu­ert und per­sön­lich haft­bar ge­macht wer­den soll­ten, ist das Stich­wort Ka­ta­stro­phen­schutz ge­paart mit Re­na­tu­ri­sie­rung der Gewässer.

Ich ha­be kei­ner­lei Ver­ständ­nis da­für, dass in un­se­rem Land Si­re­nen nicht funk­tio­nie­ren und Warn Apps nicht ver­brei­tet sind. Ich ha­be auch kei­ner­lei Ver­ständ­nis da­für, dass seit dem Test der Si­re­nen in 2020 nichts pas­siert ist. Wir ver­schen­ken Mil­lio­nen an Chi­na für „Ent­wick­lungs­hil­fe“, um nur ein Bei­spiel zu nen­nen, die­ses Geld soll­ten wir hier in­ves­tie­ren. Es ist seit Jahr­hun­der­ten be­kannt, dass das Ahrtal ein Flut­ge­biet ist. An zahl­rei­chen Häu­sern kann man die Mar­kie­run­gen ver­gan­ge­ner Hoch­was­ser ab­le­sen. Auf­ga­be der Be­hör­den ist es, die Men­schen für die­se Ge­fah­ren zu sen­si­bi­li­sie­ren und ein funk­tio­nie­ren­des Warn­sys­tem zu installieren.

Wie­so geht die Di­gi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land so schlep­pend vor­an und was könn­ten Sie bzw. Ih­re Par­tei dar­an ver­än­dern?

Di­gi­ta­li­sie­rung ist so ein un­spe­zi­fi­sches Schlag­wort, das an sich erst ein­mal nicht viel aus­sagt. Was ganz klar ist, Deutsch­land hinkt beim Aus­bau der Breit­band­net­ze mas­siv an­de­ren Län­dern hin­ter­her. Das hat meh­re­re Ur­sa­chen, liegt je­doch zu­al­ler­erst an der kom­pli­zier­ten Zu­stän­dig­keits­struk­tur zwi­schen Bund und Län­dern und der Re­gu­lie­rungs­wut in un­se­rem Land. Hier gilt es die Kom­ple­xi­tät des Ver­ant­wor­tungs­ge­wirrs ma­xi­mal zu reduzieren.

Di­gi­ta­li­sie­rung kann na­tür­lich viel wei­ter als nur der Aus­bau von Net­zen in­ter­pre­tiert wer­den, sprich die elek­tro­ni­sche Ver­füg­bar­keit staat­li­cher Dienst­leis­tun­gen, sei es Bür­ger­diens­te, Fi­nanz­amt usw.

Hier ha­be ich ei­ne et­was dif­fe­ren­zier­te­re Sicht­wei­se. Wäh­rend auf der ei­nen Sei­te die Di­gi­ta­li­sie­rung von Bür­ger­diens­ten ei­ne we­sen­ent­li­che Er­leich­te­rung für die Men­schen be­deu­ten kann, führt sie zwangs­läu­fig im­mer stär­ker zu ei­nem glä­ser­nen Bür­ger, da die Da­ten elek­tro­nisch vor­ge­hal­ten und über­mit­telt werden.

Dies öff­net Tür und Tor für Miss­brauch, nicht nur von kri­mi­nel­ler Sei­te. Ist es wirk­lich not­we­nig, dass der Staat al­les über mich weiss und die­se In­for­ma­tio­nen auch noch elek­tro­nisch ver­füg­bar hat? Will ich, dass staat­li­che Stel­len ein kom­plet­tes Pro­fil mei­ner Ak­ti­vi­tä­ten, Trans­ak­tio­nen und Da­ten er­stel­len und dies zu wel­chen Zwe­cken auch im­mer nut­zen kön­nen? Nur weil Ge­set­ze dies ak­tu­ell ver­hin­dern, heißt das nicht dass die Ver­lo­ckung ir­gend­wann zu groß wird die­se In­for­ma­tio­nen auch zu nut­zen, ein Blick nach Chi­na reicht. Da­her, Breit­band ja, der Weg zum elek­tro­ni­schen Über­wa­chungs­staat nein.

Wie soll das ge­hen, wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und Kli­ma­schutz in ei­nem?

Das ist ganz ein­fach. Stop­pen wir die Kli­ma­hys­te­rie und fan­gen an auf die Wis­sen­schaft zu hö­ren, dann re­la­ti­viert sich Vieles.

Wirt­schaft­li­ches Wachs­tum kann sehr gut mit Kli­ma­schutz in Ein­klang ge­bracht wer­den, in­dem kli­ma­freund­li­che An­ge­bo­te at­trak­tiv ge­macht wer­den. Wir le­ben in ei­ner Zeit, in der durch fehl­ge­steu­er­te An­rei­ze und Sub­ven­tio­nen schlech­te An­ge­bo­te schön ge­rech­net wer­den. Stich­wort Elek­tro­au­tos, kein Mensch schaut sich die ver­hee­ren­de Kli­ma­bi­lanz der Bat­te­rie­her­stel­lung her, ganz zu Schwei­gen von den pre­kä­ren Ar­beits­be­din­gun­gen in den Län­dern mit sel­te­nen Er­den. Sub­ven­tio­nen ma­chen schlech­te An­ge­bo­te schmackhaft.

Da­her plä­die­re ich da­für sämt­li­che Sub­ven­tio­nen ein­zu­stel­len. Dann se­hen wir sehr schnell wel­che An­ge­bo­te at­trak­tiv sind. Wenn wir dann noch al­le Fir­men, die bis da­to ih­re Steu­ern nicht in Deutsch­land ent­rich­ten, Stich­wort ama­zon und co., da­zu brin­gen hier auch ih­re Ab­ga­ben zu ent­rich­ten, dann wer­den wir sehr schnell se­hen, wel­che An­ge­bo­te zu wel­chen Preis ge­macht wer­den kön­nen. Und dann ent­schei­den letzt­end­lich die Men­schen, was sie kon­su­mie­ren wol­len. Im Grun­de sind sich doch al­le Men­schen ei­nig, wir ha­ben die­sen ei­nen Pla­ne­ten, den gilt es zu schüt­zen. Ver­pflich­ten wir die Un­ter­neh­men of­fen­zu­le­gen wie res­sour­cen­scho­nend sie pro­du­zie­ren, dann kön­nen die Men­schen ent­schei­den, was sie kon­su­mie­ren möchten.

3 Fragen zu Bonn

Was ist das drän­gends­te Pro­blem in Bonn, das in Ber­lin ge­löst wer­den muss?

Das be­trifft nicht nur Bonn al­lei­ne, denn wir ha­ben hier in Bonn, ge­nau wie in al­len Be­rei­chen die­ser Re­pu­blik ein ekla­tan­tes Ver­sa­gen der Politik.

Das Bei­spiel Beet­ho­ven­hal­le fasst es ganz gut zu­sam­men. Un­fä­hi­ge Po­li­ti­ker, die von der Sa­che kei­ne Ah­nung ha­ben, ent­schei­den mit Geld, das ih­nen nicht ge­hört, über die Din­ge, die die Bür­ger ent­schei­den sollten.

Das Er­geb­nis? Dil­le­tan­ti­sche Pla­nun­gen, Kos­ten­ex­plo­sio­nen usw. Des­we­gen wol­len wir Ba­sis­de­mo­kra­tie, da­mit die Men­schen ent­schei­den kön­nen. Wir brau­chen Fach­ex­per­ten und kei­ne po­li­ti­schen Pos­ten, und wir brau­chen ma­xi­ma­le Trans­pa­renz, da­mit der­ar­ti­ge Fehl­pla­nun­gen im Keim er­stickt werden.

Für was soll­te Bonn be­kannt sein? Als Beethoven-, als Bundes- oder als Nach­hal­tig­keits­stadt? Oder was ganz an­de­res?

Vor Al­lem als Stadt, die lebens- und lie­bens­wert ist, die Kul­tur, Po­li­tik und Mensch­lich­keit ver­eint. Ei­ne welt­of­fe­ne Stadt, die bunt nicht mit nai­ver ideo­lo­gi­scher Igno­ranz ver­wech­selt. Ei­ne Stadt, die Stolz auf ih­re Ge­schich­te, ih­re Söh­ne und Töch­ter sein kann, die ge­nau­so Hei­mat von Welt­kon­zer­nen, wie Kunst sein kann. Kurz­um, ein klei­nes Ab­bild un­se­res groß­ar­ti­gen Lan­des, ei­ne Vi­si­ten­kar­te die uns mit Stolz erfüllt.

Bonn ist ei­ne wach­sen­de Stadt und es gibt ei­ne zu­neh­men­de Wohn­raum­ver­dich­tung. Wie wich­tig sind ih­nen Frei- und Grünflächen/Bäume?

Sehr, sehr wich­tig. Hier gibt es je­doch kei­ne pau­scha­le Lö­sung, denn der Be­darf an Wohn­raum, sie­he Ant­wort auf die obi­ge Fra­ge, steht im­mer in di­rek­ter Kon­kur­renz mit Frei- und Grün­flä­chen. Es gilt al­so ei­nen ver­nünf­ti­gen Kom­pro­miss zu fin­den, der ei­ner Ver­sie­ge­lung wei­te­rer Flä­chen vor­beugt, be­stehen­de Frei- und Grün­flä­chen er­hält und gleich­zei­tig neu­en Wohn­raum schafft. Hier­zu gibt es ei­ne An­zahl mög­li­cher An­sät­ze. Zum Bei­spiel kön­nen Industrie- und Ge­wer­be­bra­chen um­ge­wid­met wer­den. Dies kann ein­her ge­hen mit ei­ner Be­grü­nung die­ser oft­mals ver­sie­gel­ten Flächen.

Im Ver­gleich zu an­de­ren Städ­ten hat Bonn den we­sent­li­chen Vor­teil, dass wir von sehr viel Grün um­ge­ben sind, die Si­tua­ti­on al­so nicht ganz so dra­ma­tisch ist, trotz der geo­gra­fi­schen La­ge. Trotz­dem soll­te es im­mer ein Be­stre­ben blei­ben ge­nü­gend Frei- und Grün­fla­chen zu er­hal­ten, ei­ne Be­ton­wüs­te wie sie aus ei­ni­gen asia­ti­schen Städ­ten be­kannt ist, kann und soll nie­mals das Er­geb­nis ei­ner Wohn­raum­ver­dich­tung sein.

1 Frage zu Ihnen

In ei­nem Satz: War­um soll­ten wir Sie wählen?

Weil ich durch 20 Jah­re Er­fah­rung in den Un­tie­fen der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung und des Ban­kings ganz ge­nau weiss, wo wir an­set­zen kön­nen um die­ses un­ser groß­ar­ti­ges Land wie­der zu dem zu ma­chen, was es sein soll­te, ein Leucht­turm für Frie­den, Frei­heit und Mensch­lich­keit in die­ser Welt.

4. Livia Juliane Genn, Volt

Li­via Ju­lia­ne Genn, Volt

5 Fragen zur Bundespolitik 

Wel­che Lö­sung gibt es für die Ver­kehrs­pro­ble­ma­tik? Vor­fahrt für den In­di­vi­du­al­ver­kehr oder Stär­kung des ÖPNV? Und wie soll das prak­tisch aussehen?

Der ÖPNV und der Bahn­ver­kehr müs­sen vor­ran­gig aus­ge­baut wer­den, da­mit sie at­trak­ti­ver wer­den als der mo­to­ri­sier­te In­di­vi­du­al­ver­kehr. Un­ser Ziel ist ei­ne gut aus­ge­bau­te und für jede*n be­zahl­ba­re öf­fent­li­chen Ver­kehrs­in­fra­stru­kur in Deutsch­land und Eu­ro­pa. Öf­fent­li­cher Per­so­nen­nah­ver­kehr (ÖPNV) und Re­gio­nal­ver­kehr ge­hö­ren zur Mobilitäts-Grundversorgung der Be­völ­ke­rung. Da­her set­zen wir uns auf Bun­des­ebe­ne auch für die Aus­wei­tung und Auf­sto­ckung von För­der­pro­gram­men ein, die Län­der und Kom­mu­nen beim Aus­bau des ÖPNV und des Re­gio­nal­ver­kehrs un­ter­stüt­zen. Zu­dem sol­len ziel­grup­pen­spe­zi­fi­sche An­reiz­sys­te­me ge­för­dert wer­den, z. B. freie Fahrt für Schüler*innen, Aus­zu­bil­den­de und Stu­die­ren­de. Mit­tel­fris­tig stre­ben wir güns­ti­ge Mo­bi­li­täts­flat­rates im ÖPNV (z. B. 365-Euro-Tickets) und im Re­gio­nal­ver­kehr durch Bun­des­fi­nan­zie­rung an. Un­ser Ziel ist es, dass die­se Ti­ckets über­all in Deutsch­land und in der EU gül­tig sind.

Wie sieht Ihr Re­zept für mehr Woh­nungs­bau und güns­ti­ge­re Mie­ten aus?

Wir wol­len die Chan­cen der Di­gi­ta­li­sie­rung und der In­dus­trie 4.0 auch in der Bau­wirt­schaft so­wie der en­er­ge­ti­schen Mo­der­ni­sie­rung nut­zen. Se­ri­el­le Me­tho­den mit di­gi­ta­ler Er­fas­sung der Ge­bäu­de­ma­ße und par­al­le­ler Vor­fer­ti­gung bie­ten gro­ßes Po­ten­zi­al, en­er­ge­ti­sche Mo­der­ni­sie­run­gen schnell, kos­ten­güns­tig und qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig durch­zu­füh­ren. Wir för­dern die Ent­wick­lung und den groß­flä­chi­ge Ein­satz ent­spre­chen­der Ver­fah­ren. Da­zu un­ter­stüt­zen wir die Fi­nan­zie­rung der Tech­no­lo­gie­ent­wick­lung und die an­schlie­ßen­de Markteinführung.

Die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen im Ge­bäu­de­sek­tor sind die zü­gi­ge und um­fas­sen­de en­er­ge­ti­sche Mo­der­ni­sie­rung des Alt­be­stands so­wie die Kli­ma­neu­tra­li­tät beim Neu- und Um­bau. Im Bau­en und Woh­nen liegt ein enor­mes Po­ten­zi­al zum En­er­gie­spa­ren. Die­ses wol­len wir durch ziel­ge­rich­te­te und ef­fi­zi­en­te Maß­nah­men he­ben und da­mit we­sent­lich zur Sen­kung der CO2-Emissionen bei­tra­gen. Un­ser Ziel ist ein kli­ma­neu­tra­ler Wohn- und Ge­bäu­de­sek­tor bis 2035. Da­her stre­ben wir ei­ne Er­hö­hung der jähr­li­chen Mo­der­ni­sie­rungs­ra­te von der­zeit cir­ca 1% auf min­des­tens 4% an. Wir ge­stal­ten ei­ne zeit­ge­mä­ße Po­li­tik, in der die Mieten- und Kli­ma­kri­se ge­mein­sam be­trach­tet wer­den, oh­ne dass Mie­ten­de zu­sätz­lich be­las­tet wer­den. Ver­mie­ten­de sol­len zu­sätz­li­che An­rei­ze er­hal­ten, ef­fek­tiv und wirt­schaft­lich Mo­der­ni­sie­run­gen durch­zu­füh­ren. Wir wol­len die fi­nan­zi­el­len, tech­ni­schen und re­gu­la­to­ri­schen Be­din­gun­gen schaf­fen, da­mit die Energie- und Wär­me­wen­de im Ge­bäu­de­sek­tor ge­lin­gen kann und Wohn­raum gleich­zei­tig be­zahl­bar bleibt.

Wie kann ei­ne Ka­ta­stro­phe wie das Hoch­was­ser im Ahrtal in Zu­kunft bes­ser ge­hand­habt wer­den? Wie kön­nen mehr Le­ben ge­ret­tet werden?

Es fehlt ein ein­heit­li­ches eu­ro­päi­sches Kri­sen­ma­nage­ment mit aus­ge­bil­de­ten Ver­ant­wort­li­chen in den Kom­mu­nal­ver­wal­tun­gen, die in der La­ge sind, die Warn­mel­dun­gen zu ver­ste­hen und ent­spre­chend zum Schutz der Be­völ­ke­rung um­zu­set­zen. Wir möch­ten er­rei­chen, dass ein eu­ro­pa­wei­tes Katastrophen-Warnsystem für al­le denk­ba­ren Ge­fah­ren­la­gen ein­ge­rich­tet wird, da­mit die­se un­ver­züg­lich grenz­über­schrei­tend be­ar­bei­tet, kom­mu­ni­ziert und ge­löst wer­den können.

Wie­so geht die Di­gi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land so schlep­pend vor­an und was könn­ten Sie bzw. Ih­re Par­tei dar­an verändern?

Die Di­gi­ta­li­sie­rung hat die Welt be­reits stark ver­än­dert und wird in den nächs­ten Jah­ren noch schnel­ler vor­an­schrei­ten. Deutsch­land aber hängt schon heu­te hin­ter­her, ob­wohl wir hier ex­zel­lent aus­ge­bil­de­te Ex­per­ten ha­ben. Wir schau­en nei­disch nach Est­land oder in das Si­li­con Val­ley nach Ka­li­for­ni­en. Das Auf­ho­len der Ver­säum­nis­se in der Di­gi­ta­li­sie­rung se­hen wir nicht als Be­las­tung zu­künf­ti­ger Ge­ne­ra­tio­nen: Im Ge­gen­teil, sie sind die not­wen­di­gen In­ves­ti­tio­nen für ei­ne le­bens­wer­te, ge­mein­sa­me Zu­kunft. Da­bei ist klar: Di­gi­ta­li­sie­rung ist ein Quer­schnitts­the­ma. Wie be­reits er­wähnt wol­len wir die Chan­cen der Di­gi­ta­li­sie­rung zur För­de­rung nach­hal­ti­gen Bau­ens nut­zen. Mit der Di­gi­ta­li­sie­rung der Land­wirt­schaft wol­len wir au­ßer­dem die Brü­cke zwi­schen öko­lo­gi­schen und öko­no­mi­schen In­ter­es­sen bau­en. Wir wol­len die eu­ro­päi­sche Cloud-Plattform GAIA- X zur Zu­sam­men­füh­rung von öf­fent­li­chen Umwelt-Beobachtungsdaten mit den be­triebs­spe­zi­fi­schen Da­ten der Landwirt*innen aus­bau­en. Und auch in der Ver­wal­tung müs­sen wir drin­gend di­gi­ta­le Struk­tu­ren för­dern (“Mit der App aufs Amt”). Un­ser Ziel ist ein Staat, des­sen In­sti­tu­tio­nen sich als Dienst­leis­ter der Bürger*innen ver­ste­hen, der Zu­stän­dig­kei­ten op­ti­mal ver­teilt und größt­mög­li­che Trans­pa­renz an­strebt. Da­für wol­len wir die Mög­lich­kei­ten der Di­gi­ta­li­sie­rung bes­ser nut­zen und be­stehen­de Pro­zes­se hin­ter­fra­gen und op­ti­mie­ren. Wir plä­die­ren für die Ein­rich­tung ei­nes Bun­des­mi­nis­te­ri­ums aus­schließ­lich für Di­gi­ta­les. Mit dem Di­gi­tal­mi­nis­te­ri­um soll ei­ne zen­tra­le Stel­le in der Bun­des­re­gie­rung ent­ste­hen, wel­che die ak­tu­ell weit ver­teil­ten Di­gi­tal­kom­pe­ten­zen des Bun­des an ei­ner Stel­le ver­eint. Da­bei wol­len wir uns an Län­dern wie Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und Ös­ter­reich ori­en­tie­ren und aus ih­ren Er­fah­run­gen bei der Ein­füh­rung ei­ner sol­chen In­sti­tu­ti­on ler­nen. Ei­ni­ge der Auf­ga­ben für das neue Di­gi­tal­mi­nis­te­ri­um sol­len sein:

> Die Zu­stän­dig­keit für den Netz­aus­bau und die Be­reit­stel­lung von Platt­for­men zur Bürger*innenbeteiligung.

> Di­gi­ta­le The­men in der Bun­des­re­gie­rung auf die Ta­ges­ord­nung be­för­dern und so die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on voranbringen.

> Be­darfs­ori­en­tier­te Ein­grif­fe in die Di­gi­ta­li­sie­rungs­vor­ha­ben an­de­rer Mi­nis­te­ri­en vor­neh­men, um die Ein­hal­tung von Kompatibilitäts- und Si­cher­heits­stan­dards zu gewährleisten.

Wie soll das ge­hen, wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und Kli­ma­schutz in einem?

Wir sind über­zeugt, dass die Trans­for­ma­ti­on un­se­rer Welt auf ei­ner so­li­den Wirtschafts- und Fi­nanz­po­li­tik fußt. Die In­ves­ti­tio­nen in die En­er­gie­wen­de, in die Mo­der­ni­sie­rung der Ge­bäu­de, in neue Mo­bi­li­täts­sys­te­me und kli­ma­neu­tra­le In­dus­trie­an­la­gen be­dür­fen ge­wal­ti­ger fi­nan­zi­el­ler Mit­tel. Es wä­re fa­tal, Kli­ma­schutz von Wirt­schafts­po­li­tik, Unternehmer*innentum und so­zia­ler Ge­rech­tig­keit zu tren­nen. Wir wol­len ver­ei­nen statt zu spal­ten – das gilt nicht nur für Eu­ro­pa. Wir sind über­zeugt, dass ei­ne so­li­de Wirtschafts- und Fi­nanz­po­li­tik die Rah­men­be­din­gun­gen schaf­fen kann, um die be­nö­tig­ten Fi­nanz­mit­tel für die In­ves­ti­tio­nen zu er­wirt­schaf­ten und sie so­zi­al­ver­träg­lich und so­li­da­risch be­reit­zu­stel­len. Für vie­le un­se­rer Her­aus­for­de­run­gen ste­hen die tech­no­lo­gi­schen Lö­sun­gen schon heu­te be­reit, aber noch nicht für al­le. Da­her wol­len wir je­ne Unternehmer*innen und Un­ter­neh­men un­ter­stüt­zen, die ei­ne öko­lo­gisch, so­zi­al und öko­no­misch nach­hal­ti­ge Markt­wirt­schaft zum Maß­stab ih­rer un­ter­neh­me­ri­schen und tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lung ma­chen. Zu­sätz­lich zu den Rah­men­be­din­gun­gen sol­len Fi­nanz­flüs­se so ge­steu­ert wer­den, dass jun­ge, in­no­va­ti­ve und nach­hal­ti­ge Un­ter­neh­men vor al­lem in ih­ren Früh­pha­sen ge­för­dert wer­den. Bü­ro­kra­ti­sche staat­li­che Sub­ven­ti­ons­pro­gram­me für Start­ups rei­chen hier nicht aus. Ins­be­son­de­re in den frü­hen Gründungs- und Ent­wick­lungs­pha­sen wird für ei­ne nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung Ri­si­ko­ka­pi­tal be­nö­tigt. Durch gu­te Be­din­gun­gen für pri­vat­wirt­schaft­li­che Investor*innen und die ziel­ge­rich­te­te Nut­zung öf­fent­li­cher Gel­der sor­gen wir für ei­ne ent­spre­chen­de För­de­rung, oh­ne neue bü­ro­kra­ti­sche und kos­ten­in­ten­si­ve Struk­tu­ren auf­zu­bau­en. Un­se­re Wirt­schafts­po­li­tik zieht sich wie ein ro­ter Fa­den un­ter­neh­me­risch, öko­lo­gisch und so­zi­al durch un­se­re Kon­zep­te zur Kli­ma­neu­tra­li­tät und zum di­gi­ta­len Wandel.

3 Fragen zu Bonn

Was ist das drän­gends­te Pro­blem in Bonn, das in Ber­lin ge­löst wer­den muss?

Die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ist ein fö­de­ra­ler, de­zen­tra­ler Staat. Mit dem Haupt­stadt­be­schluss wur­de dies be­kräf­tigt. De­zen­tra­le Struk­tu­ren sind er­wie­se­ner­ma­ßen fle­xi­bler, re­si­li­en­ter und da­mit zu­kunfts­fä­hi­ger. Wie es sich in der Co­ro­na Kri­se zeig­te, muss man auch in der ver­wal­tungs­tech­ni­schen Or­ga­ni­sa­ti­on nicht mehr am glei­chen Ort le­ben und ar­bei­ten. Ein kost­spie­li­ges Bonn-Berlin Pen­deln er­üb­rigt sich und da­mit auch die Ar­gu­men­te für ein end­gül­ti­ges Um­zie­hen der ver­blie­be­nen Bun­des­mi­nis­te­ri­en und nach­ge­ord­ne­ten Be­hör­den nach Ber­lin. Für ei­ne zu­kunfts­wei­sen­de po­si­ti­ve Bon­ner Stadt­ent­wick­lung ist es da­her un­er­läss­lich, dass die­se Dis­kus­sio­nen um die so­ge­nann­te Haupt­stadt­fra­ge end­lich be­en­det werden.

Die Lö­sung der öko­lo­gi­schen Fra­ge kann man we­der den ein­zel­nen Men­schen noch den ein­zel­nen Kom­mu­nen über­las­sen. Not­wen­dig sind bun­des­wei­te För­der­maß­nah­men und Re­geln ge­gen Bo­den­ver­sie­ge­lung und für nach­hal­ti­ges Pla­nen öf­fent­li­cher Ge­bäu­de be­son­ders im Bildungsbereich.

Für was soll­te Bonn be­kannt sein? Als Beethoven-, als Bundes- oder als Nach­hal­tig­keits­stadt? Oder was ganz anderes?

Haupt­stadt Europas.

Bonn ist be­reits ei­ne welt­be­kann­te Stadt auf­grund ih­rer über 2000 Jah­re al­ten Ge­schich­te. Man muss sie nur ken­nen! Volt un­ter­stützt bei­spiels­wei­se die Neu­kon­zep­ti­on des bis­her sehr ver­nach­läs­sig­ten Stadt­mu­se­ums un­ter dem neu­en Di­rek­tor Dr. Phil­ipp Hoffmann.

Die Bon­ner Stadt­ge­schich­te er­le­be ich als dia­lo­gi­sche, Men­schen zen­trier­te mul­ti­per­spek­ti­vi­sche Sicht­wei­se, die die ge­sam­te Stadt­ge­sell­schaft ein­be­zieht und aus der Ge­gen­wart her­aus die Zu­kunft ent­wi­ckelt. Welt­weit ver­netz­te Wis­sen­schaft und For­schung, frei­es Kunst- und Kul­tur­schaf­fen leis­ten da­zu ih­ren Beitrag.

Bonn ist nicht nur die Ge­burts­stadt Beet­ho­vens und seit 2021 Welt­kul­tur­er­be. Be­reits seit den 1970er Jah­ren wird in Bonn auch an der Künst­li­chen In­tel­li­genz, der Schlüs­sel­tech­no­lo­gie des 21. Jahr­hun­derts ge­forscht. Ge­sell­schaft­li­che und ur­ba­ne Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se, wie bei­spiels­wei­se die Um­wand­lung von Kir­chen zu Kul­tur­räu­men, In­ter­ak­tio­nen in­ner­halb der plu­ra­len Stadt­ge­sell­schaft oder die Stadt als Da­ten­feld wer­den ei­ne Rol­le spielen.

Die Su­che nach dem so­ge­nann­ten ‚Leit­bild‘ ei­ner Stadt ist nach dem plu­ra­lis­ti­schen, prag­ma­ti­schen und wer­te­ori­en­tier­ten Denk­an­satz von Volt ei­ne Sack­gas­se, die den europäisch-aufgeklärten Blick in die Zu­kunft verstellt.

In ei­ner Stadt ist viel­fäl­ti­ge Kul­tur see­len­re­le­vant. Sie darf nicht ge­gen die städ­ti­sche In­fra­struk­tur aus­ge­spielt wer­den. Das Lebens- und Lie­bens­wer­te ei­ner Stadt hat nichts mit Mar­ke­ting zu tun, son­dern mit ih­ren Men­schen, ih­rem tat­säch­li­chen Le­ben auf den Plät­zen, in den Stra­ßen und ih­rer fried­fer­ti­gen Of­fen­heit der Zu­kunft ge­gen­über. Die Be­deu­tung ei­ner Stadt für die Men­schen ent­steht durch in­di­vi­du­el­le Vor­stel­lungs­kraft, In­spi­ra­ti­on und die Chan­cen, die­se umzusetzen.

Bonn ist ei­ne wach­sen­de Stadt und es gibt ei­ne zu­neh­men­de Wohn­raum­ver­dich­tung. Wie wich­tig sind ih­nen Frei- und Grünflächen/Bäume?

Die all­ge­mei­ne Leis­tungs­fä­hig­keit, Ge­sund­heit und Re­si­li­enz der Stadt­be­völ­ke­rung al­ler Al­ters­stu­fen wer­den durch Grün­flä­chen ge­stei­gert. In­zwi­schen ist das ei­ne Bin­sen­weis­heit und nicht ver­han­del­bar! Es gibt in ganz Eu­ro­pa in­tel­li­gen­te best-practice Mo­del­le, die das Schaf­fen von hoch­wer­ti­gem, preis­güns­ti­gem Wohn­raum für Fa­mi­li­en mit Grün­flä­chen ver­bin­den. Es hat für mich Prio­ri­tät Grün­flä­chen zu schüt­zen und für die Schaf­fung wei­te­rer zu kämpfen!

1 Frage zu Ihnen

In ei­nem Satz: War­um soll­ten wir Sie wählen?

Als Bon­ne­rin ken­ne ich die­se Re­gi­on, als Geo­gra­fin ha­be ich mich auch mit Stadt­ent­wick­lung be­schäf­tigt und kann mich mit neu­en Im­pul­sen in Ber­lin für die eu­ro­päi­sche Zu­kunft un­se­rer Stadt einsetzen.

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