Ich gestehe, mein letzter Rückblick ist schon wieder einige Monate her. Drohte ich dem Bonner Theater doch etwas abtrünnig zu werden, habe ich doch immer (noch) nicht alle neuen Produktionen gesehen. Dafür schrieb ich in den letzten Monaten auch über Premieren oder das Repertoire an Theaterhäusern in Köln, Aachen, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin. Natürlich wurde ich jedoch auch wieder in der Bundesstadt fündig und präsentiere euch hiermit eine kleine persönliche Rückschau mit aktuellen Terminhinweisen:
Giacomo Puccinis La Bohème an der Oper Bonn. Nächste Vorführungen am 25. Novemer, sowie 4., 8. und 26. Dezember.
Gleich vorneweg: Die südkoreanische Sopranistin Sumi Hwang interpretiert die todkranke Mimi in Giacomo Puccinis Oper La Bohème an der Bonner Oper famos und mit großer Klasse. Alleine ihre Präsenz verleiht der eher durchwachsenen Inszenierung von Jens-Daniel Herzog starke Momente mit Gänsehaut-Feeling. Zur Besprechung
Evita von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice im Bonner Opernhaus. Nächste Vorführungen am 26. November, sowie 16., 23. und 31. Dezember.
Ein fulminanter Parforceritt an wechselnden szenischen Bühnenbildern und gut aufeinander abgestimmten Tanz- und Gesangseinlagen. Dynamisch eindrucksvoll setzt Gil Mehmert das Musical Evita mit der Musik von Andrew Lloyd Webber und Gesangstexten von Tim Rice in Szene. Das große Ensemble glänzt mit punktgenauen, souveränen gesanglichen und choreographischen Einsätzen. Zur Besprechung
Anja Hillings Massiver Kuss in der Bonner Werkstatt. Nächste Vorführungen am 30. Novemer, sowie 9., 23. und 30. Dezember.
Es ist ein hartes Material, aus dem die französischen Bildhauer Camille Claudel (1864-1943) und Auguste Rodin (1840-1917) ihre Figuren modellierten. Als Wegbereiter der Moderne schufen beide Künstler bedeutende Skulpturen aus Ton, Marmor, Gips, Terrakotta, Bronze oder Onyx. Mit Massiver Kuss klopft Autorin Anja Hilling nun in ihrer Uraufführung am Bonner Theater die Sprache ab, mit der sie die Beziehung der beiden Künstler in eindrückliche Wortspiele, komplexe Dialoge und Monologe auf einer Metaebene kleidet. Zur Besprechung
Gaetano Donizettis Lucia di Lammermoor an der Oper Bonn. Nächste Vorführungen am 2., 10. und 28. Dezember.
Es ist eine schaurige Geschichte über Hochmut, Intrigen, Fehden, arrangierte Ehen und gesellschaftlich nicht anerkannte Liebe, die Walter Scotts The Bride of Lammermoor (1819) erzählt. Opernkomponist Gaetano Donizetti und Librettist Salvatore Cammarone italienisierten den historischen Roman aus den Hochmooren Schottlands für ihre Lucia di Lammermoor (1835). Sie schufen eine der heute prominentesten Belcanto-Opern mit formschönen Melodiebögen und Ziergesang. Im Bonner Opernhaus zeigt der Amerikaner David Alden die Oper nun in seiner erstmals 2008 für die Londoner English National Opera inszenierten Fassung mit packenden Bildern, die die Geschichte gleich zu Beginn in ein düsteres Licht tauchen. Zur Besprechung
Fritz Katers Love you, Dragonfly in den Kammerspielen Bad Godesberg. Nächste Vorführung am 15. Dezember.
Drachen gibt es nicht. Auch nicht im Theater. Aber es gibt hochfliegende Gedanken. Verwinkelt und verwoben lauern darunter Textflächen, die man liebevoll ausbreiten kann. Und ausspeien kann man sie auch, sodass die Spucke fliegt. Wie in einem flirrenden Fiebertraum eröffnen sich in Fritz Katers Love you, Dragonfly [6 Versuche zur Sprache des Glaubens] rauschhaft unglaubliche Geschichten, ein Sammelsurium grenzenloser Phantasie. Fünf tapfere Darsteller versetzen sich in diese Textwut hinein und schreien und brüllen in einem wilden Durcheinander theoretischer Bezüge. Zur Besprechung
Giacomo Puccinis Madame Butterfly im Bonner Opernhaus. Keine weiteren Termine in der aktuellen Spielzeit.
Hoffnungsvolle Arien von zerbrechlicher Schönheit verkürzen in kostbaren Momenten das sich über Jahre hinweg dehnende, sehnsüchtig-geduldige Warten. Cio-Cio San, genannt Butterfly, ihr dreijähriger Sohn und ihre Zofe Suzuki warten auf den Ehemann und Kindsvater – den US-Navy-Offizier Pinkerton. Er erwarb die junge Geisha samt Haus, zeugte mit ihr unwissentlich ein Kind und ließ sie dann alleine zurück. Sie liebt ihn weiterhin bedingungslos. Zur Besprechung
Weiterhin mit dabei:
Das Schloss von Franz Kafka in den Bad Godesberger Kammerspielen; nächste Vorführungen am 25. November und 1. und 10 Dezember.
Undurchschaubare Loyalitäten, Hierarchien, Berichte und Gebräuche erzeugen eine verwirrende, hoffnungslose Stimmung. Mirja Biels Kafka-Inszenierung lebt von überraschenden Verfremdungseffekten. Wenn man die Inszenierung aufmerksam verfolgt, dürfte man stets neue, feine und komische Ungereimtheiten entdecken. Zur Besprechung
Wolfgang Amadeus Mozarts Die Zauberflöte im Bonner Opernhaus. Nächste Vorführungen am 27. November, sowie 3., 17., 20. und 25. Dezember.
Die märchenhaften Rätsel, die W.A. Mozarts letzte und zugleich populärste Oper aufgibt, werden nun in Jürgen Roses seit 1996 erfolgreicher Bonner Aufführung wieder effektvoll in Szene gesetzt. Zur Besprechung
Aldous Huxleys Schöne neue Welt in den Bad Godesberger Kammerspielen. Nächste Vorführung am 3. Dezember.
Eine ständige Einbeziehung des Publikums wirkt überzogen und behindert eine Konzentration auf die Geschichte. Zur Besprechung.
Tanzgastspiele – als nächstes Schwanensee vom Bolschoi Staatsballett Belarus am 12., 13. und 14. Dezember im Bonner Opernhaus.
Ich besprach zuletzt Les Ballets Jazz de Montréal mit Harry, Kosmos und O Balcão de Amor, Oskar Schemmers Das Triadische Ballett mit der Junior Company des Bayerischen Staatsballetts und Marco Goeckes Nijinski mit Gauthier Dance vom Theaterhaus Stuttgart – Allesamt höchst sehenswerte Tanzgastspiele.
[Alle Fotos von Ansgar Skoda]
[…] einen richtigen Beitrag auf unser Bonnblog zu posten. Was liegt da näher, als an den letzten Theater Bonn-Rückblick anzuknüpfen. In den vergangenen Monaten besuchte ich wieder zahlreiche Premieren, […]