En­sem­ble in ‚Der Ro­sen­ka­va­lier‘ an der Oper Bonn | Fo­to (c) Thi­lo Beu

Def­tig und tur­bu­lent geht es in der Ge­sell­schafts­ko­mö­die Der Ro­sen­ka­va­lier zu. Ero­ti­sche Es­ka­pa­den und An­spie­lun­gen auf den Dün­kel und die Ei­tel­keit der Ad­li­gen tre­ten ne­ben me­lan­cho­li­sche Ge­dan­ken über die Ver­gäng­lich­keit. Das Gan­ze wird in Wien der Zeit Ma­ria The­re­si­as ver­or­tet. Die im ers­ten Akt im Zen­trum des Ge­sche­hens ste­hen­de Mar­schal­lin heißt so nicht von un­ge­fähr Ma­rie The­res. Ri­chard Strauß Drei­ak­ter be­ruht auf ei­nem aus­ge­feil­ten Li­bret­to Hu­go von Hof­mannst­hals. Die Oper wird nun am Bon­ner Opern­haus von Jo­sef Ernst Köp­plin­ger mit star­ken Dar­stel­ler­leis­tun­gen und Bil­dern pa­ckend inszeniert. 

Der 17jährige Oc­ta­vi­an, Graf von Ro­fra­no, wirbt mit ei­ner Sil­ber­ro­se um die 15jährige So­phie von Fan­in­al. Zag­haft und un­be­hol­fen nä­hern sich die bei­den ein­an­der an. Oc­ta­vi­an wirbt je­doch um So­phie nicht für sich selbst. Er ist Braut­wer­ber für den sehr viel äl­te­ren Ochs auf Ler­chen­au. Er­schro­cken weist So­phie letz­te­ren ab, ei­nen über­grif­fi­gen und un­se­riö­sen Hal­lo­dri, Schürzen- und Mit­gift­jä­ger. Ihr Va­ter be­steht je­doch auf die Hoch­zeit. Erst mit Hil­fe der Mar­schal­lin, de­ren Vet­ter Ochs auf Ler­chen­au ist, ge­lingt es So­phie und dem ihr zu­ge­ta­nen Oc­ta­vi­an, die lang­ge­heg­ten Ver­mäh­lungs­plä­ne abzuwenden. 

Jo­han­nes Leiacker schuf ein re­du­zier­tes, nicht­de­sto­trotz ef­fekt­vol­les Büh­nen­bild. Be­weg­li­che, raum­ho­he und zu bei­den Sei­ten spitz zu­lau­fen­de Säu­len bil­den Wand­rei­hen. Sie sind mit trüb­mat­ten Spie­gel­ele­men­ten so­wie über­di­men­sio­nier­ten und ba­rock an­mu­ten­den Still­le­ben ver­se­hen. Der Spie­gel sym­bo­li­siert hier die Ver­gäng­lich­keit, auch die Still­le­ben zei­gen Sym­bo­le für Ver­derb­lich­keit von Schön­heit und Sterb­lich­keit, wie zu gu­ter Letzt ei­nen To­ten­kopf. Ne­ben den be­weg­li­chen Wand­ele­men­ten gibt es nur we­ni­ge Re­qui­si­ten. Im ers­ten Akt fun­giert ein Bett als zen­tra­les Büh­nen­ele­ment. Spä­ter er­wei­tern ein Bü­cher­re­gal, ei­ne Ses­sel­grup­pe und Wirts­haus­ti­sche das räum­li­che Arsenal. 

Franz Haw­la­ta per­fek­tio­niert die Rol­le des un­er­träg­li­chen Schwe­re­nö­ters Ba­ron Ochs als ver­gnüg­li­che Cha­rak­ter­stu­die. Aus­staf­fiert mit ei­nem Tou­pet ver­sucht er auf ge­ra­de­zu köst­li­che Wei­se im so­no­ren Wie­ner Ton­fall sei­ne Rech­te an So­phie gel­tend zu ma­chen. Die schwe­di­sche Mez­zo­so­pra­nis­tin Em­ma Sven­te­li­us mimt bie­der mit blon­dem Her­ren­schnitt aus­staf­fiert und mit burschikos-schneidigem Auf­tre­ten die Ho­sen­rol­le des Oc­ta­vi­an. Ins­be­son­de­re im Du­ett mit Loui­se Ke­mé­ny (in der Rol­le der So­phie) sorgt sie im zwei­ten Akt mit zart auf­lo­dern­dem So­pran für Gänsehaut-Momente. Ge­or­ge Onia­ni glänzt mit kraft­vol­lem Te­nor in der Par­tie ei­nes ita­lie­ni­schen Arien-Sängers und Gi­or­gos Ka­na­ris mimt den Kauf­mann Fan­in­al mit klang­schö­nem Ba­ri­ton. Schluss­end­lich über­zeu­gen auch Mar­ti­na Wel­schen­bach als Feld­mar­schal­lin und Yannick-Muriel No­ah als Jung­fer Leit­metz­ne­rin durch Prä­senz und leuch­ten­den So­pran im star­ken Ensemble. 

Das Beet­ho­ven Or­ches­ter Bonn spielt un­ter der Lei­tung von Ge­ne­ral­mu­sik­di­rek­tor Dirk Kaf­tan far­ben­reich, zü­gig und kraft­voll. Die tem­po­rei­che Ko­pro­duk­ti­on mit der Wie­ner Volks­oper punk­tet nicht nur mu­si­ka­lisch, son­dern auch durch ei­ne lie­be­vol­le Ty­pi­sie­rung und Über­zeich­nung der Fi­gu­ren. Man­ches er­scheint dann aber doch et­was alt­ba­cken, an­ge­staubt und ver­kitscht, et­wa wenn Oc­ta­vi­an und Loui­se sich ge­gen En­de end­lich küs­sen dür­fen und prompt Kunst­schnee vom Büh­nen­him­mel fällt.

En­sem­ble in ‚Der Ro­sen­ka­va­lier‘ an der Oper Bonn – Fo­to © Thi­lo Beu

Weitere Informationen

DER RO­SEN­KA­VA­LIER (Oper Bonn, 12.10.2019)

  • Mu­si­ka­li­sche Lei­tung: Dirk Kaftan
  • In­sze­nie­rung: Jo­sef Ernst Köpplinger
  • Büh­ne: Jo­han­nes Leiacker
  • Kos­tü­me: Dag­mar Morell
  • Licht: Bo­ris Kahnert
  • Dra­ma­tur­gie: Chris­toph Wagner-Trenkwitz
  • Chor­ein­stu­die­rung: Mar­co Medved
  • Ein­stu­die­rung Kinder- und Ju­gend­chor: Eka­te­ri­na Klewitz
  • Besetzung:
    • Die Feld­mar­schal­lin Fürs­tin Wer­den­berg … Mar­ti­na Welschenbach
    • Der Ba­ron Ochs auf Ler­chen­au … Franz Hawlata 
    • Oc­ta­vi­an … Em­ma Sventelius
    • Herr von Fan­in­al … Gi­or­gos Kanaris
    • So­phie, sei­ne Toch­ter … Loui­se Kemény
    • Jung­fer Ma­ri­an­ne Leit­met­ze­rin … Yannick-Muriel Noah
    • Valz­ac­chi … Jo­han­nes Mertes
    • An­ni­na … An­ja­ra I. Bartz 
    • Ein Po­li­zei­kom­mis­sar … Mar­tin Tzonev
    • Der Haus­hof­meis­ter bei der Feld­mar­schal­lin … Ta­ras Ivaniv
    • Der Haus­hof­meis­ter bei Fan­in­al … Jón Rú­nar Arason
    • Ei­ne Mo­dis­tin … Kat­rin Stösel
    • Ein No­tar … Eg­bert Herold
    • Ein Wirt … Jongho­on You
    • Ein Sän­ger … Ge­or­ge Oniani 
    • Drei ade­li­ge Wai­sen … Yoon­soo Kil, Jo­el­le Fleu­ry, Ra­mu­né Slizauskiene
    • Ein Tier­händ­ler … Taka­hi­ro Namiki
    • Vier La­kai­en der Mar­schal­lin … Jae Ho­on Jung, Gin­ta­ras Ta­mu­tis, Mil­jan Mi­lo­vic, Je­ong­mye­ong Lee
    • Vier Kell­ner … Dong-Wook Lee, Sven Bak­in, Al­gis Lunskis, Chris­ti­an Specht
    • Haus­knecht … Edu­ard Katz
    • Chor des Thea­ter Bonn
    • Kinder- u. Ju­gend­chor des Thea­ter Bonn
    • Sta­tis­te­rie des Thea­ter Bonn
    • Beet­ho­ven Or­ches­ter Bonn
  • Pre­mie­re an der Oper Bonn war am 6. Ok­to­ber 2019.
  • Ei­ne Ko­pro­duk­ti­on mit der Volks­oper Wien.
  • Nächs­te Ter­mi­ne: 27.10. / 1., 14.11. / 6., 15., 26.12.2019
  • Wei­te­re In­fos sie­he auch: https://www.theater-bonn.de/en/programm/der-rosenkavalier/153297
Ab­schluss­ap­plaus für ‚Der Ro­sen­ka­va­lier‘ an der Oper Bonn – Fo­to (c) Ans­gar Skoda

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